Schrottmarktbericht: Starke Nachfrage

Im Berichtsmonat Oktober konnten die Verbraucher nicht die von ihnen am Monatsanfang angestrebten Preisreduzierungen durchsetzen. Letztendlich sanken die Schrottpreise um durchschnittlich 20 Euro pro Tonne. Bei guter Nachfrage, die allerdings durch die Auslieferung umfangreicher Nachlaufmengen aus dem September gedämpft war, beschrieb der Handel die Verhandlungen als zäh und schwierig. Die von den Werken ursprünglich gewünschten Abschläge waren für den Handel nicht akzeptabel. Zeitlich orientierten sich die Abschlüsse der einzelnen Werke im Inland an der Entwicklung der Tiefseepreise CFR Türkei.

Das erste Werk im Westen Deutschlands, das schon Ende September für den kommenden Monat den Markt mit geringen Zukaufmengen testete, senkte den Preis von einem allerdings hohen Vormonatsniveau um 11 Euro pro Tonne. Beflügelt vom Preisabsturz in der Türkei zum Monatswechsel signalisierte der nächste Abnehmer mit einem Abschlag von 40 Euro pro Tonne jedoch nur einen geringen Bedarf. Am 5. Oktober begannen sich die Preise im Tiefseemarkt leicht zu erholen und zu stabilisieren. Angesichts der guten Nachfrage der inländischen Werke sank die Verkaufsbereitschaft des Handels. Im Südwesten und Süden nahmen die Schrottverbraucher die Preise um 15 bis 25 Euro pro Tonne zurück. Im Osten fielen sie um 18 bis 20 Euro pro Tonne und im Norden und Nordwesten ebenfalls um 15 bis 25 Euro pro Tonne. Je später der Abschluss erfolgte, desto niedrigere Abschläge waren für die Käufer durchsetzbar. Nicht alle Werke konnten sich mit den gewünschten Mengen eindecken. Angesichts der positiven Auftragslage der Stahl- und Gießereiindustrie bis mindestens zum Jahresende zögerten viele Händler, die letzten Mengen vom Hof zu verkaufen, und beschränkten zum Teil die Lieferungen auf Kontaktmengen, zumal die Schrottwirtschaft mit den Vorbereitungen für die Wintersaison beginnt. Die Abschläge für die Altschrotte waren höher als für die Neuschrotte, weil saisonbedingt das Altschrottangebot höher ist.

Nachbarländer

Bei gutem Bedarf senkten die italienischen Verbraucher die Preise für die Oktoberlieferungen aus Deutschland je nach Werk und Sorte um 15 bis 20 Euro pro Tonne. Der Abschlag war genau wie in Deutschland für Altschrotte höher als für Neuschrotte. Viele Marktteilnehmer hoffen auf einen stabilen Markt in den beiden letzten Monaten des Jahres 2017. Die Nachfrage der französischen und belgischen Verbraucher war verhalten. In Frankreich fielen die Preise um rund 25 Euro pro Tonne, und in Belgien mussten die Anbieter Reduzierungen bis zu 30 Euro pro Tonne akzeptieren. Händler berichteten, dass der Bedarf des großen Verbrauchers in Luxemburg wegen der hohen Nachlaufmengen aus September sich nicht so wie erhofft entwickelte und die Abnahme problembehaftet war. Die Einkaufspreise waren gegenüber September je nach Sorte um 18 bis 25 Euro pro Tonne niedriger. Die Verbraucher in der Schweiz importierten den Schrott bei gutem Zulauf zu 20 bis 25 Euro pro Tonne günstiger als im Vormonat. In Polen senkten die Verbraucher die Schrottpreise um 20 Euro pro Tonne, dennoch waren nur grenznahe Lieferanten bereit, ihre Mengen nach Deutschland zu verkaufen. Sehr hohe Preisreduzierungen gab es im Vereinigten Königreich. Die Stahlwerke konnten trotz des Widerstands des Handels bei stabiler Nachfrage Abschläge von rund 45 Euro gegenüber dem Vormonat durchsetzen. Da die britischen Werke über hohe Bestände verfügten, verhandelten sie aus einer Position der Stärke. Laut internationaler Presse haben viele Händler daraufhin die sich bietenden Exportgelegenheiten Richtung Nordwesteuropa und Spanien genutzt.

Exportventil Türkei

Preisentwicklung in der Türkei (Grafik: bvse)

Die türkischen Stahlwerke haben laut den bvse vorliegenden Informationen große Mengen Schrott zur Lieferung im September und Oktober gekauft und konnten trotzdem ihre Preisvorstellungen durchsetzen. Für September kauften sie im Tiefseemarkt über 40 Ladungen zu einem durchschnittlichen Preis von 325 US-Dollar CFR Türkei und für Oktober fast 40 Ladungen zu einem durchschnittlichen Preis von 345 US-Dollar pro Tonne CFR, während die bisher für November gekauften Ladungen bei einem Durchschnittspreis von 304 US-Dollar pro Tonne für die Sorte HMS 1/2 (80:20) liegen. Von den Oktoberlieferungen stammen allein 25 Ladungen aus Nordwesteuropa und dem Vereinigten Königreich. Wie schon so oft haben die Kanadier durch ihr Lieferverhalten einen Preisabsturz bewirkt. Weitere Nordamerikaner unterstützten im Zeitraum 28. September bis 5. Oktober 2017 das Vorgehen und pressten plötzlich große Mengen Schrott preisgünstig in den türkischen Markt. Für die übrigen Marktteilnehmer war es völlig unverständlich, dass die Exporteure ohne Vorwarnung Verkaufspreise akzeptierten, die um rund 30 bis 50 US-Dollar pro Tonne unter dem bisherigen Marktniveau lagen. Sie nutzen den Export immer wieder als Ventil, um das inländische Schrottpreisniveau in die gewünschte Richtung zu bringen (siehe hierzu die Grafik rechts). Diese Mengen stören das bis dato vorhandene Preisgefüge im Tiefseemarkt nachhaltig. Sie bringen für den amerikanischen Markt jedoch den gewünschten Effekt, und die türkischen Verbraucher nutzen dieses Instrumentarium für ihre Stahlpreispolitik. Das aktuelle Preisniveau im internationalen Markt macht die Containerexporte aus Europa in Richtung Indien, Pakistan und Bangladesch attraktiver.

Logistik

Die Beschwerden der Marktteilnehmer in Bezug auf die mangelnde Waggonbereitstellung der DB Cargo gewannen im Oktober an Schärfe. Die Branche hat Verständnis dafür, dass der Logistikdienstleister – von Stürmen und Schäden gebeutelt – Probleme hat, eine ausreichende Anzahl an Waggons bereitzustellen. Das Fass zum Überlaufen bringt jedoch die Tatsache, dass die Bahn überhaupt nicht über die notwendige Anzahl an EA-Wagen verfügt und seit Jahren nur noch den Mangel mehr schlecht als recht verwaltet. Das Argument, die Stahl- und die Schrottindustrie seien wegen der unberechenbaren Zyklen keine verlässlichen Partner, ist altbekannt und für einen Dienstleister dieser Größe sowie seines Führungsanspruchs zumindest zweifelhaft. Alle Wirtschaftsdaten zeigen, dass die Kapazitäten nahezu voll ausgelastet sind. Die von der DB Cargo empfohlene alternative Nutzung des ansonsten als umweltbelastend geltenden Straßenverkehrs ist wegen des fehlenden Angebots und der Stausituation als Folge der Sanierung maroder Brücken und Strecken nicht möglich. Die Nutzung von Wasserstraßen ist hierzulande nicht nur geografisch begrenzt. Zum Teil gelten wieder Kleinwasserzuschläge, wodurch die mögliche Frachtmenge sinkt, die Frachtkosten aber steigen. Alles in allem ist es eine mehr als unbefriedigende Situation, sowohl für die Lieferanten als auch deren Abnehmer.

Gießereien

Bei hohem Bedarf lagen die Preisabschläge der Gießereien, die ihre Einkaufspreise an keinen Index gebunden haben, bei unverändert bis 15 Euro pro Tonne. Die Lieferanten waren nicht bereit, höhere Abschläge zu akzeptieren. Die Gießereien suchen Material, aber insbesondere diejenigen, die Zulieferanten der Automobilindustrie sind, haben wenig Spielraum, steigende Rohstoffpreise auf ihre Abnehmer abzuwälzen. Die meisten Gießereien sind mindestens bis zum Ende des Jahres gut ausgelastet und werden daher einen entsprechenden Bedarf in den kommenden beiden Monaten haben. Die Preise für Gießereiroheisen haben im Oktober nachgegeben und scheinen den Schrottpreisen in einem gewissen Umfang zu folgen. Möglicherweise wird sich nun die Nachfrage erholen, da viele Marktteilnehmer das aktuelle Preisniveau als marktgerecht empfinden.

Schlussbemerkungen

Trotz des hohen Schrottbedarfs der Inlandswerke und obwohl sich die Händler gegen das gewünschte Ausmaß gewehrt haben, sind die Einkaufspreise im Oktober wegen der Weltmarktentwicklung und des Schrottangebots gesunken. Angesichts des erwarteten hohen Schrottbedarfs für die noch verbleibenden beiden Monate in diesem Jahr hoffen einige Marktteilnehmer auf unveränderte Preise. Folgt der Markt jedoch dem Muster der vergangenen Jahre, könnten die Preise Anfang November steigen, um dann im Laufe des Monats aufgrund des Lieferumfangs durch den Handel wieder zu sinken. Ab der zweiten Dezemberwoche könnte der Schrott dann doch wieder knapp werden, und der Handel nur über steigende Preise zu Lieferungen bewegt werden.

Die Marktentwicklung bleibt spannend und im Dunkeln, zumal beispielsweise völlig unklar ist, wie sich die Umweltpolitik in China über die angeordnete Drosselung der Sinter- und Roheisenproduktion auf die Märkte auswirken wird. Je nach Region und Werk müssen die Produzenten in der Heizperiode November bis Mitte März die Produktion um bis zu 50 Prozent drosseln. Einige Marktteilnehmer vermuten, dass der Minderbedarf an Erz und Koks zu sinkenden Rohstoffpreisen führen wird, wovon die Schrottpreise möglicherweise ebenfalls betroffen sein könnten. Andere sehen jedoch eine robuste Stahlnachfrage und gehen davon aus, dass steigende Stahlpreise die sinkenden Rohstoffpreise auffangen werden. Außerdem bringt der Schrotteinsatz durch die CO2-Einsparung im Vergleich zum Roheiseneinsatz einen Vorteil für die Umwelt, sodass die Nachfrage weiter steigen sollte. Die bisherige Antidumpingpolitik der EU hat zudem bewirkt, dass die Stahlwerke mangels Billigkonkurrenz bei einigen Stählen die Preise wegen der gestiegenen Nachfrage erhöhen konnten, wovon die Schrottwirtschaft profitiert hat. Wachsende geopolitische Konflikte oder ein mögliches Ende der Niedrigzinspolitik könnten jedoch dafür sorgen, dass die Karten immer wieder neu gemischt werden.

Redaktionsschluss 20.10.2017, BG-J/bvse

Foto: O. Kürth

(EU-Recycling 11/2017, Seite 34)

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