Recycling hat Vorrang – auch bei Teppichen

Zum 1. Juni 2017 wurde die Heizwertklausel aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz gestrichen und die Gleichstellung der Verbrennung mit dem Recycling beendet. Das betrifft auch die Teppichbodenindustrie.

Bislang wurde die Verbrennung von Wertstoffen mit dem Recycling gleichgesetzt, wenn der Heizwert mindestens 11.000 Kilojoule pro Kilogramm betrug. Mit dem Ende der Heizwertklausel müsse es auch ein Ende damit haben, Teppichböden zu verbrennen, meint die Deutschen Umwelthilfe (DUH). Und fordert den Aufbau eines Recyclingsystem und die Übernahme von Produktverantwortung für Teppichböden.

Nach Einschätzung der DUH war die „Heizwertklausel“ ein politisches Geschenk an die deutschen Abfallverbrenner, die Material für ihre Verfeuerungsöfen benötigten – mit negativen Auswirkungen für die Umwelt. Ein ökologischer Vorteil dieser Ausnahmeregelung konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden. Über Jahre hinweg seien dadurch hunderttausende Tonnen werthaltige Abfälle sinnlos verbrannt worden: Rund 400.000 Tonnen Teppichböden wurden jährlich thermisch verwertet.

Die Voraussetzungen sind gegeben

Laut DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch müssen Abfallerzeuger und -besitzer den Umweltvorteil der Verfeuerung gegenüber dem Recycling eindeutig nachweisen. Das gelte jetzt auch für Teppichböden. Denn weiterhin verhalte sich die Teppichbodenindustrie so, als ob sie mit der Entsorgung ihrer Produkte nichts zu tun hätte. „Es gibt kaum recyclingfähige Produkte, keine funktionierenden Rücknahmesysteme für ein Recycling und die Verbrennung wird einfach hingenommen. Dieses Verhalten ist mehr als bedenklich“, kritisiert hier Thomas Fischer, Leiter DUH-Kreislaufwirtschaft. „Denn inzwischen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Unternehmen aller Branchen ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten. Wenn sich jede Branche so verhalten würde wie die Teppichbodenindustrie, dann gäbe es nur noch eine Wegwerfgesellschaft auf Pump und Kosten künftiger Generationen.“ Für Fischer ist die Separatsammlung von Teppichböden realisierbar. Die technischen und strukturellen Voraussetzungen zur Wiederverwendung und zum Recycling seien gegeben. Einzelne Hersteller hätten bereits leicht trennbare und gut recyclingfähige Garne und Teppichrücken entwickelt. So das Unternehmen Desso, das im letzten Jahr für seine Teppichfliesen mit der „Cradle-to-Cradle-Gold-Zertifizierung“ ausgezeichnet wurde. Im Rahmen seiner Restart-Initiative nimmt Desso alte Teppiche zurück und trennt mithilfe des sogenannten Refinity-Verfahrens die obere Schicht aus dem Teppichrücken. Das auf diese Weise gewonnene Material geht anschließend an das Unternehmen Aquafil zur Herstellung neuer Garne.

Die Hersteller in die Pflicht nehmen

Die stoffliche Verwertung sei demnach kein Luftschloss und die Industrie in der Lage, die gesetzlich festgelegte Abfallhierarchie umzusetzen. Thomas Fischer: „Bisher tragen die Kommunen die Kosten für die Entsorgung, da fast alle alten Teppichböden auf den kommunalen Wertstoffhöfen abgegeben werden. Es kann nicht dabei bleiben, dass die Verantwortung zur Entsorgung von Teppichböden auf die Kommunen abgewälzt wird. Wegen Überkapazitäten kommunaler Abfallverbrennungsanlagen würden die meisten Teppichböden zudem weiter verfeuert. Die Hersteller müssen endlich Verantwortung übernehmen und sich selbst um das Recycling ihrer Produkte kümmern.“ Damit das auch wirklich passiert, sollte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks das Prinzip der Produktverantwortung für Teppichböden einführen. Die Hersteller sollten die Kosten für die Entsorgung ihrer Produkte selber tragen. Abfallvermeidung und -verwertung könnten dadurch bereits beim Design der Waren mitgedacht werden. Wesentliche Instrumente der Produktverantwortung seien Vorgaben zum Ökodesign und zur Rücknahme der Produkte sowie die Festlegung von Verwertungsanforderungen.

UK am fortschrittlichsten

Andere Länder sind beim Recycling von Teppichböden schon weiter. Am fortschrittlichsten zeigt sich im europäischen Vergleich die Entwicklung im Vereinigten Königreich. In den letzten Jahren hat sich hier einiges getan, wie die Organisation Carpet Recycling UK berichtet. Jedes Jahr fallen im Vereinigten Königreich durchschnittlich 400.000 Tonnen Teppichböden an: 2014 wurden rund 113.000 Tonnen, im Jahr darauf 125.000 Tonnen und 2016 bereits 142.000 Tonnen wiederverwertet und nicht mehr deponiert. Im konstanten Verhältnis 65:35 Prozent erhöhten sich die Mengen, die in Waste-to-Energy-Anlagen von 73.000 Tonnen in 2014 auf 81.000 Tonnen in 2016 zunahmen. Etwa 40.000 Tonnen wurden in 2014 recycelt – das heißt Faser- und Kunststoffanteile für neue Textilprodukte rückgewonnen. 2016 waren es den Angaben nach 44.000 Tonnen. Erfolg verspricht außerdem die Initiative des britischen Herstellers von Vinylböden, Recofloor: In 2015 führte das Unternehmen 500.000 Tonnen Vinylböden dem Recycling zu.

Auch die USA können stoffliche Verwertungsraten bei Teppichböden vorweisen. So verbucht der Jahresreport 2013 der Organisation Carpet America Recovery Effort (CARE) gegenüber 2012 einen Anstieg der Sammelmengen um 52 Prozent. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor. Rund 3,7 Milliarden Pfund (1 Pfund = 454 Gramm) Teppichböden fielen damals landesweit an. Davon wurden den Angaben nach 534 Millionen Pfund (14 Prozent) stofflich und energetisch verwertet. Der Rest landete wie üblich auf Deponien. Die Recyclingquote von Fasern und Kunststoffanteilen lag bei 28 Prozent.

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(EU-Recycling 07/2017, Seite 11)