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Brandgefährlich: Effektiver Brandschutz in der Abfallwirtschaft

In den letzten Jahren haben sich die Anforderungen an Brandmeldeanlagen erhöht. Was sich bei der Auswahl geeigneter Löschtechniken empfiehlt: Die Versicherung mit einzubeziehen.

Die Brände in der deutschen Entsorgung- und Recyclingindustrie mögen nur vereinzelt vorkommen; die möglichen Brandursachen sind hingegen immer die gleichen: Selbstentzündungen, Kurzschlüsse, heiß gelaufene Maschinenteile, Wärmeaustritte infolge biologischer oder chemischer Reaktionen, Sonneneinstrahlung oder Blitzeinschlag. Ihr Vorkommen hängt von der Abfallart beziehungsweise deren vorwiegender Behandlung ab. Organische Materialien entzünden sich leichter selbst als Kunststoffe. In Sortieranlagen und bei Förderbändern ist das Heißlaufen häufigste Brandursache. Und dort, wo Abfälle sortiert oder zerkleinert werden, ist die Gefahr thermischer Reaktionen besonders hoch, wenn beispielsweise Akkumulatoren oder Spraydosen in den Shredder geraten. Am häufigsten entstehen Brände nach Darstellung des Versicherers HDI Global SE bei der Entsorgung in Anlieferungs- und anderen Bunkern zur Lagerung sowie beim Recycling im Bereich von Shreddern und Sperrmüll-Zerkleinerern. Erhöhtes Brandpotenzial stellen aber auch hydraulische Anlagen, Abgasreinigungen und elektrische Anlagen dar.

Vorgaben für Bau, Organisation, Anlagentechnik

Der betriebliche Brandschutz unterliegt einer Reihe von Richtlinien und Verordnungen, setzt sich als geschlossenes Brandschutzkonzept jedoch aus einer baulichen, einer organisatorischen und einer anlagentechnischen Komponente zusammen. Baulichen Vorgaben unterliegen Gebäude, Nachbargebäude, Abstandsflächen und Rettungswege, um bestimmte Anforderungen an Feuerwiderstand und Brandverhalten zu erfüllen. Darunter fallen auch die umgangssprachlich so genannten Brandschutztüren, die bauordnungsrechtlich in dicht schließende Türen, Rauchschutztüren, Feuerschutztüren, Fahrschachttüren und „automatische Schiebetüren in Rettungswegen“ unterteilt sind; Vorschriften legen detailliert deren Planung, Einbau und Betrieb fest.

Die Vorgaben für den organisatorischen Brandschutz betreffen die Mitarbeiter, die hinsichtlich Wartung der Schutzanlagen, Brand-Verhütung, -Meldung und -Bekämpfung sowie Personenrettung informiert und geschult sein sollten, um beim Ausbruch von Feuer jederzeit möglichst frühzeitig eingreifen zu können. Brandschutzeinrichtungen zur Brandmeldung und Brandbekämpfung ergeben sich in anlagentechnischer Hinsicht meist aus Genehmigungsauflagen, Brandschutzkonzepten oder versicherungstechnischen Auflagen. In der Praxis besteht der anlagentechnische Brandschutz im Wesentlichen aus einer automatischen Brandmelde-Installation und einer Löschanlage mit Pumpen, Schläuchen, Löschwasserzugang oder chemischem Feuerlöscher. Allerdings haben sich im Laufe der letzten Jahre die Anforderungen an die Anlagentechnik Stück für Stück erhöht: Der Geschwindigkeit, mit der sich mittlerweile Brände ausbreiten und erkannt werden sollten, werden übliche Brandmeldeanlagen nicht mehr gerecht. Selbst die Befolgung der Richtlinien VdS 2515 Abfallverbrennungsanlagen und VdS 2517 zu Sortierung, Aufbereitung und Lagerung von Siedlungsabfällen und brennbaren Sekundärrohstoffen bietet keine Gewähr für adäquate Gefahrenerkennung. Hier sollten auf den Betrieb zugeschnittene Lösungen vom Fachmann gesucht werden.

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Brandmelder: Nicht für alles geeignet

Brandmelder sind dazu da, das zu erledigen, was ihr Name verspricht: einen Brand zu melden. Die Steuerung der anschließenden Löschroutinen gehört in der Regel nicht zu ihren Aufgaben. Die Meldesysteme reagieren in Form eines Rauch-Ansaugsystems, eines optischen Linienmelders oder eines Rauchmelders auf Rauch. Andere Detektoren machen auf Flammen oder Funken aufmerksam; der dritte Typ zeigt – ebenso wie die Infrarot-Thermografie – eine auffällige Wärmeentwicklung an. Doch nicht alle Detektorsysteme eignen sich für den Einsatz im Entsorgungs- und Recyclingsektor. So sind Funkenmelder nur in geschlossenen Anlagenteilen empfehlenswert. Rauchansaugsysteme und optische linienförmige Rauchmelder für größere Flächen und Flammenmelder für kleinere Bereiche finden üblicherweise Anwendung in Lagerboxen oder -hallen; auch ist eine Kombination aus Flammenmelder und Rauchansaugsystem denkbar.

Der Einsatz wasserbasierter Löschmittel ist dabei grundsätzlich dem von Pulver, Inertgasen oder Systemen, die dem Feuer den Sauerstoff entziehen, vorzuziehen. Für die Löschung stehen zwei Alternativen zur Disposition. Bei Version 1 kann das Wasser in den zu löschenden Arealen flächendeckend über Düsen verteilt werden mit dem Vorteil, dass sich der Brand nicht ausbreiten kann. Bei Version 2 erkennt eine moderne Thermotechnik frühzeitig die Brandquelle und setzt das Löschmittel gezielt per Wasserkanone auf dieser Stelle ein. Allerdings ist bei der zweiten Methode zu bedenken, dass beispielsweise bei Schüttgut ein in der Tiefe des Materials entzündeter Hot Spot zwar an der Oberfläche registriert wird, aber nicht ersichtlich ist, ob der Wasserstrahl die Wärmequelle auch erreicht und beseitigt. Schlimmstenfalls beseitigt das Löschmittel nur das Material oberhalb des Brandherdes und facht den Brand durch Zuzug von Luftsauerstoff noch zusätzlich an.

Sprühfluten, Sprinkeln und Schäumen

Technisch stehen zur automatischen Brandbekämpfung mehrere Anlagentypen zu Verfügung. Sprühflutanlagen mit oder ohne Zumischung von Schaummitteln haben den Vorteil, dass ihre Rohrleitungen leer sind und erst bei Alarmauslösung gefüllt werden, was Vereisungen bei Frost unterbindet; zudem können Brände in mehreren Sektionen des Lagerraums gleichzeitig bekämpft werden. In Sprinkleranlagen mit Schaumzumischung muss der Sprinklerkopf an der Decke eine bestimmte Auslösetemperatur erreichen, um auf einen Brandherd zu schließen: Da zwischen der Entzündungsquelle und dem Sprinklerkopf zunächst ein hoher Temperaturunterschied besteht und die Rohrleitungen nach Alarmauslösung erst von Druckluft oder Stickstoff entleert werden müssen, bevor Wasser ins Netz geleitet wird, kann es zu zeitlichen Verzögerungen kommen – ein deutlicher Nachteil insbesondere bei hochkalorischen Lagergütern.

Das Funktionsprinzip von Schwerschaumanlagen besteht darin, per wasserhaltigem Löschschaum in Schwer-, Mittel- und Leicht-Qualität das Lagergut vom Luftsauerstoff zu trennen und dadurch den Brand zu ersticken; aufgrund seiner höheren Dichte empfiehlt sich Schwerschaum für leicht entzündliche Materialien. Im Gegensatz zu den Schaumlösch-Einrichtungen, bei denen die Schaumblasen durch Einsatz von Brandgasen direkt an der installierten Düse erzeugt werden, verwenden Druckluft-Schaumanlagen Umgebungsluft oder technische Gase: Die Verschäumung von Wasser mit Löschmitteln zu Schaumblasen geschieht in einer externen Mischkammer; der Auswurf des Schaums erfolgt ohne Düsen und erfordert nur eine Verteilvorrichtung.

Gesucht: Technik für „schwere Betriebsarten“

Monitoranlagen mit Schaumzumischung zeichnen sich durch punktgenaues Löschen aus: über Entfernungen bis zu 60 Metern oder auf breiter Fläche. Auch unterscheiden sie automatisch, ob das zuständige Personal vorab alarmiert wird oder die Anlage sogleich in Aktion treten soll. Zur Installation von Zahl, Ort und Beschaffenheit von Wasserwerfern und Kameras sind genaueste Planungen sowie die Einhaltung von Richtlinien erforderlich. Für Monitoranlagen, die mit Druckluftschaum betrieben werden, spricht, dass der Schaum den Brand schneller erstickt als reines Wasser oder ein Wasser-Schaum-Gemisch – eine bestimmte Leistungsfähigkeit des Schaumwerfers vorausgesetzt. Die sogenannten Inside Air Foam Systeme überziehen das betreffende Lagergut mit Leichtschaum – mehrere Meter hoch und im Extremfall bis zu kompletten Füllung des Lagerraums, der über keine Öffnung verfügen darf, um den Wasser-Schaummittel-Austritt in die Umgebung zu unterbinden. Während hierbei Frischluft aus dem Außenbereich in die Löschmasse geblasen wird, verwenden Heißschaumsysteme zum Herstellung des Löschgemischs das entstehende Abgas: Es wird vom Sog des Löschmittel-Strahls angesaugt und zur Erzeugung von Löschschaum eingesetzt. Das Verfahren punktet durch weniger aufwändige Installationen, birgt aber Gefahren für Einsatzpersonal und Feuerwehr und ist für leicht entzündliche Lagergüter weniger geeignet.

Welcher Technologielösung im speziellen Fall Anwendung finden kann, sollte letztendlich der Entscheidung eines Fachplaners in Zusammenarbeit mit der Versicherung überlassen werden. Denn aus Sicht der Versicherungen fallen Verwertungsbetriebe aufgrund häufigerer und schwerwiegenderer Schäden durch Feuer oder Betriebsunterbrechungen unter die „schweren Betriebsarten“, deren Sicherheitstechnik beziehungsweise Brandschutz-Risiko in die Versicherungsprämie eingepreist werden. Nur mit dem geeigneten Löschkonzept lässt sich im Bedarfsfall verhindern, dass ein Brand den Betrieb für unüberschaubare Zeit stilllegt oder in den finanziellen Ruin treibt.

Dieser Artikel beruht auf dem Beitrag “Brandschutz in Recycling- und Abfallverwertungsanlagen“ in Recycling und Rohstoffe, Band 10, hrsg. Karl Thomé-Kozmiensky et al., Nietwerder 2017, ISBN: 978-3-944310-34-3

Foto: Kzenon / fotolia.com

(EU-Recycling 09/2017, Seite 26)