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Antimon: Recycling gegen Versorgungskrisen

Antimon ist weltweit an über 300 Fundorten nachgewiesen, zählt aber zu den 14 von der EU als kritisch eingestuften Rohstoffen. Deutschland ist derzeit bei der Versorgung mit Antimon nahezu komplett auf außereuropäische Importe angewiesen; 85 Prozent der Fördermengen stammen aus China, sodass die Versorgung als hochkritisch bewertet wird. Recycling bietet sich als einzige Option an.

Der große Teil des hergestellten Antimons wird aufgrund seiner Eigenschaften in Blei- und Zinnlegierungen verarbeitet; bisher findet Recycling hier lediglich im Rahmen der Bleirückgewinnung statt. Rund 75 Prozent des nach Deutschland importierten Antimons findet als sogenannter Synergist in Halogen-basierten Flammhemmern in Kunststoffen Verwendung. Für dessen Recycling bestehen bislang keine einschlägigen Verwertungsverfahren: Die deutschen Import- und Exportmengen speziell zum Recycling im Kunststoffsektor belaufen sich – vernachlässigt man die Resultate aus dem Bleirecycling – auf unter eine Tonne pro Jahr. Da wenige bis keine Substitutionsverfahren für dieses Element bestehen, ist eine Unterversorgung der Wirtschaft mit Antimon nicht ausgeschlossen. Im Rahmen des AVAntiE-Projektes haben daher die Projektpartner MPM Environment Intelligence KG und der Lehrstuhl für Rohstoffaufbereitung und Recycling der Technischen Universität Clausthal mit der Entwicklung eines Prozesses begonnen, der marktfähige Antimonkonzentrate aus Rückständen der Elektronikschrottverwertung, insbesondere aus der Leiterplattenaufbereitung, rückgewinnen will.

In Epoxidharz eingegossen
In den Leiterplatten von Elektro(nik)-geräten ist Antimon zusammen mit Kupferbahnen in den Glasfasermatten aus Epoxidharz eingebunden. Als maßgebliche Wertträger fungieren jedoch neben Kupfer Gold, Silber und Palladium: Ihnen gelten in der Hauptsache die Bemühungen zur Rückgewinnung, während die Antimon-Anteile überwiegend zu den Aufbereitungsrückständen zählen. Der trocken-mechanische Aufschluss von Metallen und Epoxidharz-Verbunden ergibt zunächst erste Kupfer- und Edelmetall-haltige Konzentrate inklusive nicht erfasster Restmetalle und ungenügend aufgeschlossener Verbundpartikel aus Metallen und Nichtmetallen. Diese Partikel lassen sich mithilfe einer nass-mechanischen Dichtetrennung fraktionieren.

Nur zur weiteren Verwertung
Die entstandene Schwerfraktion besteht aus frei zugänglichen oder leicht verunreinigten Edelmetallen und Kupfer, die  vermarktet werden können. Die Leichtfraktion enthält Materialien mit geringspezifischen Dichten oder ungünstigen Partikelformen. Diese Fraktion, in der Epoxidharz-, Glasfaser- und Wertmetallverbunde sowie frei vorliegende Restmetalle vermischt sind, wurde bislang entwässert und ohne weitere Metallgewinnung einer weiteren Verwertung zugeführt. Allerdings enthält diese Mischung nahezu das vollständige Epoxidharz der Leiterplatten und damit das darin enthaltene und aufkonzentrierte Antimon.

Je nach Eingangsmaterial
Die mögliche Rückgewinnung dieses Elements hängt vom jeweiligen Vorkommen Antimon-reicher oder -armer Eingangsmaterialien ab. Für unterschiedliche Post-Consumer-Abfälle wäre eine sensorgestützte Sortierung zur Identifizierung von Leiterplattentypen denkbar, doch macht hierbei die starke Verdünnung von Antimon den weiteren Prozess unwirtschaftlich. Anders im Fall von Post-Production-Abfällen, wo eine sensorische Erkennung von Antimon-ergiebigen Schrotten durch auffällige undurchsichtige Färbungen der Oberfläche, besondere Stanzformen, geringere Ebenenzahl der Leiterplatten, spezifische Stabilität oder geringere Kupferanteile leichter fällt.

Dadurch wird prinzipiell eine Getrennt­erfassung der Eingangsmaterialien möglich, die jedoch weitere Faktoren beeinträchtigen: Die unterschiedlich auftretenden Kornformen erschweren die Aufbereitung. Die vorrangige Verwertung der restlichen Metallgehalte – insbesondere an Kupfer und Edelmetallen – beschränkt die Gewinnung von Antimon. Und bei der feinen Verteilung des Antimontrioxids in den Epoxidverbunden – die Korngrößen liegen bei kleiner 100 μm – muss das Material noch deutlich tiefer als bislang aufgeschlossen werden.

Mit Kugelmühle und Falcon Concentrator
Versuche ergaben den Einsatz einer Kugelmühle als effizienteste Lösung, die das Ausgangsmaterial von 850 auf 62 μm zerkleinerte. Dem schloss sich eine nass-mechanische Sortierung an, durch die sich restliche Metalle aufgrund ihrer spezifischen Dichte separieren ließen. Anhaftungen und Restverbunde erschwerten jedoch eine sortenreine Abtrennung. Um das Verhältnis von konzentriertem Antimon und Restkupfer-Fehleinträgen in der Leichtfraktion in den Griff zu bekommen, wurde ein Falcon Concentrator verwendet, mit dessen Hilfe sich Parameter wie Feststofftrübedichte, Winkelgeschwindigkeit und spezifische Durchflussmenge regeln ließen. Als Ergebnis des hydrometallurgischen Verfahrens lagen ein Leichtgut mit frei vorliegendem Antimontrioxid und geringsten Restmetallverunreinigungen und ein Schwergut mit verwertbarem Kupferkonzentrat vor.

Sb2O3 zu SbCl3
Daher wurde schließlich ein Ansatz entwickelt, der über Salzsäurelaugung das im Epoxidharz enthaltene Antimontrioxid (Sb2O3) zu vermarktbarem Antimontrichlorid (SbCl3) umsetzt. Derzeit lässt sich ein SbCl3-Konzentrat mit einem Gehalt von über 80 Prozent bei einem Antimon-Ausbringen von über 90 Prozent realisieren. Verbesserungen sind durch die Entwicklung effizienterer Vorsortierung der Eingangsmaterialien, verschleißärmerer Aufschlussverfahren, einer speziellen Klassierstufe im Feinstkornbereich, einer möglichst exakten Feinstkorndichtetrennung, einem mehrstufigen Ausfällverfahren sowie geeigneteren Filtrationsverfahren zu erwarten.

Der Artikel basiert auf „Mechanisch-hydrometallurgisches Antimonrecycling aus Rückständen der Leiterplattenaufbereitung“ von Fabian Himmel, Boris Breitenstein, Daniel Goldmann und Felix Kolbe, nachzulesen in: Recycling und Rohstoffe, Band 9, hrsg. v. K. J. Thomé-Kozmiensky, TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky, 2016.

Foto: O. Kürth

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