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Neue Impulse für Frankreichs Recyclingwirtschaft

Die französische Recyclingbranche hat die Schwächephase der letzten Jahre überwunden und verzeichnet wieder stabile Umsatzzuwächse. Vom Regierungsplan zum Übergang in die Kreislaufwirtschaft, der im März 2018 vorgestellt werden soll, erwarten Marktbeobachter neue Impulse für den Sektor. So sollen Kunststoffabfälle in Frankreich künftig vollständig wiederverwertet werden.

Nachdem in Frankreich die Umsätze im Recyclingsektor zwischen 2012 und 2016 um 20 Prozent zurückgegangen waren, wird für 2017 ein Plus von 13 Prozent erwartet. Dies geht aus einer Analyse des Marktforschungsunternehmen Xerfi vom Dezember 2017 hervor. Das Unternehmen rechnet bis 2020 mit stabilen Zuwächsen von vier Prozent pro Jahr. Die Umsätze der französischen Recyclingbranche 2017 werden auf 9,2 Milliarden Euro geschätzt. Damit will der Sektor seine Durststrecke (seit 2012) hinter sich gelassen haben.

Der Aufschwung geht den Angaben zufolge auf die Belebung der Indus­trieproduktion zurück – sowie auf eine Erholung der Rohstoffpreise, vor allem für Kunststoffe und Metalle. Nach Informationen des Verbandes Federec (Fédération des entreprises du recyclage) haben die 1.250 Recyclingfirmen in Frankreich zwar bereits 2016 mit 102 Millionen Tonnen 2,2 Prozent mehr gesammelt und weiterverwertet als im Vorjahr. Aber wertmäßig seien die Umsätze erneut gefallen. Laut Xerfi haben die Recyclingfirmen letztes Jahr bei steigenden Umsätzen auch ihre Investitionen ausgeweitet. Sie könnten sich 2017 auf etwa 555 Millionen Euro belaufen, nach 465 Millionen Euro im Vorjahr. Allerdings lagen sie weiter bei etwa sechs Prozent der Umsätze bei einem anhaltend hohen Modernisierungsbedarf.

Im unteren europäischen Mittelfeld

Geschäftschancen dürften sich durch neue ambitionierte Zielvorgaben beim Recycling eröffnen. Frankreich liegt in diesem Bereich etwa im unteren europäischen Mittelfeld. Gemäß Eurostat recycelte Frankreich 2016 mit 41,7 Prozent der Haushaltsabfälle etwas weniger als der EU-Durchschnitt mit 45,6 Prozent. Doch ist die französische Quote in den letzten Jahren nahezu stabil geblieben, und neue Vorgaben auf EU- und nationalem Niveau erfordern einen großen Sprung nach vorne. Im Juli 2017 verkündete der neue Premierminister Edouard Philippe, dass bis 2025 die Einlagerung auf Deponien halbiert (derzeit etwa 25 Prozent an nicht-gefährlichen Stoffen) und Kunststoffabfälle zu 100 Prozent recyceln werden sollen (derzeit etwa 20 Prozent). Diese Zielmarken stimmen in etwa mit den Zielvorgaben der Europäischen Union überein, auf die sich am 18. Dezember 2017 Parlament, Ministerrat und Kommission im Grundsatz geeinigt haben. Sie sehen bei Haushaltsabfällen bis 2035 eine Recyclingquote von 65 Prozent und bei Kunststoffabfall von 75 Prozent bis 2030 vor. Für Kunststoffabfälle wurden auch ambitionierte Zwischenziele vereinbart: 50 Prozent bis 2025 und 55 Prozent bis 2030. Die Mitgliedstaaten haben sich außerdem dazu verpflichtet, bis 2035 die Verbringung auf Deponien auf zehn Prozent zu verringern. Die Vorgaben müssen noch 2018 im Ministerrat formell angenommen werden.

Monopolist mit starken Fürsprechern

An dieser Vielzahl von Zielvorgaben dürften sich die Pläne der neuen französischen Regierung in Bezug auf die Recyclingpolitik orientieren. Ende Oktober 2017 hatte der Minister für ökologischen und solidarischen Wandel, Nicolas Hulot, eine öffentliche Konsultationsphase für einen Fahrplan für den Übergang zur Kreislaufwirtschaft (Feuille de route pour l‘économie circulaire) gestartet. Der Plan soll wirtschaftliche und steuerliche Instrumente für eine 100-Prozent-Recyclingquote bei Kunststoff, für die Rückführung der Deponiemengen und mehr Recycling festlegen, so die Staatssekretärin im Ministerium, Brune Poirson. Anfang März 2018 soll der Fahrplan veröffentlicht werden.

Zur Diskussion steht etwa ein besserer Einsatz bestehender Anreize. Unternehmen zahlen in Frankreich nach dem Verursacherprinzip je nach Umweltauswirkungen ihrer Tätigkeit eine Steuer. In den letzten Jahren wurde wiederholt angeregt, diese Steuer TGAP (Taxe générale sur les activités polluantes) anzupassen, um Anreize für eine Abfallvermeidung zu erhöhen. Zudem besteht in Frankreich, ähnlich wie in Deutschland, ein Abfalltrennsystem. Anders als das Duale System Deutschland ist der Betreiber Citeo (vormals Eco-Emballages) ein gemeinnütziger Herstellerzusammenschluss. Citeo ist weiterhin Monopolist in der Haushalts-Abfalltrennung. Dafür fließen dem Unternehmen etwa 700 Millionen Euro an Firmenabgaben im Jahr zu. Die Regierung könnte auch hier die Anreize zur Abfallvermeidung verstärken. Citeo gewährt Nachlass für entsprechende Bemühungen und berät bei der Entwicklung von Verpackungen, die leichter wiederzuverwerten sind.

Für die Abfalltrennung im Jahr 2017 hatte das französische Umweltministerium in einer experimentellen Phase andere Wettbewerber zulassen wollen, um dann für den Zeitraum 2018 bis 2022 den Markt zu öffnen. Die Bedingungen erwiesen sich aber als zu schwierig und die Widerstände auf lokalem Niveau als zu stark. Daher hatte der potenzielle Konkurrent Léko, an dem die deutsche Reclay Group über ihre Tochterfirma Valorie sowie zahlreiche französische Firmen beteiligt waren, trotz Zulassung im Oktober 2017 einen Rückzieher gemacht. Citeo ist vor allem unter den abgabepflichtigen Unternehmen umstritten, hat aber in den Gemeinden starke Fürsprecher, die befürchten, dass durch Rationalisierungsmaßnahmen Recyclingstationen zusammengeführt oder geschlossen werden könnten. Die Anlagen gelten vielfach als veraltet.

Ein zweischneidiges Schwert

Als Schlüssel für mehr Recycling gilt eine Verbesserung der Abfalltrennung in den Haushalten. In Paris und in vielen Gemeinden des Landes werden die Behälter täglich geleert. Entsprechend sind die Anreize gering, die zudem noch komplizierte Abfalltrennung vorzunehmen. In Paris werden nur 19 Prozent der Haushaltsabfälle recycelt, zwei Prozent deponiert und 79 Prozent verbrannt – obwohl die Stadtverwaltung schätzt, dass 50 Prozent wiederverwertet und 22 Prozent kompostiert werden könnten.

Die Stadt Paris will zwischen 2018 und 2020 gemeinsam mit Citeo mehr öffentliche Behälter für getrennte Abfälle aufstellen und etwa 100 Abgabeautomaten für PET-Flaschen in Supermärkten der Ketten Franprix, Système U und Carrefour Bio einrichten. Je Flasche soll der Verbraucher ein bis zwei Eurocent erhalten. Die Stadtverwaltung sieht die Zeit für Abfallgebühren je nach Abfallmenge noch nicht gekommen. In anderen Landesteilen hilft die französische Umweltbehörde Ademe (Agence de l‘Environnement et de la Maîtrise de l‘Energie) Gemeinden bereits seit 2009 bei der Einführung von mengenbezogenen Gebühren. In Gemeinden mit rund fünf Millionen Einwohnern wurden bereits entsprechende Systeme umgesetzt.

Nach Einschätzung von Xerfi kaschieren die stabilen Wachstumsraten von vier Prozent bis 2020 eine für viele Recyclingfirmen auf mittlere Sicht komplexe Situation: So entstünden neue Geschäftschancen, aber gleichzeitig könnten sich auch die Abfallmengen gerade für die 126 Müllverbrennungsanlagen des Landes reduzieren. Auch Chinas Abfallimportverbot aus EU-Ländern seit dem 1. Januar 2018 ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits müssen die Firmen nun Alternativen für ihre Abfallverwendung finden, während sich gleichzeitig mehr Chancen für inländische Recyclingfirmen bieten. Bisher gelten in Frankreich aber vielfach die Qualität der recycelten Stoffe aufgrund der mangelhaften Abfalltrennung als zu schlecht und die Preise als zu hoch, weshalb die Industrie neue Rohstoffe vorzieht.

Verfasser: Peter Buerstedde, Quelle: Germany Trade & Invest

Foto: Gerhard Bittner / fotolia.com

(EU-Recycling 03/2018, Seite 18)

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