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Bessere Geschäftsaussichten, aber höhere Belastungen

Im Verlauf der über 100jährigen Geschichte des Verbandes Deutscher Metallhändler e.V. (VDM) haben die Mitglieder der Branchenvereinigung Höhen und Tiefen erlebt. Seit sechs Monaten haben sich die Metallpreise wieder erholt. Entsprechend positiv war die Stimmung während der Jahresversammlung der über 200 Verbandsmitglieder.

Bereits Ende des vergangenen Jahres gingen die Metallhändler mit positiven Erwartungen in das neue Geschäftsjahr. Der Geschäftsklimaindex zum ersten Quartal markierte damit ein Ende des zuletzt vorherrschenden Negativtrends von Marktpreisen, Auftragslage und Zukunftsprognosen. Insgesamt stieg der VDM-Geschäftsklimaindex, der im ersten Quartal 2017 noch 88,8 Punkte betragen hatte, im April dieses Jahres auf 89,15 Punkte weiter an; der Index ist ein Mittelwert aus den Teilindizes „Geschäftslage“ sowie „Geschäftsaussichten“ und dient als Vergleich zum Basiswert von 100 aus dem Jahr 2013.

Laut VDM bewerten 89 Prozent der Metallhändler die aktuelle Geschäftslage als positiv. Außerdem erwarten 92 Prozent der Befragten, dass die Geschäftsaussichten gegenüber dem vorhergehenden Quartal sich verbessern beziehungsweise konstant bleiben werden; der entsprechende Indexwert war im Vergleich zum ersten Quartal 2017 (87,8) nur minimal schwächer (87,2). Als Grund für diesen Rückgang vermutet der Verband wirtschaftliche Unsicherheiten aufgrund der weltpolitischen Situation.

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Thomas Reuther: Abschottungsmaßnahmen schränken den freien Handel ein und haben direkte Konsequenzen für unsere Mitglieder (Foto: VDM)

„Die insgesamt positive Lagebeurteilung führen wir auf die solide konjunkturelle Entwicklung der deutschen Wirtschaft zurück. Das in den zurückliegenden Monaten erreichte stabile Niveau der Metallpreise gibt zudem Planungssicherheit“, betonte Thomas Reuther, Präsident des VDM. Auch im zweiten Quartal rechneten die Metallhändler mit einem Anziehen des Preisniveaus bei den Industrie-Metallen. Erneut gehe die Branche vor allem bei Nickel (41 Prozent der Unternehmen) und Kupfer (27 Prozent der Unternehmen) von Preissteigerungen aus. Erstmals wurde im Geschäftsklimaindex die Marktversorgung nach Alt- und Neumetallen getrennt abgefragt. Den Angaben zufolge wird die Versorgung mit Schrotten von 89 Prozent als gut bzw. ausgeglichen angesehen. Alle befragten Unternehmen bezeichneten die Verfügbarkeit von Neumetallen als gut; ein Materialmangel scheint derzeit nicht zu existieren. Allerdings gibt es im Metallhandel auch Unternehmen (rund 40 Prozent), die ihren Lagerstand als zu hoch einstufen, hieß es während der VDM-Jahrespressekonferenz.

 Protektionismus behindert den freien Handel

Angesichts der jüngsten internationalen Entwicklungen – des Brexit, der chinesischen Wirtschaftspolitik, der unklaren Zukunft des türkischen Marktes und der angedrohten „America First“-Politik der neuen Regierung in den USA – befürchtet der VDM Nachteile für den Metallhandel. „Abschottungsmaßnahmen schränken den freien Handel ein und haben direkte Konsequenzen für unsere Mitglieder“, unterstrich Thomas Reuther.

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Michael Diekmann: Pro Unternehmen werden sich die Mehrkosten für die zu 2018 beschlossene Lkw-Maut auf rund 61.000 Euro belaufen (Foto: VDM)

Die weltpolitische Situation der Märkte sei derzeit äußerst diffus. Obwohl bereits Preisschwankungen in einigen Industriemetallen zu verzeichnen seien und Planungsunsicherheiten bestünden, seien es vor allem konkrete Konsequenzen, die die Branche fürchte. Nach einer internen Umfrage rechneten rund 70 Prozent der Metallhändler mit weniger Wachstum und 19 Prozent mit sinkenden Preisen, sofern beispielsweise Zölle erhoben würden. Wie realistisch und nah diese Gefahr sei, zeigten der amerikanische Beschluss zur Einführung von Zöllen für die Stahlindustrie sowie Pläne zur Ausweitung auf die Aluminiumhersteller.

„Wir müssen aufpassen, dass die chinesischen Wettbewerber nicht an uns vorbeieilen und uns obsolet machen, indem sie mit Endprodukten in den deutschen Markt eindringen“, warnte der VDM-Präsident.

Die Ausweitung der Lkw-Maut und andere Hürden

Sorgen bereitet dem VDM auch die Ausweitung der Lkw-Maut in Deutschland, die als eine essentielle Bedrohung für kleine und mittelständische Betriebe wahrgenommen wird. Ins Spiel gebracht wurde das Vorhaben von Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamts; es betrifft vor allem die Lkw-Klassen zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen sowie die Metallhändler, die vornehmlich regional und auf Landstraßen unterwegs sind. Der VDM lehnt eine solche Ausweitung ab, weil sich die Kosten für die Unternehmen drastisch erhöhen würden. „Bereits die Mehrkosten für die zu 2018 beschlossene Lkw-Maut werden sich auf rund 61.000 Euro belaufen. Das wäre ein kompletter Vollzeitarbeitsplatz. Wie wir diese Kosten auffangen sollen, wissen wir heute noch nicht. Schon bei der heutigen Maut konnten wir die Kosten nicht an unsere Kunden weitergeben. Eventuell müssen sogar Arbeitsplätze abgebaut werden“, klagte Michael Diekmann, Mitglied des Vorstandes im VDM, während der Jahrespressekonferenz.

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Laut VDM-Vizepräsident Peter Haslacher stößt das Recycling immer öfter an seine Grenzen, weil sich die Verbunde nicht trennen lassen (Foto: VDM)

Nach VDM-Position steigt die Belastung der Unternehmen durch finanzielle und bürokratische Hürden weiter an. Ein Beispiel dafür sei auch die neue Entsorgungsfachbetriebeverordnung, die aus Verbandssicht nicht nur zusätzliche Kosten verursacht, sondern auch nicht vollständig ausgefüllte Formulare unter Strafe stellt. Daneben bereiten auch sich widersprechende Vorschriften der Branche Kummer.In Anbetracht der zunehmenden Composite-Produkte haben die Recycler im Verband ebenfalls zusätzliche Schwierigkeiten. Laut VDM-Vizepräsident Peter Haslacher stößt das Recycling immer öfter an seine Grenzen, weil sich die Verbunde nicht trennen lassen.


„Chinesische Billigprodukte gefährden den deutschen Mittelstand“

Nach einer VDM-Umfrage gehen etwa 31 Prozent der Mitgliedsunternehmen des Verbandes davon aus, dass die gegenwärtige Entwicklung des chinesischen Marktes negative Auswirkungen für sie haben wird.

Nach Verbandsangaben werden in der Volksrepublik China derzeit dreißig Millionen Tonnen Aluminium produziert, was der Hälfte der Weltproduktion entspricht. „Ein Wert, der weit über dem Eigenbedarf des Landes liegt. Wenn die überschüssigen Materialien bereits in China zu Produkten weiterverarbeitet werden und diese in Deutschland auf den Markt kommen, kann dies Arbeitsplätze und Unternehmensexistenzen kosten“, erklärte VDM-Präsident Thomas Reuther die Situation am Beispiel Aluminium.

Während das Thema Nachhaltigkeit in Deutschland einen Aufwind erlebe und Getränkedosen aus Deutschland unter Einhaltung der WTO-Standards/Klimaschutzregeln produziert würden (Ökorichtlinien, Nachhaltigkeit und gute Arbeitsbedingungen), seien es chinesische Produkte, die weiterhin unter Aufwendung von Kohlekraft und mit staatlicher Bezuschussung entstünden. „Ungleiche Anforderungen führen zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen. Wir müssen gewährleisten, dass die WTO-Regeln oder internationalen Klimaschutzregeln funktionieren. Immerhin können wir nicht in Deutschland unter höchsten Standards alle Ökorichtlinien einhalten und gleichzeitig unseren Bedarf aus China einkaufen“, meint Reuther.


Brigitte Weber

Foto: Petair / fotolia.com

(EUR0617S17)

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