Schrottmarktbericht: Zufrieden

Wie in jedem Jahr war die Stahlproduktion im Berichtsmonat Dezember gedrosselt; dennoch fiel die Schrottnachfrage bei einigen Verbrauchern wegen der guten Auftragslage erfreulich gut aus. Schrottanbieter und Schrottnachfrager zeigten die jahreszeitlich bedingten typischen Reaktionen, indem die einen die Lieferbereitschaft dämpften und die anderen einen geringen Bedarf und beruhigend hohe Lagerbestände meldeten. Im Durchschnitt stiegen die Schrottpreise um 10 bis 15 Euro pro Tonne frei Werk gegenüber dem Vormonat.

Die Annahmepreise waren jedoch bei den einzelnen Werken recht unterschiedlich und lagen je nach Schrottbedarf und Ausgangsniveau im Vormonat bei unverändert bis zu 35 Euro pro Tonne. Den vorgesehenen ferien- und betriebsbedingten Stillstandszeiten über den Jahreswechsel passte sich der Bedarf im Osten Deutschlands an. Die Werke erhöhten je nach Sorte die Preise von 12,50 bis 18 Euro pro Tonne. Teilweise produzieren die Verbraucher durch oder gehen wie in einem Fall für drei Wochen aus dem Markt für notwendige Instandsetzungen. Fraglich ist, ob die gewünschten Mengen beschafft werden konnten. Im Norden, Nordwesten und Westen lagen die Preiserhöhungen der Werke bei 10 bis 35 Euro pro Tonne frei Werk, wobei die hohe Auslastung und die Preisentwicklung im Tiefseemarkt einen großen Einfluss hatten. Bis Redaktionsschluss lagen die Inlandspreise immer noch leicht über den Exportpreisen. Von den gravierenden logistischen Problemen im Italienverkehr konnten die Verbraucher im Süden und Südwesten profitieren; darüber hinaus hat ein großer Verbraucher im Südwesten seine Revision statt wie sonst üblich im Januar auf Dezember vorgezogen. Wegen seiner guten Bevorratung und dem geringen Bedarf konnte er zu Preisen im Bereich von unverändert bis zu einer leichten Erhöhung von 5 Euro pro Tonne Schrott kaufen, dem sich der Verbraucher im Süden bei ebenfalls reduziertem Bedarf anschloss.

Der bvse schätzt, dass die Rohstahlproduktion der deutschen Stahlwerke von 42,1 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr auf rund 43,5 Millionen Tonnen in diesem Jahr gestiegen ist. Der Schrottzukauf der Stahlwerke könnte sich ebenfalls grob geschätzt um rund 450.000 Tonnen gegenüber dem Vorjahr erhöht haben, denn die Schrottwirtschaft konnte genau wie die Stahlindustrie am wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland und in Europa partizipieren. Ein großer Teil des Handels beurteilte das abgelaufene Jahr und hier insbesondere die zweite Jahreshälfte als wirtschaftlich positiv, zumal sich sowohl die Fe- als auch die NE-Metallschrottpreise deutlich erholt haben. Außerdem blicken die befragten Marktteilnehmer optimistisch ins nächste Jahr, da die Aussichten zumindest für das erste Quartal 2018 eine positive Marktentwicklung versprechen. Sehr belastend wirkte sich dagegen der Engpass Frachtraum auf das Marktgeschehen aus. Bahn, Spediteure oder Binnenschiffer waren aus sehr unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage, die Nachfrage ausreichend zu befriedigen. In diesem Jahr war die Anzahl an Tagen, an denen Mengen nicht zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgestellt werden konnten, extrem hoch und damit teuer. Die starke Konzentration, die sich in diesem Jahr in der gesamten Entsorgungs- und insbesondere der Schrottbranche vollzogen hat, zeigte sich in vielen Regionen die Marktstruktur deutlich verändert und die bis dahin vorhandene Angebotsvielfalt eingeschränkt.

Nachbarländer

Italienische Stahlwerke erhöhten gegenüber den deutschen Lieferanten die Preise im Berichtsmonat Dezember um 8 bis 10 Euro pro Tonne. Der Bedarf war hoch, denn einige Werke haben die Weihnachtsferien gekürzt und nehmen darüber hinaus außer an den Feiertagen Schrott durchgehend an. Deutsche Lieferanten hätten gerne mehr geliefert, sahen sich jedoch unüberwindlichen Transportproblemen gegenüber. Neben einem Waggonrückstau auf der Strecke München-Südtirol, durch den die Bahn nicht den gewünschten Frachtraum zur Verfügung stellen konnte und kann, hakt es bekanntlich im Lkw-Verkehr. Gezahlte Aufpreise können hier nicht immer den Mangel an Personal und Gerät ausgleichen. Abgesehen davon hat die italienische Bahn den Güterverkehr bis Anfang Januar wie in jedem Jahr eingestellt, sodass die Werke, die in Italien dringend Schrott brauchen, verstärkt auf inländische Lieferanten zurückgreifen mussten und ihnen bis zu 25 Euro pro Tonne mehr als im Vormonat bezahlt haben. In Frankreich lagen die Preiserhöhungen wegen einer betriebsbedingten geringeren Nachfrage einzelner Hersteller bei durchschnittlich 10 bis 12 Euro pro Tonne, während sich der luxemburgische Verbraucher mit seiner Preisanpassung, die für alle Sorten bei 15 Euro pro Tonne lag, lediglich für die Späne mit 12,50 Euro pro Tonne an die Entwicklung im Tiefseemarkt anpassen musste.

Deutschland, Basisjahr 2010 = 100, Quelle: Statistisches Bundesamt/Destatis

Die Produktion ist im Dezember wegen eines Stillstandes über die Feiertage in einem Werk verringert. In Belgien und den Niederlanden zahlten die Abnehmer bei geringem Bedarf 15 bis 20 Euro pro Tonne mehr als im Vormonat; die Tiefseeexporteure erhöhten die frei-Lagerpreise schrittweise. Die Verbraucher in der Schweiz haben die Preise für Schrottimporte aus Deutschland bei gutem Bedarf um 10 bis 15 Euro pro Tonne erhöht. Aus Polen und Tschechien waren wegen des hohen Bedarfs in den eigenen Ländern keine zusätzlichen Mengen zu beschaffen. Die von deutscher Seite gegenüber dem Vormonat angebotenen Erhöhungen scheinen nicht ausreichend gewesen sein. Die Verbraucher im Vereinigten Königreich mussten mit den Angeboten der Tiefseehändler konkurrieren und die Preise um 17 bis 23 Euro pro Tonne gegenüber November erhöhen. Laut Aussagen aus Marktkreisen war die Lieferbereitschaft des Handels sehr verhalten, zumal für Januar steigende Preise erwartet werden. Durch den guten Schrottbedarf erhöhten die Gießereien ihre Einkaufpreise um rund 20 bis 25 Euro pro Tonne.

Gießereien

Nach wie vor erfreulich ist die Schrottnachfrage der meisten deutschen Gießereien. Sie war zum Teil so hoch, dass regional nicht alle Gießereien mit den gewünschten Mengen versorgt werden konnten. Eine stabile Nachfrage signalisieren die Produzenten bereits für das kommende Jahr. Etwas Entspannung dürften die Weihnachtsfeiertage bringen, da einige Verbraucher eine Pause einlegen, auch wenn diese kürzer ausfällt als in den Vorjahren. Die an keinen Preisindex gebundenen Gießereien haben je nach Werk und Sorte ihre Einkaufspreise im November um durchschnittlich 10 bis 15 Euro pro Tonne erhöht. Die Hersteller von Gießerei-Roheisen haben versucht, entsprechende Preiserhöhungen im Dezember durchzusetzen, was ihnen bisher nicht im beabsichtigten Maß gelungen ist, da die Verbraucher gut bevorratet sind und abwarten. Der bvse schätzt, dass sich die Produktion der Eisen-, Stahl- und Tempergießereien in diesem Jahr um etwa fünf bis sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr verbessert hat. Ein entsprechend hoher Schrottverbrauch war die Folge, zumal Roheisen bei Verbrauchern mit flexiblen Einsatzmöglichkeiten preislich nicht so attraktiv war wie das Konkurrenzprodukt.

Türkei

Die türkische Stahlindustrie war in diesem Jahr beeindruckend robust. Der Verband der türkischen Stahlhersteller meldete eine Stahlproduktion von Januar bis November von rund 34,2 Millionen Tonnen, was einer Steigerung gegenüber dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres um fast 13 Prozent entspricht. Insbesondere die EAF-Werke konnten gegenüber dem Vorjahr den Ausstoß um rund 19 Prozent auf 23,7 Millionen Tonnen erhöhen. Laut ersten Schätzungen des türkischen Statistikbüros SteelData ist bis November die Rekordmenge von über 19 Millionen Tonnen Schrott importiert worden, woran die EU-Lieferanten bis Oktober einen Lieferanteil von knapp 62 Prozent hatten. Für November importierten die Werke über zwei Millionen Tonnen Schrott, und die Menge für Dezember dürfte nicht weit darunter gelegen haben. Seit November sind die Preise für die Standardexportsorte HMS 1/2 (80:20) um rund 50 US-Dollar pro Tonne gestiegen. Durch ein mehr als geschicktes Einkaufsverhalten in den üblichen Schrottexportzentren EU, Baltikum, Nordamerika und Anrainerstaaten am Schwarzen und Asowschen Meer konnte die türkische Seite bisher ein Überschreiten der psychologisch wichtigen Preisgrenze von 360 US-Dollar pro Tonne vermeiden. Schon zum Ende des Berichtszeitraums haben türkische Verbraucher begonnen, für die Produktion im Februar einzukaufen. Ob sie dies tun, weil sie mit steigenden oder aber stabilen Preisen in naher Zukunft rechnen, ist ungewiss. Es werden zudem immer noch Mengen für Januar gekauft, weil einige Werke ihren Bedarf noch nicht gedeckt zu haben scheinen.

Ausblick

Wie wenig prognostizierbar das Schrottmarktgeschehen ist, zeigt sich in den unterschiedlichen Einschätzungen der Marktentwicklung für den kommenden Monat. Sollte der Handel, wie schon häufiger geschehen, in Ermangelung des nötigen Fingerspitzengefühls verstärkt vorhandene oder nicht vorhandene Mengen anbieten, falls die Preise nicht das erhoffte Niveau erreichen, könnte sich das Marktgleichgewicht verschieben. Die These, dass wegen des relativ hohen internationalen und auch nationalen Preisniveaus mit einer Gegenbewegung zu rechnen ist, käme dieser Einschätzung entgegen. Es gibt jedoch viele Marktteilnehmer, die den Markt als fest einschätzen und angesichts der Preisentwicklung auf den internationalen Rohstoffmärkten Preisabschläge für unwahrscheinlich, Preisaufschläge jedoch für wahrscheinlich halten.

Redaktionsschluss 19.12.2017, BG-J/bvse

Foto: O. Kürth, Alle Angaben/Zahlen ohne Gewähr

(EU-Recycling 01/2018, Seite 42)

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