Schrottmarktbericht: Häufig wechselnde Szenarien

Im Großen und Ganzen zeigte sich der Schrotthandel mit den Ergebnissen im Berichtsmonat April zufrieden. Allerdings gestaltete sich der Schrottverkauf etwas holprig. Diejenigen, die ihre Versorgung über die Feiertage kritisch einschätzten, deckten sich frühzeitig mit den entsprechenden Mengen ein und zahlten gegenüber dem Vormonat höhere Preise. Obwohl noch Ende März wegen der nachgebenden Preise im Tiefseemarkt über Abschläge von bis zu 30 Euro pro Tonne im Markt sinniert wurde, entsprach die Entwicklung des tatsächlichen Marktgeschehens den inländischen Gegebenheiten. Die Nachfrage der Verbraucher war bei überwiegend guter Auftragslage fest, und bei den Abschlüssen kam es je nach Werk und Sorte zu einer Bandbreite von unveränderten Preisen bis zu Abschlägen von 5 bis 10 Euro pro Tonne. Weil die Lieferanten unter dem Eindruck des schwächer werdenden Tiefseemarktes verhandlungsbereiter wurden, konnten die Werke einen Preisvorteil erlangen, die ihre Monatskontrakte später abschlossen.

Aus Marktkreisen hieß es, die Werke seien ratierlich versorgt worden. Anscheinend hätten einige Verbraucher mit Neuschrottbedarf gerne höhere Mengen gekauft, als ihnen angeboten wurden. Der Aufforderung der DB Cargo, die als rollende Stahllager genutzten Waggons vor Ostern freizugeben, scheint nicht überall gehört worden zu sein, sodass wegen der mangelnden Waggonzustellung nach Ostern mancherorts der Unmut im Schrotthandel stieg.

Nachbarländer

Während in Frankreich die Marktpartner am Monatsanfang die Verkaufsverträge zu unveränderten Preisen abschlossen, gaben die Preise in Belgien und Luxemburg entsprechend dem deutschen Niveau nach. Ein niederländischer Verbraucher zahlte für seinen frühzeitig gekauften und gewünschten Sortenmix einen Aufpreis. Allerdings gaben die Preise durch die Entwicklung im Drittlandmarkt im Verlauf des Monats nach, und die Händler in den Tiefseelägern versuchten ihre Annahmepreise anzupassen. In Italien war die Preisgestaltung je nach Bedarf der einzelnen Werke unterschiedlich. So gab es Abschlüsse sowohl zu unveränderten Preisen, insbesondere bei Neuschrottbestellungen, als auch zu reduzierten Preisen gegenüber März. Im Durchschnitt zahlten die Abnehmer den deutschen Lieferanten bis zu 7 Euro pro Tonne weniger als im Vormonat. Bei hohem Bedarf blieben die Einkaufpreise der schweizerischen Verbraucher unverändert. Polnische und tschechische Schrottanbieter verkauften zu den im Monat April üblichen Abschlägen von rund 5 Euro pro Tonne die gewünschten Mengen nach Deutschland.

Gießereien

Durch die ansteigende Auslastung in vielen Gießereien und die nach wie vor sehr festen internationalen Roheisenpreise war im April die Nachfrage nach Gießereischrott wieder erfreulich hoch. Es war deutlich zu spüren, dass roheisenverbrauchende Gießereien versuchen, teures Roheisen durch günstigere Qualitätsschrotte zu ersetzen. Nach wie vor bieten ukrainische Roheisenhersteller kein Material an und die Mitbewerber nutzen die Gunst der Stunde, indem sie die Preise bei Anschlussaufträgen weiter nach oben treiben. Sobald sich die Lage entspannt, rechnen die Gießereien mit deutlich fallenden Preisen.

Die an keinen Index gebundenen Produzenten boten für den Schrott Preise auf Vormonats- beziehungsweise einem leicht schwächeren Niveau an. Trotz der guten Nachfrage bezeichnete der Handel das Geschäft als lustlos. Durch die nur noch geringe Preisdifferenz zwischen Kupolofen- und Stahlschrotten macht die Aufbereitung von Gießerei­schrotten in vielen Fällen wirtschaftlich wenig Sinn.

Drittlandmarkt

Deutschland, Basisjahr 2010 = 100, Quelle: Statistisches Bundesamt/Destatis

Im April unterbrach die Entwicklung im Tiefseemarkt schnell die vorhandene Frühjahrseuphorie, nachdem es den türkischen Verbrauchern gelang, die Preise durch geschickte und zum Teil verdeckte Zukäufe in ihren verschiedenen weltweiten Beschaffungszentren im Laufe von vier Wochen um rund 20 US-Dollar pro Tonne zu senken. Laut der internationalen Fachpresse war der Bedarf der türkischen Werke hoch. Welche Mengen sie letztendlich gekauft haben und wie hoch ihr Restbedarf für Mai noch sein wird, bleibt unklar. Durch den gleichzeitig festen europäischen Binnenmarkt war es für die Exporteure nicht einfach, sich zum richtigen Zeitpunkt mit den gewünschten Mengen einzudecken. Sie zogen sich zum Teil vom Markt zurück und bedienten inländische Werke. Indische Verbraucher leiden unter den seit rund vier Wochen enorm steigenden Containerfrachten. Bis zum Redaktionsschluss waren die Frachtkosten gegenüber März bereits um knapp 70 Prozent gestiegen. Für die nordeuropäischen Schrottanbieter ist der indische Schrottimportmarkt derzeit unattraktiv, obwohl die indischen Nachfrager die Preise für Shredderschrott sogar erhöht haben.

Schlussbemerkungen

Der Aprilmarkt stand unter dem Einfluss von weltweit vielen, schnell aufeinanderfolgenden, unterschiedlichen  Ereignissen. Die damit verbundene zunehmende Verunsicherung in den Märkten erschwerte die Entscheidungsprozesse sowohl der Verbraucher als auch der Lieferanten. Beide Seiten mussten schnell auf wechselnde Situationen reagieren. Sofern man die möglichen Entwicklungen auf dem internationalen Markt ausblendet, kann sich der befragte Handel wegen der erwarteten lebhaften Nachfrage der Inlandswerke stabile Schrottpreise im Mai vorstellen. Schon jetzt ist eine Diskrepanz zwischen den im Inland und den im Export zu erzielenden Preisen vorhanden. Falls die türkischen Werke Mengen in Nordeuropa für die Juniproduktion kaufen werden, ist völlig offen, welche Seite sich im kommenden Monat bewegt. Aktuell sieht es so aus, als ob der harte internationale Wettbewerb die türkischen Hersteller zwingt, ihre Betonstahlpreise nach unten anzupassen und der Schrottmarkt im Mai folgen könnte.

Redaktionsschluss 19.04.2017, BG-J/bvse, (Alle Angaben/Zahlen ohne Gewähr)

Foto: Deutsche Bahn AG

(EUR0517S34)

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