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Abfallwirtschaft in Polen: Die Ansprüche wachsen

Strengere Umweltauflagen zwingen Polen zu weiteren Investitionen in die Abfallwirtschaft. Wenn auch die EU-Vorgaben höhere Recyclingquoten vorsehen, so sind in Städten und Gemeinden doch Anlagen zur Energiegewinnung aus Abfällen gefragt. Kommunale Abfälle gehen zunehmend in die Verbrennung.

Die Ansprüche an Polens Abfallwirtschaft wachsen: Immer strengere Umweltauflagen seitens der Europä­ischen Union erfordern Investitionen. Nach Angaben des nationalen Statistischen Hauptamtes GUS betrugen die Aufwendungen der Branche (Kleinbetriebe ausgenommen) einschließlich Wiedergewinnung von Rohstoffen im letzten Jahr 814,9 Millionen Zloty (186,8 Millionen Euro). 2015 waren es noch 1.591,0 Millionen Zloty (380,2 Millionen Euro). Hier wirkten sich die insgesamt rückläufigen Investitionen sowie die nur zögerlich fließenden EU-Mittel aus.

Abfalltrennung nimmt zu

Die Anzahl der begonnenen Projekte in der Abfallwirtschaft stieg 2016 auf 450 (2015: 366), sodass mit einer Belebung der Investitionstätigkeit zu rechnen ist. Die Branchenfirmen investierten im Jahr zuvor 2.795,7 Millionen Zloty. Die Umsätze der Abfallwirtschaft einschließlich Wiedergewinnung von Rohstoffen betrugen 2016 laut GUS 14.176 Millionen Zloty (ohne Kleinbetriebe). Das entspricht einem realen Zuwachs gegenüber dem Vorjahr um 2,7 Prozent (13.609 Millionen Zloty). Den Wert des Marktes für Siedlungsabfall 2015 veranschlagen Branchenkenner auf 4,8 Milliarden Zloty. Ende 2015 waren in Polen insgesamt 1.681,4 Millionen Tonnen Abfälle deponiert. Im Laufe des Jahres entstanden 141,8 Millionen Tonnen Abfälle, darunter 131,0 Millionen Tonnen nicht kommunaler Abfälle. Der Bergbau und die Gewinnung von Rohstoffen produzierten 2015 rund 53 Prozent der gesamten Abfälle, das verarbeitende Gewerbe 21 und die Stromerzeugung/-versorgung 16 Prozent.

Das kommunale Abfallaufkommen betrug 2015 den GUS-Angaben zufolge 10,9 Millionen Tonnen – pro Kopf 282 Kilogramm (2014: 268 Kilogramm). Den größten Anteil an der Entsorgung hatte mit 44 Prozent die Ablagerung auf Deponien. Die Quote sinkt allerdings. Dem Recycling zugeführt wurden 26 Prozent der Abfälle (2,867 Millionen Tonnen), 16 Prozent wurden biologisch behandelt und 13 Prozent verbrannt. Nachdem 2015 die biologische Behandlung deutlich zugenommen hatte, dürfte 2016 die Verbrennung aufgrund der Inbetriebnahme mehrerer Müllverbrennungsanlagen (MVA) expandiert sein. Der Anteil des ohne Trennung eingesammelten Abfalls war 2015 mit 76,6 Prozent immer noch sehr hoch; die Abfalltrennung in Privathaushalten nimmt aber deutlich zu.

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Wo Handlungsbedarf besteht

Sechs MVA sind bereits in Warschau, Krakow (Krakau), Bydgoszcz (Bromberg), Konin, Bialystok und Poznan (Posen) in Betrieb. Die Übergabe der Anlagen in Szczecin (Stettin) durch die italienische Tm.E. S.p.A. Termomeccanica Ecologia (www.tme.termomeccanica.com [2]) verzögert sich bis voraussichtlich November 2017. Zwischen Gdansk und Kolbudy ist die MVA „Port Czystej Energii“ (www.portczystejenergii.pl [3]) geplant, die Strom und Wärme erzeugen wird. Der Baubeginn ist für 2018/19 vorgesehen und die Übergabe 2020. Jährlich sollen dort 160.000 Tonnen Siedlungsabfall aus Gdansk und Umgebung verbrannt werden. Weitere MVA können noch hinzukommen. Dabei spielt die Gewinnung von Energie eine wichtige Rolle. Zur Finanzierung werden oft EU-Mittel verwendet. Public-Private Partnerships (PPP) sind möglich. Für deutsche und europäische Unternehmen ergeben sich Chancen nicht nur für die Zulieferung von Ausrüstungen für MVA, sondern auch für Recycling- und andere Anlagen zur Abfallbehandlung. Eine weitere Finanzierungsquelle ist der Nationale Fonds für Umweltschutz und Wasserwirtschaft NFOSiGW. Ende 2015 waren noch 347 (2014: 394) legale Deponien mit einer Gesamtfläche von 1.859,8 Hektar in Betrieb. Im Jahresverlauf wurden 74 Halden mit einer Gesamtfläche von 246,2 Hektar stillgelegt, darunter 92,9 Hektar rekultiviert. Die Anzahl der Deponien muss noch weiter reduziert werden, da Polen ab 2021 gemäß EU-Vorgaben nur noch 35 Prozent des Siedlungsabfalls deponieren darf. Dieses Ziel scheint mit dem statistisch erfassten Abfall erreichbar. Allerdings schätzen Branchenkenner, dass weiter große, nicht erfasste Abfallmengen illegal abgekippt werden.

Weiterer Handlungsbedarf besteht unter anderem bei der Wiederverwertung von Elektro(nik)altgeräten. Im Jahr 2015 wurden 526.914 Tonnen neue Geräte auf den polnischen Markt gebracht. Gleichzeitig wurden aber nur 199.161 Tonnen ausrangierte Geräte eingesammelt, um sie einer Abfallverwertung zuzuführen. Diese stammten mit 189.382 Tonnen fast ausschließlich von Privathaushalten. Im Inland wurden 168.943 Tonnen Altgeräte verarbeitet; einem Recyclingprozess zugeführt wurden 138.262 Tonnen.

Mindestens die Hälfte recyceln

Von den rund fünf Millionen Tonnen an Verpackungsabfällen, für die in Polen eine Recyclingpflicht bestand, wurden 2015 laut GUS 57,9 Prozent recycelt. Auf den Markt gebracht wurden insgesamt knapp über 5 Millionen Tonnen Verpackungen, 3,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Gemeinden sind verpflichtet, bis 2020 dafür zu sorgen, dass mindestens die Hälfte der Glas-, Metall-, Papier- und Kunststoffabfälle dem Recycling zugeführt werden. Noch besonders groß ist der Nachholbedarf bei Verpackungen aus Kunststoffen; einen kräftigen Zuwachs verzeichneten 2015 solche aus Stahl und Blech.

Seit dem 1. Juli 2017 gibt es in Polen einheitlich vier Abfalltonnen: blau für Papier und Pappe, braun für Kompost, gelb für Metalle und Kunststoffe, grün für Glas. Eventuell kommt noch eine fünfte Tonne für Weißglas hinzu. Die Gemeinden haben aber bis zum 30. Juni 2021 Zeit, diese Tonnen auch tatsächlich aufzustellen, abhängig von der Dauer ihrer Verträge mit Stadtreinigungsbetrieben. Ab dem 1. Juli 2018 müssen alle Abfallverarbeitungsanlagen, zu denen die Betriebe den von ihnen eingesammelten Gemeindeabfall kostenpflichtig zu bringen haben, den Status einer „Regionalen Anlage zur Behandlung Kommunaler Abfälle“ (RIPOK) haben, an die höhere Anforderungen gestellt werden. Eine Verordnung ist in Vorbereitung, wonach medizinische Abfälle von Krankenhäusern „unschädlich“ zu machen sind, wie es heißt. Die EU stellt Polen in ihrem Sektorprogramm „Innowacyjny Recykling“ 2014 bis 2020 insgesamt 90 Millionen Zloty für die Entwicklung neuer Lösungen bereit.

Internationale Firmen stark vertreten

Die beiden Marktführer sind Remondis (www.remondis.pl [4]) und Sita Polska (www.sitapolska.pl [5]). Eine starke Stellung in Polen hat auch die deutsche Alba Gruppe (www.alba.com.pl [6]) mit mehreren Firmen im Land. Vor allem mit Abfallverarbeitung und Wiedergewinnung von Rohstoffen befassen sich Eneris Surowce (Rohstoffe) und Eneris Recycling (www.grupa-eneris.pl [7]), Stena Recycling (www.stenarecycling.pl [8]) aus Schweden, die deutsche Gruppe Tönsmeier (www.toensmeier.pl [9]), die polnische Elemental Holding (www.elemental.biz [10]) und andere. Altglas verwertet zum Beispiel die Krynicki Recykling S.A. (www.krynicki.pl [11]) und neue Technologien zur Abfallbehandlung entwickelt die Stettiner F&E-Abteilung der Bioelektra Group (www.bioelektra.pl).

MVA-Technik stellen in Polen unter anderem Rafako (www.rafako.com.pl [12]), Winderickx (www.winderickx.pl [13]) und Energetyka i Recycling Odpadow (www.ero.biz.pl [14]) her. Sortieranlagen produzieren beispielsweise Horstmann (www.horstmann.pl [15]), Roczniak Recycling System (https://roczniak.pl [16]), Sutco Polska (www.sutco.pl [17]) und Falubaz (www.falubaz.com.pl [18]), Pressen Stalco (www.stalco.com.pl [19]), Avermann (www.avermann.pl [20]), ARTechnic (www.artechnic.pl [21]), HSM Polska (www.hsmpolska.com [22]), Inter-Hydro (www.inter-hydro.pl [23]), Pressor Polska (www.pressor.pl [24]) und Orwak (www.tomraorwak.pl). Abfallbehälter und -container liefert Sulo (http://sulo.pl).

Seit dem 1. Januar 2017 dürfen die Gemeinden in Polen unabhängig von ihnen kontrollierten Müllabfuhrbetrieben Aufträge erteilen, ohne Berücksichtigung der Vorschriften für öffentliche Aufträge. Generell folgt jedoch die Ausschreibungspraxis für Bauarbeiten, Dienstleistungen und Lieferungen den Richtlinien der Europäischen Union. Zuständig ist das Amt Urzad Zamowien Publicznych (UZP, www.uzp.gov.pl [25]). Besondere Hürden für deutsche und europäische Unternehmen existieren nicht.

Verfasserin: Beatrice Repetzki, Quelle: Germany Trade & Invest

Foto: pixabay

(EU-Recycling 07/2017, Seite 18)