Schrottmarktbericht: Schwierige Preisfindung

Rückwirkend betrachtet waren die Ende Januar einsetzende, nachlassende Schrottnachfrage der türkischen Verbraucher im Tiefseemarkt und die sich abzeichnenden Rückgänge der Schrottpreise im US-Markt die Auslöser für den von den Marktteilnehmern als sehr holprig bezeichneten Berichtsmonat Februar. Es war den türkischen Werken aus verschiedenen Gründen gelungen, den Preis für die EU-Sorte HMS 1/2 (80:20) C&F Türkei von 288 US-Dollar pro Tonne Anfang Januar auf 220 US-Dollar pro Tonne Ende Januar zu drücken.

Ein Preisniveau, das insbesondere durch keine Stahlverkaufspreise zu rechtfertigen war (siehe dazu die Grafik). Die deutschen Verbraucher sowie einige Marktteilnehmer nahmen dies zum Anlass, die Monatsverhandlungen mit Abschlägen im Rahmen von 40 bis 50 Euro pro Tonne zu beginnen. Der Markt drehte sich sehr schnell, da die Lieferanten zwar bereit waren, Abschläge zu akzeptieren, sie den vorgeschlagenen Umfang jedoch nicht nachvollziehen konnten und nicht akzeptieren wollten. Wegen der Schrottnachfrage einerseits und des tatsächlichen Schrottaufkommens andererseits hielten sie die Preisangebote vom Monatsanfang für nicht marktgerecht. Zudem unterstützten derweil einzelne Verbraucher mit Zukäufen von nur 10 bis 15 Euro pro Tonne unter dem Januarniveau die Markteinschätzung des Handels, sodass zähe Verhandlungen insbesondere mit den Verbrauchern ohne ausreichende Flexibilität folgten. Im Verlauf des Februars verstärkten die türkischen Verbraucher ihre Nachfrage auf dem Kontinent, wodurch sich die Exportpreise innerhalb von drei Wochen schrittweise bis auf etwa 277 US-Dollar pro Tonne für die Standardsorte HMS 1/2 (80:20) erholten. Diese Entwicklung minderte die Lieferbereitschaft des Handels, der es vorzog, über Kontaktmengen mit den Werken im Gespräch zu bleiben. Dadurch konnten sich möglicherweise nicht alle Werke mit ihren Wunschmengen eindecken.

Grafik: bvse

Letztendlich lagen die Preisreduzierungen der Werke im Februar offiziell bei durchschnittlich 15 bis 20 Euro pro Tonne. Entscheidend war für die Marktteilnehmer der Zeitpunkt des Abschlusses. Je später der Abschluss, desto geringer die Abschläge, wodurch das Preisbild im Februar recht verzerrt ist. Trotz schneller Reaktionen des Lagerhandels durch entsprechend häufige Preisanpassungen an das Marktgeschehen blieb der Zulauf an Altschrotten zu den Lagern bundesweit bescheiden, und wurde mit dem traditionell geringen Novemberaufkommen verglichen. Das Neuschrottaufkommen entsprach ebenfalls nicht den Erwartungen des Handels, da die Produktion offenbar nicht so rund lief, wie manche Statistikinterpretationen dies zu belegen versuchten.

Nachbarländer

Italienische Werke importierten im vergangenen Jahr aus Deutschland laut den aktuellen Daten des statistischen Bundesamtes 1,46 Millionen Tonnen Schrott, im Durchschnitt monatlich rund 122.000 Tonnen und 13,8 Prozent mehr als 2015. Italien ist und bleibt damit der wichtigste direkte ausländische Schrottabnehmer für deutsche Lieferanten. Die Verkaufsverhandlungen im Berichtsmonat Februar wurden auch in Italien als schwierig und langwierig beschrieben. Die Abschläge der Werke bewegten sich bei 18 bis 25 Euro pro Tonne. Es gab keine Nachverhandlungen. Informierte italienische Kreise berichteten, dass die Werke verstärkt auf inländische Lieferanten zurückgegriffen hätten. Im Rahmen der wöchentlichen Verhandlungen reduzierten die Werke ihre Preisabschläge auf letztendlich 20 bis 25 Euro pro Tonne. Es hieß, die Preise seien seit der 7. Kalenderwoche stabil und der Zulauf zu den Werken gut. In der Schweiz mussten die ausländischen Lieferanten Abschläge von 20 bis 25 Euro pro Tonne akzeptieren. Der Lieferwille war in der Folge nicht übermäßig stark. Nach ebenfalls schwierigen Verhandlungen lagen die Preisreduzierungen bei guter Nachfrage in Belgien, Frankreich und Luxemburg bei rund 20 Euro pro Tonne. Dem Hauptabnehmer in den Niederlanden war es gelungen, seinen Bedarf in Teilschritten mit Abschlägen von 30 bis 20 Euro pro Tonne zu decken. Im Handelsmarkt erholten sich die Preise jedoch zügig vom Preisverfall Ende Januar.

Gießereien

Die Auftragslage bei Teilen der Gießereiindustrie lässt auf eine Frühjahrsbelebung hoffen. Noch läuft der Automotivbereich gut, und der Maschinenbau sowie der Hydraulikguss zeigen Anzeichen einer Belebung. Allerdings hat sich der Landmaschinenbau immer noch nicht von den EU-Sanktionen gegen Russland erholt. Bei frei verhandelten Preisen mussten die Lieferanten dennoch Abschläge für ihren Schrott von 10 bis 30 Euro pro Tonne je nach Werk und Sorte akzeptieren. Den ausländischen Roheisenanbietern gelingt es seit der zweiten Februarhälfte, den seit Januar rückläufigen Preistrend zu stoppen. Sie begründen ihre um rund 25 US-Dollar pro Tonne höheren Forderungen mit den sich erholenden Schrott- und den immer noch steigenden Erzpreisen.

Deutschland, Basisjahr 2010 = 100, Quelle: Statistisches Bundesamt/Destatis

Einfluss

Die Bedeutung des Einkaufsverhaltens türkischer Werke für den europäischen Markt ist wohl am besten mit der Tatsache zu begründen, dass die Türkei im vergangenen Jahr laut den Angaben des türkischen Statistikbüros der Stahlindus­trie steeldata insgesamt 17,72 Millionen Tonnen Schrott importiert hat. 10,65 Millionen Tonnen davon stammten aus der EU, die damit einen Lieferanteil von 60 Prozent erreichte. Im Jahre 2015 führte die Türkei 16,51 Millionen Tonnen Schrott ein, wovon 7,94 Millionen Tonnen von EU-Exporteuren geliefert wurden. Die EU war bereits 2015 mit einem Anteil von 48,1 Prozent der mit Abstand größte Handelspartner der türkischen Schrottverbraucher. Die nachlassenden Zukäufe in der Zeit um den Monatswechsel, den die türkische Seite wie oben beschrieben für deutliche Preisreduzierungen nutzte, führte umgehend zu entsprechenden Reaktionen der Marktteilnehmer in Europa. Seit dem Ende der vergangenen Woche beschränkt sich die türkische Seite wieder auf Gespräche. Es ist schwer zu sagen, welche Mengen die Werke noch für März oder für April brauchen. Für März dürften bisher rund 20 Tiefseeladungen bestellt worden sein, wovon etwa zwölf Ladungen vom Kontinent stammen. Die internationalen Einflüsse auf die Absatzmöglichkeiten türkischer Fertigstähle und Halbzeuge sind aufgrund der geopolitischen und wirtschaftlichen Verwerfungen weltweit nicht prognostizierbar. Türkische Hersteller sind auf alle Fälle optimistisch, was die Entwicklung in den kommenden Monaten angeht.

Positiv

Das Marktablaufmuster der letzten Jahre, bei dem der Schrottpreiserhöhung im Januar ein Abschlag im Februar folgte, der Trend innerhalb des Monats Februar wechselte und eine entsprechende Preisanpassung im März folgte, wiederholt sich anscheinend auch in diesem Jahr. Welchen Umfang die Anpassung im kommenden Monat gegenüber Januar haben wird, hängt stark ab von der Bedarfsdeckung und dem Einkaufsverhalten der türkischen Verbraucher im europäischen Markt. Mit einem Ausgleich des Preisniveaus innerhalb Deutschlands ist ebenfalls zu rechnen. Angesichts der von der Wirtschaftsvereinigung Stahl gemeldeten guten Auftragslage der Werke zumindest bis ins Frühjahr hinein und der dadurch zu erwartenden guten Schrottnachfrage ist die Stimmung im Handel durchaus positiv.

Redaktionsschluss 21.02.2017, BG-J/bvse

(Alle Angaben/Zahlen ohne Gewähr)

Foto: O. Kürth

(EUR0317S26)

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