Türkei: Immer mehr Firmen drängen auf den Recyclingmarkt

Die Zahl der Wiedergewinnungsbetriebe in der Türkei hat innerhalb von nur zwei Jahren um mehr als die Hälfte zugenommen. Das jährliche Marktvolumen wird auf rund fünf Milliarden Euro geschätzt. Um bei den Recyclingquoten EU-Standard zu erreichen, müsste das Land 60 Milliarden Euro investieren.

Ende 2014 gab es in der Türkei offiziell 868 Abfallaufbereitungsbetriebe mit einer jährlichen Verarbeitungskapazität von mehr als 19,7 Millionen Tonnen. Unter Berücksichtigung der Schattenwirtschaft dürfte die tatsächliche Zahl höher liegen. Denn immer mehr Firmen drängen auf den Recyclingmarkt. Laut türkischem Statistikamt nahm die Zahl der Wiedergewinnungsbetriebe zwischen 2012 und 2014 um beinahe 50 Prozent zu. Ein im April in der Wirtschaftszeitung „Dünya“ veröffentlichter Bericht veranschlagt den Investitionsbedarf für eine volle EU-Angleichung der Türkei im Bereich Wiedergewinnung und Abfallmanagement auf insgesamt 60 Milliarden Euro. Das jährliche Marktvolumen wird hier auf fünf Milliarden Euro geschätzt.

Inneffiziente Papiersammlung

Mit den sich rasch verändernden Lebens- und Konsumgewohnheiten der türkischen Verbraucher fallen zunehmend Verpackungsabfälle an. Die Zahl der Verpackungsproduzenten ist in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Parallel dazu wachsen die Müllberge. Fachleute beziffern die Abfallmenge im Jahr 2016 mit 32 Millionen Tonnen. Davon dürften etwa 2,5 Millionen Tonnen auf Verpackungsabfälle und 1,3 Millionen Tonnen auf Industrieabfälle entfallen. Hinzu kommen etwa 100.000 Tonnen medizinische und 530.000 Tonnen Elektroschrott, der nach Angaben des türkischen Branchenverbandes EAGD zu weniger als vier Prozent recycelt wird – von nur 20.000 Tonnen im Jahr ist die Rede. Bei Kunststoffen soll die Recyclingrate dem nationalen Umweltministerium zufolge von 44 Prozent im Jahr 2014 auf 54 Prozent im Jahr 2017 steigen.

Seit 2015 hat sich bei Papier-, Metall- und Kunststoffabfällen die recycelte Menge auf über 19 Millionen Tonnen verdoppelt. Der Maschinenhersteller Disan Hidrolik (www.disanhidrolik.com) produziert in Istanbul Anlagen speziell für die Trennung von Verpackungsabfällen (PET, Papier, Metall, Kunststoffe). Die Benli Recycling Group liefert schlüsselfertige Anlagen und Systeme für die Abfalltrennung. Das Unternehmen Burkasan (www.burkasan.com) bietet integrierte Lösungen für Abfallmanagement, Abfalltrennung und Wiedergewinnung und betreibt in der Freizone von Gemlik am Marmarameer eine Recyclinganlage für elektronische Abfälle. Eine weitere Anlage ist in Planung. Die Firma Marmara Geri Dönüsüm (MGD, www.mgdltd.com.tr) trennt und verwertet Metalle, Kabel und elektronische Geräte.

Die Gesellschaft KMK Paper (www.kmkpaper.com) recycelt in der südostanatolischen Provinz Kahramanmaras Papier. Die Kapazitäten in der Papierrückgewinnung können wegen des ineffizienten Sammelsystems nicht voll genutzt werden. Wie Mustafa Saral, Präsident des Verbandes für Papierrecycling AGED, informiert, können jährlich etwa vier Millionen Tonnen Papierabfälle nicht verwertet werden. Die Papierrecyclingrate verharrt auf 50 Prozent. Um die Kapazitäten auszulasten, werden verstärkt Papierabfälle importiert. 2017 sollen diese mindestens 700.000 Tonnen erreichen. Letztes Jahr waren es 500.000 und 2015 etwa 250.000 Tonnen.

Anstrengungen beim Reifenrecycling

Das Unternehmen MTM in der südostanatolischen Provinz Gaziantep ist in der Wiedergewinnung von Kunststoffen tätig. Als Recyclingprodukte bietet MTM niedrig- und hochverdichtetes Polyethylen (LDPE, HDPE) sowie Polypropylen (PP) an. Der Hersteller von Kunststoffrohren Mira Geri Dönüsüm (www.mirarecycle.com) aus Kayseri will ab 2018 durch die Verwertung von PET-Abfällen Polyestergarne produzieren. Anstrengungen unternimmt auch der Verband der Reifenindustrie „Lasder“. 2016 wurden insgesamt 137.000 Tonnen Auto-Altreifen wiederverwertet. Im laufenden Jahr sollen es 160.000 Tonnen werden. Inzwischen sind 30 lizensierte Firmen mit Granulations- und Pyrolyseanlagen im Recycling von Reifen aktiv. Außerdem setzen mindestens zehn Zementwerke Altreifen als zusätzlichen Brennstoff bei der Produktion ein.

Im letzten Jahr gründete der Konzern Sisecam (www.sisecam.com.tr) zur Förderung des Glasrecyclings im Joint Venture mit der Europäischen Entwicklungsbank EBRD die Tochterfirma Sisecam Cevre Sistemleri. Das Unternehmen soll Finanzierungen für die Modernisierung von Wiedergewinnungsbetrieben im Glassektor bereitstellen. Die in die Wiedergewinnung eingehenden Abfälle bestehen laut Fachverband der Wiedergewinnungsindustrie Geksander zu 43 Prozent aus Papier, zu 27 Prozent aus Kunststoffen, zu zwölf Prozent aus Glas, zu acht Prozent aus Textilprodukten, zu vier Prozent aus Metallen und zu sechs Prozent aus anderen Materialien.

Quelle: Germany Trade & Invest/Necip C. Bagoglu

Foto: pixabay

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