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Masterplan für den Schienengüterverkehr

Eine sperrige Bezeichnung: Die „Bedarfsplanumsetzungsvereinbarung“ für die Schiene, die im Sommer letzten Jahres zwischen Bund und Deutscher Bahn getroffen wurde, ist in Kraft getreten. Sie sieht eine schnellere Behebung von Infrastrukturdefiziten und Qualitätsproblemen vor.

Unzureichende Waggongestellung, organisatorische Mängel, steigende Aufwendungen: Der Unmut in der Branche über Service, Preis und Leistung der Deutschen Bahn beziehungsweise seines Logistikdienstleisters DB Cargo hält an. Viele Unternehmen der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft müssen ihre Warengütertransporte wieder auf die Straße bringen. Der Verkehrsausschuss der Industrie- und Handelskammer (IHK) bescheinigt der Bahn – nach den Erfahrungen von befragten Speditionsunternehmen –, nur zu 80 Prozent zuverlässig zu sein. Die Lokführergewerkschaft GDL schätzt zudem, dass im bundesweiten Bahnbetrieb etwa 1.000 bis 1.200 Lokführer-Stellen offen sind.

Abhilfe schaffen soll die sogenannte Bedarfsplanumsetzungsvereinbarung, die der Bund und die Deutsche Bahn im Sommer letzten Jahres getroffen haben. Dazu der „Masterplan Schienengüterverkehr“, um den Marktanteil der Schiene zu steigern, Innovationspotenziale freizusetzen und die verkehrspolitischen Rahmenbedingungen zu verbessern. Es gilt, Neu- und Ausbaumaßnahmen auf der Schiene zügiger und kostengünstiger sowie in überschaubaren und kalkulierbaren Zeiträumen zu realisieren. Ziel ist, die Planung und Umsetzung von Projekten zu beschleunigen.

Zu Transparenz verpflichtet

Grundlage der Vereinbarung, die als Teil der „Strategie Planungsbeschleunigung“ am ersten Januar 2018 in Kraft trat, bildet der Bundesverkehrswegeplan 2030 unter Beteiligung der Bürger, die umfassend und transparent über sämtliche Vorhaben informiert werden müssen. So ist die DB Netz AG dazu verpflichtet, sämtliche Planungsunterlagen im Internet zu veröffentlichen. Der Bund trägt künftig die Planungskosten, nicht aber mehr allein den Großteil der Projektkosten. Die Unterscheidung nach Planungs- und Baukosten entfällt. Dafür sagt die Bahn die Fertigstellung und Inbetriebnahme von Projekten fristgerecht und verbindlich zu und beteiligt sich an den Gesamtkosten. Wie hoch der Anteil der Eigenmittel der DB Netz AG ausfällt, bemisst sich an der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Projektportfolios. In der ersten Phase der Bedarfsplanumsetzungsvereinbarung sind zehn Prozent veranschlagt. Über die Tragfähigkeitsquote wird die DB Netz AG an Kostensteigerungen beteiligt.

Bei Nicht-Einhaltung von zugesicherten Terminen drohen der Bahn Vertragsstrafen. Anträge zu Infrastrukturprojekten sollen außerdem nur einmal behördlich geprüft werden. So erweisen sich das Raumordnungs- und das Planfeststellungsverfahren für Verkehrsprojekte als kontraproduktiv: Zwei verschiedene Behörden prüfen hier langwierig und umständlich nach unterschiedlichen Kriterien die Anträge. Und es werden auch zwei verschiedene Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt.

Vorzugsvariante mit Alternativen

Einmal jährlich soll die Bahn das Gesamtprojektportfolio neuer Vorhaben dem Bundestag vorlegen, der damit frühzeitig Entscheidungen über Änderungen herbeiführen kann. Projekte werden in einer Vorzugsvariante mit Alternativen vorgestellt. Mit der regelmäßigen Abstimmung soll sich das Risiko zusätzlicher Projektkosten und Verzögerungen minimieren. Darüber hinaus sollen die Planungen der DB Netz AG frühzeitig vom Eisenbahn-Bundesamt begleitet werden, um Prüfungs- und Genehmigungsverfahren zu verkürzen.

Eine lückenlose Datenerhebung und hohe Datenqualität soll des Weiteren die Digitalisierung ermöglichen. Über eine bessere Vernetzung der Projektbeteiligten versprechen sich Bund und Deutsche Bahn eine zügigere und präzisere Ermittlung und Kontrolle von Zeitplänen, Kosten und Risiken. Dazu wurden wissenschaftlich begleitete Pilotprojekte initiiert und auf den Weg gebracht.

Ausbaupläne für Knotenpunkte

Nach dem vorgelegten Masterplan Schienengüterverkehr sollen die Trassenpreise im Schienengüterverkehr um 50 Prozent ab dem Jahr 2018 gesenkt und damit Kostennachteile gegenüber der Straße ausgeglichen werden. In Arbeit ist ein Maßnahmenpaket zum Betrieb von Güterzügen mit einer EU-Standard-Länge von 740 Metern. Auch der Einsatz von 1.000 Meter langen Güterzügen wird erwogen. Konkrete Ausbaupläne gibt es für die Verkehrsknotenpunkte Hamburg, Köln, Frankfurt/Main, Ludwigshafen, Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe, München und Hannover, wie das IHK-Magazin „Wirtschaft“ berichtete. Mit Unterstützung des Bundes wird zum Beispiel im Rangierbahnhof München-Nord eine vollautomatisierte Zugbildungsanlage getestet. Kritik an der Bedarfsplan-Umsetzungsvereinbarung zwischen Bund und Deutscher Bahn und dem Masterplan Schienengüterverkehr äußert indes unter anderem der Verein Deutscher Ingenieure. So müsste in Bezug auf die Verpflichtung der Deutschen Bahn zur Transparenz der Beteiligungsprozess der Öffentlichkeit bereits vor der Antragsstellung eines Vorhabens erfolgen, um den Verantwortlichen Handlungsspielräume zu ermöglichen: für notwendige Planänderungen und Anpassungen an die Gegebenheiten vor Ort. Wichtig sei, die Grenzen des Machbaren früh- und rechtzeitig zu kommunizieren und alle Entscheidungen nachvollziehbar für den Bürger zu begründen.

Güter- und Personenverkehrsprognose

Nach der Güter- und Personenverkehrsprognose für die Jahre 2017 bis 2019 (erstellt von der SSP Consult, Beratende Ingenieure GmbH und dem Bundesamt für Güterverkehr im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur) ist bis zum Jahr 2019 mit einem weiteren jährlichen Wachstum im Güter- und Personenverkehr zu rechnen. Hauptverantwortlich hierfür zeichnen die anhaltend positive Wirtschaftsentwicklung sowie das weiterhin niedrige Niveau der Kraftstoffpreise. Im Güterverkehr wird für das laufende Jahr 2017 mit einer Zunahme des Transportaufkommens (+1,6 Prozent) sowie der Transportleistung (+2,0 Prozent) gerechnet. Für die Folgejahre sind ebenfalls positive, wenngleich etwas abgeschwächte Wachstumsraten beider Größen zu erwarten.

Getragen wird das Wachstum in erster Linie durch Zuwächse beim Straßengüterverkehr, woraus sich entsprechende Veränderungen für die Modal Split-Anteile ergeben. Daneben wird sowohl für die Luftfracht als auch für den Seeverkehr ein anhaltend positives Wachstum prognostiziert. Gleiches gilt für die Transportleistung der Binnenschifffahrt und des Eisenbahngüterverkehrs; beim Transport­aufkommen zeigen sich hier jedoch leichte Rückgänge. Hiervon weitgehend unbeeindruckt entwickeln sich beide Größen im Kombinierten Verkehr weiterhin dynamisch.

Mit einem Plus von 1,2 Prozent (Aufkommen) beziehungsweise 1,3 Prozent (Leistung) im Jahr 2017 stehen beim Personenverkehr die Zeichen weiterhin auf Wachstum. Maßgebend für diese Entwicklung ist der motorisierte Individualverkehr mit in der Höhe vergleichbaren Wachstumsraten. Eine überdurchschnittliche Entwicklung beider Größen wird dem Eisenbahn- ebenso wie dem Luftverkehr zugetraut. In den Jahren 2018 und 2019 ist insgesamt sowie bei den einzelnen Verkehrsarten mit einem abgeschwächten Wachstum zu rechnen. Im öffentlichen Straßenpersonenverkehr zeigt sich im Gesamtzeitraum hingegen eine zweigeteilte Entwicklung. Während das Fahrgastaufkommen insgesamt weiter zunimmt, bewegt sich die Leistung in etwa auf dem Niveau von 2016. Für den Fernbusverkehr, als Wachstumsgarant der vergangenen Jahre, werden rückläufige Zahlen prognostiziert.

Foto: Gina Sanders / fotolia.com

(EU-Recycling 01/2018, Seite 12)

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