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Getrübte Investitionsfreude in Frankreichs Abfall­wirtschaft

Die niedrigen Rohstoffpreise sorgen derzeit für schwächere Einnahmen in der französischen Recyclingindustrie. Die Branche musste 2015 einen Umsatzrückgang von über sechs Prozent hinnehmen. Und auch die Investitionen sanken entsprechend. Geschäftschancen ergeben sich vor allem durch die Digitalisierung der Prozesse.

Stagnierende und auch sinkende Abfallmengen, immer stärker spezialisierte Entsorgungs- und Recyclingverfahren und gleichzeitig niedrige Rohstoffpreise bringen derzeit viele Unternehmen der französischen Abfallwirtschaft in eine schwierige finanzielle Lage. Potenzial zur Verbesserung sieht die Branche vor allem in einer Optimierung der Prozesse. Das kann der Ersatz von Wertstofftonnen am Haus durch Sammelstellen sein, insbesondere aber die Nutzung der Digitalisierung, etwa für eine bedarfsgerechtere Abfalllogistik.

Die im Dachverband Fnade organisierten Unternehmen der Abfallwirtschaft investierten 2015 zusammen 632 Millionen Euro, davon 321,6 Millionen in Infrastrukturen und 310,4 Millionen in Maschinen und Ausrüstungen. Die Investitionen der französischen Recyclingindustrie beliefen sich 2015 nach Angaben von Federec auf 476,2 Millionen Euro (2014: 524,4 Millionen Euro) – rund fünf Prozent des Umsatzes. Die Investitionsneigung dürfte mittelfristig hoch bleiben, da immer mehr Abfälle in den Stoffkreislauf einbezogen werden und die technischen Anforderungen steigen. Die französische Abfallwirtschaft hat dem Abfallbericht der Umweltagentur Ademe zufolge 2014 rund 20,4 Milliarden Euro umgesetzt – so viel wie im Jahr davor. Davon entfielen 9,2 Milliarden Euro auf die Sammlung und die Behandlung von Abfällen und 10,1 Milliarden auf die Wiedergewinnung von Wertstoffen. Weitere 1,1 Milliarden Euro wurden für Reinigungsmaßnahmen wie Bodensanierung ausgegeben.

Die Abfallmengen stagnieren

Das jährliche Abfallaufkommen betrug 2012 – aktuellere Zahlen liegen hierzu nicht vor – rund 345 Millionen Tonnen, circa zehn Millionen Tonnen weniger als im Jahr 2010. Das entspricht pro Einwohner einer Menge von 5,1 Tonnen. Allein 246,7 Millionen Tonnen davon entfielen auf Bauabfälle. Neben dem Baugewerbe sind die Privathaushalte (31 Millionen Tonnen), die Industrie (23,9 Millionen Tonnen), der Dienstleistungssektor (22,1 Millionen Tonnen) und die Abfall- und Abwasserentsorgung (18,6 Millionen Tonnen) die größten Verursacher. Nur einen geringen Anteil steuern die Land- und Forstwirtschaft sowie die Fischerei mit zusammen 1,3 Millionen Tonnen bei, deren Abfälle wie Mist oder Gülle zum größten Teil wiederverwendet oder lokal entsorgt werden.

Die kommunalen Entsorgungsunternehmen sammelten pro Einwohner 573 Kilogramm Abfälle (insgesamt 37,7 Millionen Tonnen) ein – 2,1 Prozent weniger als 2011 (38,5 Millionen Tonnen). Daran haben die Abfälle der privaten Haushalte einen Anteil von ungefähr 80 Prozent. Der Rest entfällt auf kleine Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, die ihre Abfälle mit den Haushaltsabfällen entsorgen. Die Entsorgungsinfrastruktur in Frankreich umfasste 2014 im Bereich Siedlungsabfall 228 Deponien für ungefährliche Abfälle, 410 Sortier-, 626 Kompostier- sowie 114 Verbrennungsanlagen mit und zwölf ohne Energieerzeugung. Hinzu kommen zwölf Methanisierungsanlagen für Hausmüll. Industrieabfälle wurden 2012 zu 67 Prozent dem Recycling zugeführt. Zusammen mit der Weiterverwertung, der energetischen Nutzung und der Kompostierung betrug der Inwertsetzungsanteil 91 Prozent. Gefährliche Abfälle (im Jahr 2012 circa 11,3 Millionen Tonnen) werden zu 40 Prozent einer Wiederverwertung zugeführt, weitere 28 Prozent verbrannt und 32 Prozent deponiert.

Zunehmender Wettbewerb, erhöhte Planziele  

Der Umsatz der Recyclingindustrie in Frankreich hat sich 2015 gegenüber 2014 abermals verringert. Er sank nach Zahlen des Dachverbandes Federec um 6,6 Prozent auf 8,3 Milliarden Euro. Die Menge des eingesammelten recyclingfähigen Materials stieg erheblich von 78,0 Millionen Tonnen im Jahr 2014 auf 99,7 Millionen Tonnen in 2015, was vor allem auf den größeren Umfang erfasster organischer Abfälle zurückzuführen ist. Verantwortlich für das Umsatzminus war vor allem die Rückgewinnung von Metallen, in geringerem Maße das Recycling von Holzprodukten. Rund 39 Millionen Tonnen Abfälle wurden 2015 tatsächlich dem Recycling zugeführt, 2,6 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die durch Recycling gewonnenen Materialmengen beziffert Federec für 2014 mit insgesamt 34,6 Millionen Tonnen.

Die Wiederverwertung von Verpackungsabfällen organisiert in Frankreich bisher die Organisation Eco-Emballages. Mit der erwarteten Zulassung des Rücknahme- und Verwertungssystems Léko – eine Initiative des Tochterunternehmens Valorie der Kölner Reclay-Gruppe – zum 1. Januar 2018 erhöht sich der Wettbewerb auf diesem Feld. Die Recyclingquote lag 2015 bei Verpackungen mit 67 Prozent auf dem Niveau der Vorjahre und variiert je nach Material deutlich. Um die Rate weiter zu steigern, will Eco-Emballages vor allem die Qualität der Abfallsortierung und die Wiederverwendung von Kunststoffen erhöhen. Ziel ist eine Recyclingquote von insgesamt 75 Prozent.

Das am 22. Juli 2015 verabschiedete Gesetz zur Energiewende für grünes Wachstum (Loi de Transition énergétique pour la croissance verte) enthält auch einen Passus, der die Verringerung des Stoffverbrauchs und die Förderung der Kreislaufwirtschaft fordert. Der Plan zur Verringerung und Inwertsetzung der Abfälle (Plan de réduction et de valorisation des déchets) sieht eine Abfallreduzierung pro Einwohner bis 2020 um zehn Prozent gegenüber 2010 vor. Die durchschnittliche Recyclingquote soll bis 2020 einen Anteil von 55 Prozent der nicht-gefährlichen Abfälle erreichen und bis 2025 auf 65 Prozent steigen. Übergeordnete Zielsetzung ist die graduelle Abkoppelung der entstehenden Abfallmenge von der wirtschaftlichen Entwicklung.

Große Entsorger, kleine Recycler

Im Zuge der erheblich ausgeweiteten Differenzierung und Wiederverwertung von Abfallstoffen hat die Anzahl der Einrichtungen, die mit Entsorgung und Recycling befasst sind, in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die eingeschränkte Gewinnsituation sorgt derzeit aber für eine gewisse Konsolidierung. Während Fnade in der Abfallwirtschaft 2015 insgesamt 2.047 Firmen und 51.400 Mitarbeiter zählte, repräsentiert Federec über 1.300 Unternehmen der Recyclingbranche mit insgesamt rund 26.000 Beschäftigten in 2.250 Betrieben.

An der Spitze der französischen Abfallwirtschaft stehen die weltweit aktiven Großkonzerne Veolia (http://recyclage.veolia.fr [1]) und Sita (Suez Environnement; www.sita.fr [2]) sowie mit Derichebourg (www.derichebourg.com [3]), Paprec (www.paprec.com [4]) und Séché (www.groupe-seche.com [5]) drei auch auf europäischer Ebene bedeutende, mittelgroße Firmen. Dahinter folgt eine Vielzahl kleiner und mittlerer Familienunternehmen. Während die beiden Großen etwa 70 Prozent Marktanteil bei der Müllverbrennung haben, sind sie nur mit circa 15 Prozent an der Recyclingwirtschaft beteiligt, die vor allem mittelständisch geprägt ist. Veolia und Suez haben daher mehr Einfluss im Verband der Abfallwirtschaft Fnade; bei Federec dominieren kleinere Unternehmen.

Immer mehr  Branchen werden eingebunden

Im Rahmen des Programms zur „erweiterten Verantwortung der Hersteller“ (Responsabilité Élargie du Producteur, REP) werden sukzessive immer mehr Branchen in die Sammlung und Wiederverwertung von Rohstoffen eingebunden. In einigen Bereichen wurden aufgrund europäischer Richtlinien oder französischer Gesetze verpflichtende, in weiteren Feldern freiwillige Ziele vereinbart. Zur ersten Gruppe gehören unter anderem Elektro- und Elektronikabfälle, Batterien, Altautos, Medikamente, Lösungsmittel, Kühlflüssigkeiten und Verpackungen. Auf nationaler Ebene einbezogen sind beispielsweise Reifen, Möbel, Textilien und Haushaltschemikalien. Freiwillige Vereinbarungen existieren etwa für pflanzliche Heilstoffe, Druckerpatronen sowie Verpackungen von Saatgut und Düngemitteln. In der Regel gibt es für jedes Segment ein oder mehrere Rücknahmesysteme (Éco-Organisme), die meistens von den Herstellern getragen werden.

Öffentliche Ausschreibungen können auf der Internetseite www.boamp.fr [6] sektorspezifisch abgerufen werden. Die Umweltabteilung der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer kann Unternehmen bezüglich der Verpflichtungen gegenüber den Rücknahmesystemen unterstützen und die Meldung der verwendeten Verpackungen und Materialien übernehmen. Ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht stehen unter  www.gtai.de/recht [7] sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen unter www.gtai.de/zoll [8] zur Verfügung.

Verfasser: Marcus Knupp, Quelle: Germany Trade & Invest


EBS-Markt in Frankreich wächst

Bis zum Jahr 2025 soll die thermische Verwertung von Ersatzbrennstoffen (EBS) um mehr als zwei Millionen Jahrestonnen ansteigen.

EBS-Kraft- oder Heizwerke sind in Frankreich bislang nicht in Betrieb. Im Fokus einer neuen Politik stehen insbesondere Sortierreste aus mechanisch-biologischen Anlagen (MBA) sowie aus Sortieranlagen für trockene Wertstoffe aus der Haushaltssammlung beziehungsweise für gewerbliche Abfälle. Der Anstieg der thermischen Verwertung von EBS wird vor allem über spezielle Auktionen für EBS-Kraftwerke im Rahmen der französischen Erneuerbare-Energien-Politik gefördert. Auch andere Fördertöpfe, etwa im Rahmen des sogenannten Wärmefonds, stehen zur Verfügung.

Sechs EBS-Projekte mit einer Bruttowärmeerzeugung von mehr als 150 Megawatt werden bereits unterstützt, weitere Ausschreibungsrunden sollen in den kommenden Monaten folgen. Insgesamt existieren derzeit knapp 700 MBA oder Sortieranlagen, die als potenzielle EBS-Produzenten anerkannt sind. In der Zukunft ist mit weiteren Anlagen zu rechnen, da auch die stoffliche Verwertung in Frankreich ausgeweitet wird. Vor diesem Hintergrund hat ecoprog den Markt für EBS in Frankreich im Detail untersucht. Die Studie „Der Markt für Ersatzbrennstoffe in Frankreich“ kann ab sofort unter www.ecoprog.de [9] bestellt werden.


Foto: Gerhard Bittner / fotolia.com

(EUR0417S30)

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