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Innovative Trenntechnologie für das Recycling artfremder Textilverbünde

Viele textile Güter, zum Beispiel Textillaminate, bestehen aus artfremden, fest miteinander verbundenen Materialien, die kaum recycelt werden. Grund dafür ist, dass sich die Verbünde technologisch nicht auftrennen lassen oder eine Auftrennung nicht wirtschaftlich ist, um die Verbundbestandteile sortenrein dem Recyclingprozess zuzuführen.

Ein Forschungskonsortium hat sich im Rahmen eines durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts zum Ziel gesetzt, die Mengen nicht wiederverwertbarer vermischter Textilabfälle zu reduzieren. So fallen allein in Form von Polyester-Baumwoll-Gemischen weltweit jährlich circa 15 Millionen Tonnen Abfall an. Zumindest ein größerer Teil dieser Mischabfälle soll mithilfe der neuen Trenntechnologie der Kreislaufwirtschaft zugänglich gemacht werden. Basis für das Auftrennen der Verbünde ist ein neuartiges Mikrokapselsystem. Dabei befinden sich die Mikrokapseln im Bereich der Fügestelle. Erst beim Recycler werden die polaren Kapseln durch gezielte Mikrowellenbestrahlung aktiviert und bewirken dabei durch Freisetzung eines Lösungsmittels die Schwächung des Verbundes. Während der Nutzungsphase sollen Gebrauchseigenschaften des Textilverbunds wie chemische und thermische Beständigkeit durch die Mikrokapseln nicht beeinträchtigt werden. Einsatzgebiete des Trennmechanismus sollen sowohl flächig als auch durch Naht miteinander verbundene Textilien werden. Denkbar ist, dass großflächige Textilien wie Lkw-Planen, die überwiegend aus PVC-beschichteten Leinengeweben bestehen, leichter voneinander getrennt werden können, wenn die Zwischenschicht die aktivierbaren Mikrokapseln enthält.

Im Rahmen des Projekts sollen die Kapseln in ein Nähgarn aus Polyester eingearbeitet werden, mit dem die artfremden Textilien miteinander vernäht werden. Zunächst werden geeignete Mikrokapselsysteme mit der patentierten MJR-Technologie durch die MJR PharmJet GmbH im Gegenstromverfahren hergestellt. Die schonende Einarbeitung der Kapselsysteme in ein Kunststoff-Masterbatch erfolgt durch die Firma Opti-Polymers GmbH, die im Bereich der schonenden Einarbeitung von scher- und temperaturempfindlichen Zusatzstoffen Expertise besitzt. Im Anschluss werden am Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen (ITA) Multifilamente als Nähgarn-Grundlage im Schmelzspinnverfahren gesponnen. Die Firma Amann & Söhne GmbH & Co. KG verarbeitet die angepassten Filamente zum eigentlichen Nähgarn.

Bei allen Verarbeitungsstufen besteht die Herausforderung darin, die bestehenden Prozesse speziell auf die Mikrokapseln anzupassen, um diese nicht zu beschädigen. Weiterhin werden im Forschungsvorhaben konkrete Konzepte für ein Upscaling und für die Integration der Technologie in den realen Recyclingkreislauf evaluiert. Für die Großserie wird ein Kilogrammpreis von 20 Euro für die Mikrokapseln angestrebt. Mit einem Kilogramm der Kapseln können 50 Kilogramm Nähgarn modifiziert werden. Wird modifiziertes Nähgarn zum Fügen von textilen Flächen verwendet, so sind die zusätzlichen Kosten durch das Mikrokapselsystem marginal. Die innovative Recyclingtechnologie soll einen technologischen Vorsprung schaffen, mit dem Produkthersteller und Recycler schneller auf sich zukünftig verschärfende Gesetze im Bereich des textilen Recyclings reagieren können.

www.ita.rwth-aachen.de [1]

Photo: pixabay

(EU-Recycling 08/2017, Seite 36)