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Fehlende Zutaten für die echte Kreislaufwirtschaft

Als der Verband der europäischen Recyclingwirtschaft EuRIC (European Recycling Industries‘ Confederation AISBL) am 6. März seine Jahreskonferenz in Brüssel abhielt, diskutierten mehr als 200 Teilnehmer die wichtigsten Themen für die Recyclingbranche.

Geschlossene Kreisläufe gelten als ideales Rezept, um in der Europä­ischen Union eine Kreislaufwirtschaft zu realisieren, die diesen Namen verdient. Allerdings scheinen sich nicht alle bisherigen Vorschriften und Maßnahmen reibungslos in dieses Ziel einzufügen, denn es gibt nach wie vor Probleme, die ein Recycling erschweren.

Zum Beispiel REACH

EuRIC-Präsident Michael Schuy eröffnete die Konferenz, indem er die richtige Balance im Hinblick auf die Gesetzgebung für Abfälle, Chemikalien und Produkte anmahnte. Aktuelle Beispiele demonstrierten die negativen Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette, die eine neue Einstufung von Substanzen (wie Kobalt oder Blei) im Chemikalienrecht haben kann. Seiner Ansicht nach sollten die mit einer Substanz verbundenen tatsächlichen Risiken berücksichtigt werden, besonders dann, wenn sie in einen Wertstoff eingebettet ist, und nicht einfach nur die Gefahren. Er befürchtet, dass durch die EU-Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) das Recycling in Europa Schaden nehmen könnte.

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Die Bedeutung eines risikobasierten Ansatzes, der die mögliche Toxizität berücksichtigt, sprach auch Christer Forsgren, Leiter der Abteilung Technologie und Umweltwissenschaft der Stena Metall Group, an. Seinen Worten zufolge geht es oft um Inhalte von Substanzen nahe an der Nachweisgrenze (im Bereich der Atome), was zur Folge habe, dass fast alles überall zu finden sei. Die Kriterien für das Abfallende und die Abfallklassen beruhten jedoch nicht auf Konzentrationen von Substanzen. Hans Regtuit (EUROFER) und Keith Freegard (Axion Polymers) unterstrichen, es sei wichtig, dass die Chemikaliengesetze für Kreisläufe geeignet sind, und nannten Beispiele. Ihrer Einschätzung nach könnten sich die – oben erwähnten – aktuellen Vorschläge als Recycling-Hemmer im Metallbereich erweisen, sollten sie Realität werden.

Enrique Garcia-John, Fachreferent für Chemikalien bei der EU-Generaldirektion Wachstum, erläuterte die Maßnahmen der EU-Kommission, die Schnittstelle des Abfall-, Chemikalien- und Produktrechts zu optimieren. Da sich beispielsweise bromierte Flammschutzmittel in Recyclingkunststoffen befinden können, sollte auf nicht-giftige Materialkreisläufe Wert gelegt werden, um Recycling zu ermöglichen und die Nutzung von Sekundärrohstoffen zu verbessern. Nach dem Willen der EU-Kommission sollen Rahmenbedingungen für den Umgang mit bedenklichen Stoffen entwickelt werden. Zudem soll es Richtlinien geben, die sicherstellen sollen, dass solche Stoffe in der Vorbereitung von Vorschlägen zum Stoffmanagement besser berücksichtigt werden. Last but not least will die Kommission prüfen, ob Rechtsvorschriften notwendig sind, die eine effektivere Kontrolle über die Nutzung der existierenden Ausnahme von der REACH-Registrierung für zurückgewonnene Substanzen zulassen. In diesem Zusammenhang forderte er die Anwesenden auf, an der öffentlichen Konsultation teilzunehmen (Dauer: März bis Mai), um die Vorschläge der Kommission zu kommentieren.

Beispiel Ökodesign

Dass die Recyclingfähigkeit von Produkten von einem entsprechenden Ökodesign abhängt, ist seit langem bekannt, vor allem in den Unternehmen der Recyclingwirtschaft. Mittlerweile beschäftigt sich auch die EU-Kommission mit diesem Thema, um die Kreislaufwirtschaft voranzubringen. Fulvia Raffaelli, Leiterin der Abteilung Clean Technologies and Products in der Generaldirektion Wachstum, informierte über die Bestrebungen der EU-Kommission, die Recyclingfähigkeit von Produkten über Ökodesign-Anforderungen und -Normen zu fördern. Recycler und Hersteller sollten in der Produktentwicklung eine Partnerschaft eingehen, hob sie hervor.

Daneben betonte Andreas Kessler, Direktor des Geschäftsbereichs Kunststoffe bei Suez Recycling & Recovery Benelux und Deutschland, die entscheidende Rolle von Ökodesign für das Recycling anhand von Beispielen. Seiner Ansicht nach ist es in einer Kreislaufwirtschaft nicht länger tragbar, Produkte zu gestalten, ohne ihre spätere Verwertung nach ihrer Lebensdauer zu berücksichtigen. Er vertrat die Auffassung, dass Hersteller, die schon im Design-Stadium an die Recyclingfähigkeit denken, nicht für Produzenten bezahlen müssen, die sich damit nicht auseinandersetzen. Im Hinblick auf das Kunststoffrecycling hält er Maßnahmen wie CO2-Gutschriften, Steuererleichterungen, ein umweltorientiertes Beschaffungswesen oder einen Mindestanteil an Recyclingmaterial für geeignet, die Nachfrage nach Recyclingkunststoffen zu unterstützen und die Recyclingkapazität in Europa zu erhöhen; eine stabile Nachfrage begünstige Investitionen.

Beispiel Altautos

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Artemis Hatzi-Hull: Die EU-Altfahrzeugdirektive soll bis Ende Dezember 2020 überprüft werden (Foto: EuRIC)

Auch im Bereich des Autorecycling existiert Nachholbedarf. Artemis Hatzi-Hull, in der Generaldirektion Umwelt für Altfahrzeuge zuständig, stellte die Kernpunkte einer künftigen Regulierung auf europäischer Ebene vor. So soll eine „Verantwortung für die Gestaltung“ (design responsability) Autobauer motivieren, recyclingfähigere Fahrzeuge zu produzieren, den Gebrauch von gefährlichen Substanzen zu begrenzen und mehr Recyclingmaterialien in Neufahrzeugen einzusetzen. Außerdem ging sie auch auf Elektrofahrzeuge und ihre Auswirkungen auf den Recyclingprozess ein. In diesem Zusammenhang kündigte die Vertreterin der EU-Kommission an, dass die EU-Altfahrzeugdirektive bis Ende Dezember 2020 überprüft werden soll. Nach wie vor eine Herausforderung für die EU-Kommission und die Recyclingwirtschaft ist die hohe Anzahl der in Europa fehlenden Altfahrzeuge. Den Angaben zufolge betrug die Lücke 4,6 Millionen Altfahrzeuge im Jahr 2014. Nach Meinung von Thomas Papageorgiou, Vorsitzender der European Shredder Group und Direktor für Compliance des griechischen Unternehmens Anamet, würde sich die Situation verbessern, indem zum einen Anreize den Verwertungsnachweis stärken und sicherstellen, dass die Fahrzeuge an autorisierte Verwerter geliefert werden. Zum anderen sollten die Anforderungen der Altfahrzeugdirektive konsequenter durchgesetzt werden.

Brigitte Weber

Foto: EuRIC

(EU-Recycling 05/2018, Seite 10)