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Gehört Altholzverwertung zum alten Eisen?

Der Altholzmarkt und seine Preise ist von vielen Faktoren abhängig: vom Energiemarkt, den Jahreszeiten, der Baukonjunktur, den Biomassen und nicht zuletzt der aktuell betriebenen Umweltpolitik. Prognosen für diese Branche zu stellen, ist schwer. Eine eigene Session lieferte auf dem 29. Kasseler Abfall- und Bioenergieforum eine Bestandsaufnahme.

In Deutschland fallen pro Jahr knapp zehn Millionen Tonnen an Material an – als Reststoffe aus der Holzverarbeitung, als Holzverpackungen, als Bau- und Abbruchholz, aus Sperrmüllsammlungen oder aus Importen vorwiegend aus den Niederlanden, der Schweiz und Dänemark. Stofflich wird das Altholz zur Herstellung von Spanplatten (1,2 Millionen Tonnen) oder auf sonstige Art und Weise (0,1 Millionen Tonnen) verwertet. Hierzu dient Altholz der Klassen A I und A II, das kaum durch holzfremde Stoffe verunreinigt beziehungsweise ohne halogenorganische Verbindungen oder ohne Holzschutzmittel behandelt wurde. Altholz der Klassen A III und A IV weist höhere Verunreinigungs- und Schadstoffgehalte auf. Die energetische Behandlung erfolgt in Altholzkraftwerken (6,2 Millionen Tonnen) oder auf sonstige Art und Weise (2,2 Millionen Tonnen). In den Export nach Österreich, Tschechien und die Niederlande gehen rund 300.000 Tonnen.

Energieeffizienz der Anlagen: hoch

Seit der Jahrhundertwende haben sich Anzahl und Kapazität von Altholz-Entsorgungsanlagen drastisch erhöht. Insgesamt steigerte sich die Zahl der Anlagen von etwa 30 auf rund 700 im Jahr 2014, was insbesondere der Zunahme an immer kleineren Anlagen geschuldet war. Die installierte elektrische Leistung nahm zwischen 2000 und 2009 von 110 auf rund 1.400 Megawatt zu und stieg danach nur noch gering. Die gewonnene Energie wurde laut einer Umfrage des Bremer Marktforschungsinstituts trend:research unter Anlagenbetreibern zu 86 Prozent nach EEG ins Netz eingespeist, zu 52 Prozent selbst genutzt und zu 29 Prozent als Regelenergie vermarktet. Ein freier Verkauf an der Strombörse oder an benachbarte Firmen fand kaum statt.

Die Energieeffizienz ihrer Anlagen schätzen deren Betreiber zu 43 Prozent als hoch und zu 38 Prozent als sehr hoch ein. Weitere Potenziale zur Steigerung ihrer Kraftwerkskapazitäten sehen aber die wenigsten Anlagenbetreiber: Im Stromsektor schätzen insgesamt rund 80 Prozent der Befragten Steigerungsmöglichkeiten für gering bis sehr gering ein; im Wärmemarkt sind es etwas über 60 Prozent. Daher haben sich die meisten Anlagenbetreiber noch keine Gedanken über die weitere Zukunft gemacht: Während 19 Prozent Änderungen über die Nutzung oder Vermarktung des von ihnen produzierten Stroms planen, lehnen dies 76 Prozent ab.

Steigerung des Altholzaufkommens erwartet

Technisch gesehen ist der mögliche Einsatz der bestehenden Anlagen in den nächsten Jahren unbestritten. Die meisten Altholzkraftwerke gingen erst nach 2000 in Betrieb und können bei entsprechender Wartung und Modernisierung auch über 2030 hinaus betrieben werden. Auch finanziell erscheint der Verbrennungsmarkt zufriedenstellend, denn die Preise oder Zuzahlungen für thermische Holzentsorgungen haben in den letzten Jahren angezogen. Die Gründe werden in wachsendem Wohlstand und einem daraus resultierenden gestiegenen Sperrmüllaufkommen, vorübergehenden Entsorgungsengpässen durch Kraftwerksstillstände und einem warmen Winter gesehen, der mehr Abbrucharbeiten zuließ und damit den Anfall von Abbruchholz beförderte.


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trend:research prognostiziert auch für die nächsten Jahre eine Steigerung des Altholzaufkommens von derzeit rund zehn Miilionen Tonnen auf 10,5 bis 12,5 Millionen Tonnen im Jahr 2030, bedingt durch wachsende Mengen an Abbruchholz aufgrund guter Baukonjunktur und zunehmende Sperrmüll-Volumina. Der Zeitraum bis 2030 ist gekennzeichnet durch eine leichte Steigerung der stofflichen Verwertung in der Spanplattenindustrie, eine in etwa Verdoppelung der Kapazitäten bei Mitverbrennung in EBS-Kraftwerken oder Müllverbrennungsanlagen und den Wegfall erster Anlagen infolge eingestellter EEG-Förderung.

Erhöhte Regelungsdichte durch EEG

Nach Darstellung des Leipziger Strom-Direktvermarkters Clean Enegy Sourcing trägt auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz zur zukünftigen Entwicklung des Altholzmarktes bei. Denn mit dem novellierten EEG 2017 werden neue Ausschreibungen für Biomasse- und Holzenergieanlagen eingeführt. Danach soll eine finanzielle Förderung im Sinne dieses Gesetzes denjenigen Bietern zukommen, die das günstigste Gebot platzieren. Die Zuschläge erfolgen solange, bis das Ausschreibungsvolumen ausgeschöpft ist. Bewerben dürfen sich Betreiber von Neu- ebenso wie von Bestandsanlagen; Bestandsanlagen können einmal für zehn Jahre, Neuanlagen wie bislang für 20 Jahre gefördert werden.

Für Bio- und Holzenergieanlagen – zur thermischen Verwertung von Frisch- und Industrierestholz – besteht eine Reihe von Teilnahmevoraussetzungen und Bedingungen. So dürfen unter anderem die Gebote 14,88 Cent pro Kilowattstunde für Neuanlagen und 16,90 Cent pro Kilowattstunde nicht übersteigen; zudem werden sie ab 2018 sukzessive um einen Cent pro Jahr gesenkt. Die Deckelung für Neuanlagen macht einen Anlagenneubau ohne zusätzliche Einnahmequellen finanziell schwierig. Für Bestandsanlagen begrenzt eine sogenannte Vergangenheitsgrenze den Zuschlagswert. Außerdem ist für Biomasseanlagen eine Bemessungshöchstleistung mit Flexibilisierungspflicht eingeführt, die bewirkt, dass die Anlage höchstens zu 80 Prozent ausgelastet sein darf und zu 20 Prozent flexibel vorgehalten werden muss.

Energiegewinnungsanlagen auf Altholz-Basis wurden aus der Biomasseverordnung gestrichen. Sie erhalten folglich keine EEG-Vergütung mehr und sind für ihren Weiterbetrieb darauf angewiesen, weiterhin für Altholz Entsorgungserlöse zu erzielen. Ihre Rentabilität außerhalb des Fördersystems könnte durch Eigenversorgungsmodelle mit EEG-Umlage-Einsparungen, regionale Vermarktungen der Wärme oder Nutzung von Flexibilitätspotenzialen der Anlagen verbessert werden. Doch lässt sich zurzeit nicht abschätzen, inwieweit sie unter den jetzigen förderungspolitischen Bedingungen im Markt Bestand haben. Im Moment jedenfalls sind die Altholzpreise am Boden, da aufgrund moderater Temperaturen der letzten beiden Winter die sogenannten Winterlager der Altholzkraftwerke nicht abgebaut wurden.

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Foto: O. Kürth

Verknappung von Kapazitäten prognostiziert

Nach Ansicht von trend:research wird ein Großteil der Anlagen je nach Betriebsdauer aus der Förderung ausscheiden, zumal für Altholz-Verwertungsanlagen eine Anschlussförderung zurzeit nicht vorgesehen ist. Das wird zum einen zu einer Verknappung von Verwertungskapazitäten führen. Die Folge sind steigende Preise, aber auch eine zunehmende Attraktivität alternativer Verwertungswege.

Zum anderen lassen sich die durch EEG-Förderung bislang niedrig kalkulierte Entgelte nicht mehr halten, was zu zusätzlichen Preissteigerungen führen dürfte. An einer Verteuerung der thermischen Altholzverwertung wird kein Weg vorbeiführen. Inwieweit die Entwicklung von Kosten beziehungsweise Zuzahlungen sich jedoch in Richtung auf das Fortbestehen fast aller Betriebe oder aber auf Anlagenstilllegungen zubewegt, wird von den energetischen Alternativen zur bisherigen Altholzverwertung abhängen.

EEG 2017: Nachfrage eher mäßig

Der erwähnten trend-research-Umfrage zufolge fallen die Erwartungen der Anlagenbetreiber für die kommenden Jahren uneinheitlich aus: Bis 2020 werden ebenso viele Votierungen für steigende wie für fallende Altholzpreise abgegeben. Hingegen erwartet im Schnitt etwa ein Drittel der Aufbereiter steigende Preise für die Entsorgung von Altstoffen.

In ihrer Analyse der Auswirkungen des EEG 2017 auf die abfallwirtschaftliche Praxis führen Thomas Raussen und Jana Wagner (Witzenhausen-Institut, Witzenhausen) an, dass selbst der Höchstwert aus dem neuen Gesetz noch deutlich unter dem bisher erzielbaren Vergütungssatz liegt. Die Nachfrage dürfte daher in den nächsten Jahren eher mäßig sein: Der Großteil der Betreiber wird so lange wie möglich im jeweiligen EEG-Status bleiben. Zudem gilt es zu bedenken, dass die neuen Ausschreibungsverfahren hohe finanzielle Vorleistungen für Planung, Genehmigungen und Gutachten erfordern. Dazu müssen Kalkulation und teilweise Umsetzung bereits erfolgt sein, bevor der Zuschlag erteilt wird, wodurch ein hohes Risiko in Kauf zu nehmen ist. Zudem wird den Bietern ein immenser Zeitdruck auferlegt, um nach der Zuschlagserteilung die einzelnen Bauabschnitte mit den entsprechend fälligen Genehmigungen zu realisieren. Die Zeitspanne zwischen Baubeginn und erster Stromproduktion wird auf maximal 18 Monate veranschlagt, wobei nach zwei Jahren der Zuschlag in Gänze erlischt. Fällt die Bauzeit in zwei harte Winter, können sich die Arbeiten zusätzlich verzögern.

Die Politik ist unberechenbar

Wie sich diese Vorgaben in der Praxis auswirken und die Entwicklung des Marktes beeinflussen, kann auch Georg Reuss – markterfahrener Seniorchef eines Transport-, Holzhandels- und Energieholz-Unternehmens – nicht vorhersagen. Aber er ist überzeugt, dass die Umweltauflagen und -vorgaben den Aufbereitungsfirmen die Arbeit nicht gerade erleichtert. So fielen jüngst für sein Unternehmen aufgrund zusätzlicher neuer Auflagen zur Materiallagerung Mehraufwand und Mehrkosten an – für eine Jahreskapazität von 15.000 Tonnen entstanden Investitionskosten in Höhe von 350.000 Euro. Doch er glaubt nicht daran, dass sein Unternehmen nun auf dem sicheren Weg ist und für ein paar Jahre Ruhe herrscht. Die Politik werde keine zehn Jahre Zeit lassen, und das investierte Geld könne innerhalb von drei Jahren nicht verdient werden; dann werde einem die Politik wieder einen Knüppel zwischen die Beine werfen. Reuss` Fazit: „Die Politik ist unberechenbar und hat viel Geld gekostet.“ Doch sein Rat lautet: „Nur nicht den Mut verlieren.“

Die Beiträge von Daniel Hölder, Georg Reuss, Dirk Briese sowie Thomas Raussen / Jana Wagner sind nachzulesen unter Bio- und Sekundärrohstoffverwertung XII, hrsg. Klaus Wiemer, Michael Kern, Thomas Rausssen, Witzenhausen 2017, ISBN 3-928673-74-2

Foto: O. Kürth

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