Abwassermanagement in Entwicklungsländern

Mangelndes sauberes Wasser, zunehmende Wasserknappheit und eine voranschreitende Urbanisierung machen eine effiziente Wassernutzung und Aufbereitung notwendig. In Entwicklungsländern geschieht dies bislang nur punktuell.

Noch immer werden in den ärmsten Ländern der Welt mehr als 90 Prozent des Abwassers unbehandelt in die Umwelt entlassen. Viele Menschen haben keinen Zugang zu Sanitäreinrichtungen und Siedlungsabwässer werden selten sicher behandelt. Der Wassersektor gehört zu den Kernsektoren der Entwicklungszusammenarbeit. Das nachhaltige Entwicklungsziel der internationale Gemeinschaft (Sustainable Development Goal, kurz: SDG) für diesen Bereich lautet: Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten (SDG 6). Im Jahr 2015 wurden 15 Milliarden US-Dollar offizieller Entwicklungsfinanzierung inklusive harter Kredite der Entwicklungsbanken für Aktivitäten im Wassersektor zugesagt.

Neben Wasserversorgung nimmt der Themenkomplex Sanitation, der Siedlungshygiene und Abwassermanagement umfasst, eine Schlüsselrolle ein. 2015 wurden für kombinierte Wasser und Sanitation-Vorhaben 4,3 Milliarden US-Dollar bewilligt, für reine Sanitation-Projekte 3,9 Milliarden US-Dollar. Indien, China und Kolumbien sind die Hauptempfängerländer. Aus Wasserprojekten, die die Weltbank als größter multilateraler Geber finanziert, wurden im Finanzjahr 2016 (Juli 2015 bis Juni 2016) 820 Verträge mit einem Gesamtwert von 2,3 Milliarden US-Dollar vergeben. Erfasst sind nur Verträge, die die Bank aufgrund besonderer Risiken oder hoher Vertragswerte vorab prüfte. Schwerpunktregionen waren auch hier Lateinamerika und Südasien.

Hilfsgelder allein reichen nicht

Um den Bedarf für Wasser- und Abwasserinfrastruktur zu decken und die Entwicklungsziele zu erreichen, reichen Entwicklungshilfegelder allein nicht aus. Gemäß Weltbank sind hierfür jährlich Investitionen in Höhe von 114 Milliarden US-Dollar notwendig. Dabei ist die Finanzierung oftmals die größte Herausforderung. Auf der diesjährigen Weltwasserwoche in Stockholm diskutierten Experten verschiedene Modelle. Ein Fazit war, dass neben öffentlicher Finanzierung private Investitionen notwendig sind und Konzepte sicherstellen müssen, von denen auch die ärmsten Bevölkerungsschichten profitieren. In der Gewinnung von Nebenprodukten im Rahmen der Wasseraufbereitung sieht der Weltwasserbericht großes Potenzial, um die Rentabilität zu steigern. Durch Energierückgewinnung kann der Aufbereitungsprozess energieneutral sein oder sogar zusätzliche Energie produzieren. Auch die Rückgewinnung von Phosphor und Stickstoff birgt Geschäftspotenzial.Ein wesentlicher Grund für ein unzureichendes und unwirtschaftliches Abwassermanagement liegt dem Weltwasserbericht zufolge an der mangelnden Umsetzung von regulatorischen Rahmenbedingungen. Die Verantwortung für Abwasserbewirtschaftung liegt meist auf kommunaler Ebene. Mitarbeiter sind oft nur unzureichend qualifiziert, und Betrieb und Wartungsarbeiten können nicht sachgerecht durchgeführt werden. Qualifizierung und Beratung der Versorgerbetriebe in wirtschaftlichen und fachlichen Belangen sind wichtige Aspekte für ein langfristig funktionierendes Abwassermanagement. Beratungsleistungen sind daher ein wesentlicher Bestandteil von geberfinanzierten Abwasserprojekten.

Welche Lösungen erforderlich sind

Die Rahmenbedingungen in Entwicklungs- und Schwellenländern erfordern angepasste planerische und technologische Lösungen. Ein Trend geht zu dezentralen Wasseraufbereitungssystemen, deren Investitionskosten laut UN-Wasserbericht um mehr als die Hälfte geringer sein können als bei konventionellen Anlagen. Sie kommen vor allem als Komponenten des Abwassermanagements für schnell wachsende urbane Gegenden zum Einsatz – auch als Interimslösung. Für ähnliche Situationen werden vermehrt auch Low-Cost-Kanalisationen gebaut, deren Rohre kleiner sind und weniger tief verlegt werden. In Brasilien ist dieser Kanalisationstyp bereits verbreitet, und die Kosten pro Nutzer sind nur halb so hoch wie die konventioneller Abwassersysteme.

Eine besondere Herausforderung bedeutet die Errichtung sachgerechter Sanitärsysteme in informellen Siedlungen und in Nothilfelagern. Hier werden immer mehr innovative, nicht vernetzte Lösungen umgesetzt. Ein Beispiel ist die Ausstattung von Haushalten mit Containern, in denen der Fäkalschlamm sicher eingeschlossen und zur Behandlung abtransportiert wird (container based sanitation). Ein weiterer Faktor, der die Planung städtischen Abwassermanagements beeinflusst, ist die klimabedingte Zunahme wetterbedingter Extremereignisse wie zum Beispiel Hochwasser. Hier ist der Aufbau einer risikomindernden Infrastruktur notwendig, um sanitären Krisen vorzubeugen.

Viele Aufträge im Bereich Abwasser werden von den örtlichen Behörden umgesetzt und ab bestimmten Schwellenwerten international ausgeschrieben. In Entwicklungsländern handelt es sich oft um geberfinanzierte Projekte. Germany Trade and Invest (www.gtai.de) erfasste und veröffentlichte 2016 rund 250 Projektfrühinformationen und 950 Meldungen zu Ausschreibungen für die Kategorie Abwasser. Die meisten Ausschreibungen betrafen die Ukraine, Argentinien und Brasilien. Deutsche Beratungsunternehmen und Lieferanten der Wasser-, Abwasser- sowie Kreislaufwirtschaft haben gute Chancen, ihre Leistungen und Produkte erfolgreich zu vermarkten.

Verfasserin: Dorothea Netz, Quelle: Germany Trade & Invest

Foto: pixabay

(EU-Recycling 11/2017, Seite 16)