Israels Abfallwirtschaft macht Fortschritte – aber langsamer als geplant

Seit Beginn dieses Jahrzehnts ist in Israel immer wieder von einer „Recycling-Revolution“ die Rede. Weniger Deponierung und mehr Wiederverwertung lautet die Devise. Das gesetzgeberische Gerüst dafür ist inzwischen weitgehend vervollständigt, und es wurde durchaus schon etwas bewegt. Unter dem Strich bleiben aber die Erfolge noch hinter den Erwartungen zurück.

Die Entwicklung lahmt. Zwar nehmen die recycelten Abfallmengen zu und der Staat fördert die Wiederaufbereitung, doch musste die Vorgabe, bis 2020 eine Recyclingquote von 50 Prozent der Siedlungsabfälle zu erreichen, auf 35 Prozent gesenkt werden. Auf der anderen Seite gibt es Ausbaupläne für die Abfallwirtschaft, unter anderem bei der Energiegewinnung aus Abfällen. Die Regierung will hier Investitionen in den kommenden Jahren vorantreiben. Das könnte westlichen Anbietern relevanter Technologien neue Marktchancen eröffnen.

Die lahmende Entwicklung zeigt sich an der recycelten Abfallmenge, die Daten des Zentralamts für Statistik (Central Bureau of Statistics) zufolge stagniert. Mangels aktueller Daten zur gesamten Abfallmenge lässt sich die Gesamtrecyclingrate für 2016 nicht beziffern. Nach den jüngsten verfügbaren Informationen fielen in Israel im Jahr 2014 rund 16 Millionen Tonnen Abfälle an. Daraus ergibt sich bei einer insgesamt recycelten Abfallmenge von 5,5 Millionen Tonnen eine Recyclingquote von 34 Prozent. An dieser Quote, die schon damals als ungenügend bezeichnet wurde, hat sich seitdem nichts Wesentliches geändert. Die rückläufigen Recyclingmengen bei Kohleasche und Öl haben allerdings nichts mit einer sinkenden Recyclingquote zu tun. Vielmehr sind sie darauf zurückzuführen, dass angesichts der weitgehenden Umstellung der Energiewirtschaft auf Erdgas der Einsatz von Kohle und Erdöl seit 2013 drastisch zurückgegangen ist.

Zielvorgabe für Siedlungsabfälle gesenkt

Eine besondere Herausforderung stellen Siedlungsabfälle. Das beginnt bei der anfallenden Abfallmenge, die – im Unterschied zu einigen anderen Industrieländern – nicht zurückgeht. Nach Angaben des Zentralamts für Statistik lag das Aufkommen an Siedlungsabfällen 2016 bei 1,73 Kilogramm pro Einwohner. Das waren 2,9 Prozent mehr als im Vorjahr und 4,2 Prozent mehr als 2010. Dabei nimmt auch die Bevölkerung mit 1,8 bis 2,0 Prozent pro Jahr zu, sodass die absolute Menge der Siedlungsabfälle schnell expandiert. Sie stieg von 4,6 Millionen Tonnen im Jahr 2010 bis 2016 um 15,2 Prozent auf fast 5,3 Millionen Tonnen.

Sowohl bei der Abfalltrennung als auch bei der Wiederaufbereitung von Siedlungsabfällen sind große Defizite festzustellen. Im Jahr 2015 lag die Recyclingquote bei Siedlungsabfällen bei 20 und 2016 bei 23 Prozent, so die Schätzungen des Umweltschutzministeriums. Israel liegt damit immer noch auf einem der untersten Plätze unter den OECD-Ländern. Wegen der langsamen Fortschritte musste die Regierung die ursprüngliche Vorgabe, bis 2020 eine Recyclingquote von 50 Prozent zu erreichen, auf 35 Prozent zurückschrauben. Erst 2025 soll ein Stand von 55 Prozent erreicht werden.

Eine der wichtigsten Aufgaben in Bereich städtischen Abfalls ist die Durchsetzung der Abfalltrennung. In einem Bericht des Amtes für Staatskontrolle heißt es, dass die Regierung die ihr zur Verfügung stehenden Mittel – inklusive der Strafzahlungen, die Kommunen wegen ungenügender Abfalltrennung leisten mussten – nur teilweise nutzt: für den Ausbau der erforderlichen Infrastruktur und für die Aufklärung über die Notwendigkeit der Abfalltrennung.

Energiegewinnung wird wichtiger

Die Regierung setzt auf den schnellen Ausbau der Abfallbehandlung. Allein 2018 sollen nach Plänen des Umweltschutzministeriums zehn Transfer- und Behandlungsanlagen für Abfälle entstehen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Energiegewinnung aus Abfällen. Im Jahr 2017 wurde an der Mülldeponie Hiriya bei Tel Aviv eine Anlage zur Gewinnung von Ersatzbrennstoffen aus Abfällen in Betrieb genommen. Sie soll 20 Prozent des Energiebedarfs des unweit gelegenen Zementwerks Nesher decken. Ferner ist eine Anlage zur Energiegewinnung aus Siedlungsabfällen in der südlich von Tel Aviv gelegenen Stadt Rishon le-Zion geplant. Sie soll rund 1.000 Tonnen Siedlungsabfälle pro Tag behandeln und umfasst Sortieranlagen, Kapazitäten für die Herstellung von Methan aus organischen Abfällen sowie Kompostierungsanlagen. Die Anlage wurde im BOT-Verfahren (Build, Operate, Transfer) ausgeschrieben; im August 2017 reichten zwei israelisch-ausländische Konsortien Bewerbungen ein. Weitere Vorhaben sollen 2018 offeriert werden. Vorgesehen sind außerdem thermische Abfallbehandlungsanlagen. Wie das Umweltschutzministerium erklärt, ist die Wärmebehandlung von Abfällen zur Energiegewinnung eine Voraussetzung für das Erreichen der für Siedlungsabfälle vorgegebenen Recyclingquote von 55 Prozent bis 2025. Die Anlagen, über deren Anzahl im Februar 2018 entschieden werden soll, werden voraussichtlich als öffentlich-private Projekte (PPP) ausgeschrieben, ließ das Umweltschutzministerium im Oktober 2017 verlautbaren. Die Recyclingquoten der Industrie sind deutlich höher als die der Siedlungsabfälle. Zwar liegen die jüngsten verfügbaren Angaben für die Industrie nur für das Jahr 2014 vor, doch ist der Unterschied zwischen Industrie und Kommunen augenfällig. So wurden nach jüngsten verfügbaren Angaben 76,4 Prozent der Industrieabfälle 2014 direkt dem Recycling zugeführt.

Ein übergreifendes Interesse

Deutsche Umwelttechnik genießt in Israel einen hervorragenden Ruf. Ein beschleunigter Ausbau des Recycling würde neue Geschäftsmöglichkeiten schaffen. Das gilt nicht nur für die Lieferung von Anlagen und Ausrüstungen sowie Know-how, sondern auch für Investitionen. Das Umweltschutzministerium betont, dass Recyclingbetriebe letztendlich Industrieunternehmen seien. Jeder Investor könne im Recycling tätig werden, solange der Betrieb die geltenden gesetzlichen Auflagen erfülle.

Das bedeutet zugleich, dass Recyclingbetriebe auch Verluste machen können. Im Jahr 2016 mussten zwei solcher Betriebe schließen. Die Regierung hat ein übergreifendes Interesse an der Expansion der Abfallwirtschaft. Daher plant sie Maßnahmen, um Recyclingunternehmen abzusichern für den Fall, dass die Preisentwicklung Recycling unrentabel macht. Dies kündigte der Generaldirektor des Umweltschutzministeriums bei einer parlamentarischen Beratung im Februar 2017 an. Im Oktober 2017 befand sich der Fördermechanismus noch im Beratungsstadium.

Auch bei Großprojekten kann Privatkapital in der einen oder anderen Form beteiligt werden. So wurde die geplante Anlage zur Energiegewinnung aus Siedlungsabfällen in Rishon le-Zion als BOT-Projekt (Build, Operate, Transfer) ausgeschrieben. Weitere Projekte dieser Art könnten folgen, wobei die Teilnahme ausländischer Bewerber, zumeist als Teil eines Konsortiums, in Israel bei großen Infrastrukturprojekten häufig vorkommt.

Leistungspalette wird breiter

Das israelische Umweltschutzministerium fördert die Abfallwirtschaft vor allem aus Mitteln eines Sonderfonds. In den Jahren 2008 bis 2016 waren es nach Angaben des Ressorts insgesamt zwei Milliarden Neue Schekel. Nach dem Durchschnittswechselkurs für diese Zeitspanne entspricht dies etwa 536 Millionen US-Dollar.

Dem Umweltschutzministerium zufolge waren im Sommer 2017 in Israel gut 30 Transfer- beziehungsweise Transfer- und Sortierstationen sowie etwa 150 Recyclingbetriebe tätig. Für vier Bereiche hat Israel ein System der erweiterten Herstellerverantwortung eingeführt, das den Herstellern beziehungsweise bei ausländischen Produkten den Importeuren die Verantwortung für die Entsorgung der Materialien auferlegt. Dabei handelt es sich um Verpackungen, Elektro- und Elektronikschrott inklusive Batterien, Reifen und Getränkebehältnisse. Bei Reifen lag die Recyclingquote im Juli 2016 bei angeblich 67 Prozent, bei kleinen Getränkebehältern im Jahr 2015 bei rund 76 Prozent und bei Verpackungen bei 77 Prozent. Für Getränkebehälter und elektronischen Abfall liegen bis dato keine aktuellen Recyclingquoten vor.

Um die Vorgaben des Gesetzes zum Verpackungsrecycling zu erfüllen, gründeten Industrie und Importwirtschaft die gemeinnützige Firma T.M.I.R. Sie ist eine sogenannte anerkannte Stelle, die vom Umweltschutzministerium für Zwecke des betreffenden Gesetzes zugelassen wurde. Im August 2017 kündigte Umweltschutzminister Zeev Elkin an, sein Ressort wolle weitere Unternehmen für das Einsammeln und Recyceln von Verpackungen zulassen und damit für mehr Wettbewerb sorgen. Laut Ministerium hatten zum genannten Zeitpunkt drei weitere Unternehmen Interesse an einer Marktzulassung angemeldet. Auf dem Gebiet E-Schrott sind zwei Unternehmen als „anerkannte Stellen“ für das Einsammeln verantwortlich: M.A.I. – Electronics Recycling Corporation und Ecommunity. Weitere Unternehmen können eine Marktzulassung beantragen. Die größte für Getränkebehältnisse zuständige Einrichtung ist die ELA Recycling Corporation, gefolgt von der Firma Asofta und von mehreren kleineren Akteuren. Für das Recycling von Reifen sind zwei Unternehmen verantwortlich: Tyrec Tire Recycling Industries und T.M.Z. Company Ltd. Tire Recycling Industries. Das Umweltschutzministerium würde den Markteintritt weiterer Unternehmen begrüßen, heißt es. Die Müllabfuhr und die Abfallbehandlung obliegen den Kommunen.

Gewerbliche Firmen: in ihrer Beschaffungspolitik frei

Der israelische Markt ist für Importe offen. Bei Aufträgen der öffentlichen Hand gilt die Ausschreibungspflicht; bei Beschaffungsmaßnahmen öffentlicher Stellen ab einem Wert von fünf Millionen US-Dollar müssen ausländische Lieferanten eine Gegengeschäftsverpflichtung eingehen. Bei Aufträgen, die unter das internationale Abkommen zur Regierungsbeschaffung (GPA) fallen, beträgt die Gegengeschäftsquote 20 Prozent des Auftragswertes. Bei zivilen Aufträgen, die außerhalb des GPA erteilt werden, sind es 35 Prozent.

Gewerbliche Firmen sind in ihrer Beschaffungspolitik frei. Einfuhren werden sowohl von den Recyclingunternehmen direkt als auch über Importfirmen getätigt. Das israelische Umweltschutzministerium steuert die Nachfrage nach Anlagen und Dienstleistungen im Recyclingbereich durch umweltpolitische Bestimmungen ebenso wie durch finanzielle Anreize.

Indessen führt das Ministerium keine eigenen Recyclingtätigkeiten durch und tritt nicht als Beschaffungsstelle auf. Ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht stehen unter www.gtai.de/recht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen unter www.gtai.de/zoll zur Verfügung.

Verfasser: Wladimir Struminski, Quelle: Germany Trade & Invest

Foto: pixabay

(EU-Recycling 03/2018, Seite 22)

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