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Auch dort sparen, wo man es nicht vermutet – Betriebskostenreduktion in der Recyclingbranche

Die deutsche Entsorgungs- und Recyclingbranche muss um ihre Position in den nationalen und internationalen Beschaffungs- und Absatzmärkten kämpfen. Insbesondere gilt es, beim Preisvergleich mit der Konkurrenz mitzuhalten. Dazu kann den Unternehmen eine klare Kalkulation ihrer Kosten helfen. Hier gibt es noch merkliche Einsparpotenziale, erklärte der selbstständige Unternehmensberater Carsten Lange auf der Recycling-Technik in Dortmund.

Längst bevor der Kauf von Maschinen getätigt wird, sollte sich das Unternehmen über deren Verwendung Gedanken machen. So werden beispielsweise Bagger mit verschiedener Ausleger-Reichweite und entsprechendem Maschinengewicht angeboten. Je nach Hersteller sind die weiterreichenden Ausleger gegenüber dem Basismodell um 10.000 bis 20.000 Euro teurer und fünf bis zehn Prozent schwerer. Das bedeutet pro Betriebsstunde ein bis zwei Euro Wertverlust und einen bis zwei Liter erhöhten Kraftstoffverbrauch.

Rechnet sich diese Mehrinvestition? Ähnlich grundsätzliche Fragen tauchen bei der Anschaffung von Transportfahrzeugen auf. Zwar kann ein Dreiachs-Lkw mit zwei hinteren Antriebsachsen (6×4) schwieriges Gelände wie Baustellen und Deponien problemlos befahren. Doch bietet ein Dreiachser mit nur einer hinteren Antriebsachse (6×2) Vorteile durch ein inzwischen zum Standard gewordenes Fahrgestell, durch geringeren Reifenabrieb bei eingesetzter Liftfunktion und durch Kraftstoffersparnis, die sich bei zurückgelegten 40.000 Kilometern im Jahr auf 2.000 Liter summieren kann.

Nicht nur auf den Anschaffungspreis achten

Generell sollte bei der Anschaffung neuer Maschinen mit spitzer Feder gerechnet werden. Denn nicht immer ist der niedrigste Anschaffungspreis auch die kostengünstigste Lösung. So kann beispielsweise ein Händler A ein Aggregat für 78.000 Euro anbieten, das einen Restwert von 28.000 Euro besitzt. Daraus ergibt sich ein Wertverlust von 50.000 Euro. Der monatliche Service beläuft sich auf 450 Euro und damit auf 32.400 Euro für 72 Monate. In Summe aus Wertverlust und Service kostet den Unternehmer der Lkw 82.400 Euro. Händler B will zwar für sein Gerät 90.000 Euro; es stellt aber einen Restwert von 38.000 Euro dar. Neben einem Wertverlust von 52.000 Euro errechnen sich aus monatlichen 300 Euro Servicekosten 21.600 Euro, insgesamt also Laufzeitkosten von 73.600 Euro und damit 8.800 Euro günstiger als Händler A. Carsten Lange rät, neben Anwendungsspezifikation und Langzeitkosten auch darauf zu achten, welche Details in den Wartungsverträgen festgelegt sind, welche Garantie- und Gewährleistungen vorgesehen werden und welche Preise für Austauschteile verlangt werden. Kostenfallen stecken aber noch wesentlich tiefer im Detail. Das zeigt beispielhaft der Vergleich von Baggern mit Diesel- beziehungsweise Elektroantrieb. So liegt hinsichtlich Energie- und Servicekosten der E-Bagger deutlich vorne: Wartungskosten von 2,50 anstatt 5 Euro pro Stunde und ein Energiebedarf von 13 statt 17 Euro pro Stunde summieren sich auf 31.000 Euro jährlich für den E-Bagger, während für das Diesel-Modell 44.000 Euro im Jahr zu Buche schlagen. Hinzu kommen bei der Elektro-Ausführung längere Nutzungsdauer nach Plan, höhere Lebensdauer von Motor und Pumpe, geringere Schadanfälligkeit, weniger Lärm und der Wegfall von Betankungszeiten.

Economy statt Power-Modus

Dennoch lassen sich auch beim Diesel-Bagger Kosten sparen: durch kurzfristiges Abschalten der Maschine, wenn der Fahrer den Bagger verlassen hat. Zwar müssen für die zusätzliche Abschalt-Möglichkeit rund 700 bis 800 Euro aufgebracht werden. Doch dadurch werden – je eingesparter „Standby-Betriebsstunde“ – fünf bis sieben Liter Dieselverbrauch, drei bis fünf Euro Servicekosten und rund zehn Euro Wertverlust vermieden, also rund 20 Euro eingespart. Eine ähnliche Kostenreduzierung bietet der Economy-Modus bei Baggern. Er erbringt 95 Prozent Leistung bei 85 Prozent Kraftstoffbedarf im Unterschied zum Power-Modus mit 100-prozentiger Leistung und 100 Prozent Kraftstoffbedarf. Die kaum spürbare Leistungsminderung wird durch eine Kraftstoffersparnis von zwei Litern pro Betriebsstunde ausgeglichen, die sich bei 10.000 Betriebsstunden in 20.000 Euro Ersparnis ausdrückt. Einsparpotenzial besteht auch bei Schrottpressen und Schrottscheren dort, wo es zunächst niemand vermutet: beim Hydrauliköl. Die Aggregate benötigen ein Öltankvolumen von bis zu 10.000 Litern, die nach Hersteller-Empfehlung alle vier Jahre gewechselt werden sollten. Die Kosten dafür belaufen sich bei zwei Euro pro Liter auf mindestens 20.000 Euro. Abhilfe könnte eine Bypass-Filtration durch Investition in Höhe von 5.000 bis 7.000 Euro bringen. Der Zusatzfilter verlängert den Ölwechsel-Zyklus entscheidend: Aus der Praxis sind ununterbrochene Nutzungszeiten von zehn Jahren bekannt, sodass sich die Installation der zusätzlichen Filtrieranlage bereits mit einem eingesparten Ölwechsel amortisiert hat. Zusätzlich reduziert sich der Verschleiß an Pumpen und Ventilen im Haupthydrauliksystem. Und auch hier lassen sich durch die Auswahl geregelter anstelle ungeregelter Pumpen Kostenvorteile erreichen. Zwar ist die Anschaffung geregelter Pumpen etwas teurer. Doch dafür vermeiden sie Stromspitzen, können dadurch im Jahr zu erheblichen Einsparungen bei den Netzkosten führen und eröffnen Vergünstigungen beim Strombezug.

Mit klaren und günstigen Kosten

Die Kalkulation von Kostenersparnissen bietet sich sogar dort an, wo man sie weder sieht noch vermutet: bei Blindstrom beziehungsweise Blindleistung. Blindleistung entsteht bei großen elektrischen Verbrauchern, wie zum Beispiel E-Motoren mit einem Magnetfeld. Sie sorgt bei Stromnetz- und Kraftwerksbetreibern für einen Zusatzaufwand, der messbar ist, auch wenn er beim stromverbrauchenden Unternehmen keine Leistung erbringt. Dieser Mehrverbrauch wird bei Überschreitung einer Freigrenze dem Unternehmen in Rechnung gestellt. Spezielle Kompensationsanlagen können diese Ausgaben stoppen und sich bereits meist innerhalb eines Jahres refinanzieren.

Carsten Lange bilanziert: „Die Branchen Entsorgung und Recycling durchlaufen aktuell einen Veränderungsprozess. Die Absatzmärkte sind stark begrenzt. Und nur Betriebe mit klaren und günstigen Kosten werden diesen Prozess gestärkt überstehen.“

Foto: O. Kürth

(EU-Recycling 07/2017, Seite 14)

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