Elektronikrecycling in Russland: Stand und Entwicklung

Reformen in der russischen Abfallwirtschaft setzen sich nach Kenntnis der Anwaltskanzlei Baker & McKenzie auf dem IERC 2018 nur sehr langsam durch. Recycling findet in Russland generell noch immer viel zu wenig statt.

Wie Referent Maxim Kalinin hierzu informierte, fallen in Russland jährlich etwa 70 Millionen Haushaltsabfälle zur Entsorgung an. Davon macht Elektro(nik)schrott rund 1,2 Millionen Tonnen oder zwei Prozent aus. Zu 94 Prozent werden feste Siedlungsabfälle deponiert, zu zwei Prozent thermisch verwertet und nur zu vier Prozent recycelt. Rund 14.000 Deponien – die landesweit über 60.000 illegalen Deponien nicht mitgezählt – bedecken eine Fläche von vier Millionen Hektar. Das entspricht in etwa der Größe der Niederlande.

Bis vor sechs Jahren bewegte sich kaum etwas in der russischen Entsorgungswirtschaft, blieben Fortschritte aus. Das erste Abfallgesetz aus dem Jahr 1998 brachte keine Impulse, und 2012 räumte die nationale Umweltschutzbehörde ein: Abfalltrennung und Getrenntsammlung funktionieren in Russland nicht; die Abfallverbrennung ist die einzige Alternative zur Deponierung. Nach einer Greenpeace-Analyse der Abfallsituation in über 160 russischen Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern haben von 73,7 Millionen Einwohnern nur 6,8 Millionen Einwohner (9,2 Prozent) Zugang zu Systemen für getrennte Abfallsammlung.

Was endlich umgesetzt werden soll

Die Ende 2014 beschlossenen Gesetzesänderungen zur Abfall- und Abwasserbehandlung sollen endlich in die Praxis umgesetzt werden. Trotz Budgetschwierigkeiten sind die jährlichen Investitionen in den Umweltschutz mit umgerechnet 2,3 Milliarden Euro veranschlagt. 2017 erklärte die russische Regierung zum Jahr der Ökologie. Ab 1. Juli 2018 sollen Siedlungsabfälle, die sich wiederverwenden lassen, nicht mehr deponiert werden dürfen. Das setzt die Sortierung der Abfälle voraus.

Im Mittelpunkt der angestrebten Reformen steht die Novelle des Gesetzes „Über Produktions- und Verbrauchsabfälle“ vom Dezember 2014. Getrennte Abfallsammlung und Recycling hat nun Vorrang vor der Deponierung, wobei der Begriff „Recycling“ nicht gesetzlich definiert ist. Allgemein wird in Russland unter Recycling die „direkte Wiederverwendung nützlicher Abfallbestandteile nach entsprechender Vorbereitung in der Produktion“ verstanden.

Produzenten und Importeure in der Pflicht

Seit dem 1. Januar 2015 sind Produzenten und Importeure für das Recycling von Waren und Verpackungen nach Gebrauch verantwortlich, wenn diese „nützliche Komponenten“ enthalten. Es gilt eine Deklarationspflicht für Verpackungen und Abfälle. Alle 83 russischen Regionen müssen zudem territoriale Konzepte für Abfallmanagement beim föderalen Umweltministerium vorlegen und regionale Betreiber für das Management der kommunalen Abfälle per Tender auswählen.

Zur Finanzierung wird seit 15. April 2017 eine von der Steuer absetzbare Umweltabgabe erhoben, wenn die Recyclingpflicht nicht erfüllt wird. Betroffen sind hier auch Elektro(nik)waren wie Telefone, Fernseher, Kameras, Haushaltsgeräte, Computer, Laptops, Speicherlaufwerke sowie Akkumulatoren und Batterien. Für jede Warengruppe im Bereich Elektronik sind Verwertungsquoten von 15 bis 20 Prozent bis zum Jahr 2020 festgelegt worden.

Wie die Umweltgebühr berechnet wird

Die Gebühr ist zweigeteilt in einen Umweltbeitrag für fertige Erzeugnisse und einen für die Verpackung und wird wie folgt berechnet: Multiplikation des Umweltgebühr-Tarifs (2.025 bis 33.476 Rubel je Tonne) mit der Masse des fertigen Produktes, der Anzahl der Einheiten der zu entsorgenden fertigen Produkte, welche in Russland in Verkehr gebracht wurden, oder Multiplikation der Masse der Verpackung, welche für die Herstellung der Ware verwendet wurde. Ausgenommen von der Umweltgebühr sind importierte Waren für den Eigenverbrauch sowie bei Ausfuhr der Abfälle außerhalb des Territoriums der Russischen Föderation. Wer als Hersteller und Inverkehrbringer eine eigenständige Entsorgung der Waren und Verpackungen sicherstellt, muss ebenfalls keine Umweltangabe entrichten. Die Entsorgung von Abfällen erfolgt entweder durch eigene Kräfte des Herstellers oder Importeurs, durch Abschluss von Verträgen mit spezialisierten Organisationen für die Behandlung fester Haushaltsabfälle, oder durch Gründung eines Verbands von Herstellern/Importeuren von Waren, der die Entsorgung dieser Abfälle übernimmt. Die Entrichtung der Umweltgebühr erfolgt bis zum 15. April jedes Jahres im Anschluss an das Berichtsjahr (also für 2017 bis zum 15. April 2018). Bei Elektro(nik)altgeräten sowie Batterien/Akkumulatoren beträgt die Recyclinggebühr zwischen rund 26.000 und 33.000 Rubel pro Tonne.

Auf Investoren angewiesen

Die Entsorgung von Elektro(nik)altgeräten auf Deponien soll ab 2021 beschränkt werden. Geplant ist außerdem die Einführung von Zertifikaten und Lizenzen für E-Schrott-Demontage- und Verwertungsbetriebe. Jedoch müssen dafür erst Strukturen aufgebaut werden. Es fehlt an effektiven Sammelsystemen für Elektronikabfälle und Batterien, und das Abfalltrennverhalten ist in der russischen Bevölkerung ohnehin wenig ausgeprägt. Hier muss noch einiges an Überzeugungsarbeit geleistet werden. Nach Kenntnis der Anwaltskanzlei Baker & McKenzie auf dem diesjährigen Internationalen Elektronikrecycling-Kongress in Salzburg setzen sich die Reformen in der russischen Abfallwirtschaft nur sehr langsam durch. Recycling finde bei allen relevanten Stoffströmen kaum statt und es sei fraglich, ob sich die Vorhaben aufgrund der Wirtschaftsflaute überhaupt in absehbarer Zeit realisieren lassen. Russland fehlt es an eigenen Finanzierungsmöglichkeiten und ist auf ausländische Investoren angewiesen, urteilte Referent Maxim Kalinin. Im Bereich Elektro(nik)altgeräte und insbesondere bei der Rücknahme und Verwertung von Altbatterien bereits aktiv sind zum Beispiel die Handelsketten Mediamarkt und Eldorado.

Foto: ICM AG

(EU-Recycling 03/2018, Seite 14)