Deutsche Edelmetallwirtschaft: Stabil trotz instabilem Umfeld

Die deutsche Edelmetallwirtschaft ist in stabiler Verfassung, in einem allerdings wechselhaften Markt, bilanzierte Dietmar Becker, der stellvertretende Vorsitzende der Fachvereinigung Edelmetalle, die Marktlage für seine Branche.

Seiner Darstellung nach sichern permanent schwankende, aber insgesamt leicht steigende Preise dem Recycling auskömmliche Mengen, obwohl weiterhin wertvoller Elektroschrott in Drittländer exportiert wird. Ein verlässliches, aber nicht gerade überragendes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts spiegelt sich in den wichtigen Abnehmerindustrien für Edelmetalle – Automobil, Elektronik, Chemie und Schmuck – wider. Der Einsatz von Edelmetallen wachse hier auch nur verhalten. Trotz des Rufes als einem „sicheren  Hafen“ in Zeiten
politischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten sei das Investmentgeschäft rückläufig. Investmentprodukte, die traditionell ein stark volatiles Geschäft darstellen, verzeichneten 2016 bei Gold einen Mengenrückgang von 20 Prozent, bei Silber teilweise einen noch stärkeren. Lediglich bei Platingruppenmetallen war wegen der Entwicklung in Japan ein Zuwachs von sechs Prozent zu erkennen.

Goldrecycling um zehn Prozent gestiegen

Zur globalen Goldversorgung von circa 4.525 Tonnen hat 2016 das Recycling aus Altgold-Schrott mit rund 1.280 Tonnen beigetragen. Während die gesamte Goldversorgung in diesem Jahr um etwa vier Prozent anzog, stieg der Recyclinganteil angesichts unveränderter Primärproduktion um 9,8 Prozent. Der Bedarf könne jederzeit gedeckt werden, die Versorgungslage sei positiv. Gold, das in Deutschland, aber auch weltweit in High-Tech-Anlagen verarbeitet wird, sei zudem „konfliktfrei“: Industrie-Initiativen wie „Code of Conduct“ und „Responsible Gold“, EU-Regulierungen und klare Compliance-Regeln sollen sicherstellen, dass Gold verantwortungsvoll gehandelt wird. Allerdings war der Goldpreis im Jahr 2016 von einem stetigen Auf und Ab gekennzeichnet. Und auch die Aussichten für das laufende Jahr sind eher uneinheitlich: mit einer vermutlichen Tendenz nach oben, mit einer Bandbreite zwischen 1.100 und  1.400 US-Dollar pro Unze.

Industriesilber global gefragt

Das Technologiemetall Silber sieht Becker in einer guten Verfassung. 55 Prozent gehen in Industrieanwendungen wie Elektrotechnik/Elektronik, Verbindungstechnik, Photovoltaik und Chemie. Der weltweite Absatz in diese Sektoren blieb mit 17.500 Tonnen stabil. Schwächen zeigen sich bei Schmuck und Silberwaren mit zehnprozentigem Absatzrückgang. Bei einer weltweiten Silberproduktion von 30.400 Tonnen entstammen mehr als 80 Prozent der Minenproduktion (Zink-, Blei-, Gold- und Silberminen). Der weltweite Recyclinganteil hielt mit rund 4.000 Tonnen und damit einem leichten Verlust von minus 0,3 Prozent das Vorjahresergebnis ein. Die Preise zeigten 2016 mit einem stetigen Auf und Ab eine „Wellblechkonjunktur“, und auch für 2017 präsentiert sich Silber mit uneinheitlichen Aussichten. In der Tendenz ist – aufgrund von Nachholbedarf zum Gold – von einem Aufwärtstrend mit einer Bandbreite zwischen 16 und 22 US-Dollar je Unze auszugehen.

Weitere Technologiemetalle sind die Platingruppenmetalle (Platin, Palladium, Rhodium, Ruthenium, Osmium, Iridium), die zum Beispiel in Autoabgaskatalysatoren, Brennstoffzellen und in der Elektronik zum Einsatz kommen. Der globale Gesamtbedarf sei, wie Becker erklärte, 2016 mit 259,2 Tonnen um plus 0,5 Prozent weiter gestiegen, deutlich bei Autokats mit 40 Prozent, aber auch leicht in der Chemie- und anderen Industrien. Im Schmuckbereich gibt es Schwächen wegen eines Nachfrageeinbruchs in China.

Der Primärproduktion von 186,9 Tonnen, die zu knapp drei Vierteln aus Südafrika gedeckt wird, steht ein Recyclinganteil von 59,3 Tonnen gegenüber; das Recyclingaufkommen steigerte sich um plus zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wie auch bei Gold und Silber, erlebten die Preise der Platingruppenmetalle 2016 eine Berg- und Talfahrt, bei der Palladium den stärksten Aufwärtstrend verzeichnete. Für 2017 sind die Aussichten uneinheitlich: So ist bei Palladium eine steigende Tendenz zu erwarten, während für Platin keinerlei Richtungsangaben möglich sind.

Vor besonderen Herausforderungen

Alles in allem sind nach Darstellung der Fachvereinigung die Edelmetallpreise 2016 trotz Auf und Ab leicht gestiegen. Die Absatzmengen haben sich bei Gold und Silber weltweit rückläufig entwickelt, präsentierten sich allerdings in der Europäischen Union und insbesondere in Deutschland stabiler. Besondere Herausforderungen sieht die Branche in der zunehmenden internationalen Wettbewerbsintensität und in Segmenten mit limitierten Wachstumsaussichten; darüber hinaus erschweren zunehmende Regulierungen, ständig steigende Anforderungen hinsichtlich Umweltschutz und etliche Kostenentwicklungen die Geschäfte. Allerdings sei es wünschenswert, dass die Brüsseler Parlamentarier eine Verordnung über den verantwortungsvollen Bezug von Rohstoffen (Stichwort: Responsible Sourcing) verabschieden, die auch kleine Importeure mit einschließt. Denn: „Auch kleinste Fälle des Missbrauchs können dem Image großen Schaden zufügen.“

Foto: Umicore

(EUR0417S45)

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