Welche biobasierten Stoffe könnten Zementklinker ersetzen?

Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung untersucht, inwieweit pflanzliche Stoffe wie Kokosfasern, Akaziensaft oder Cassava-Schalen als Rohmaterial für chemische oder mineralische Zusatzstoffe von Beton infrage kommen.

Als wesentlicher Bestandteil von Zement, der im Beton als Bindemittel eingesetzt wird, erfolgt die Herstellung von Zementklinker bei hohen Temperaturen. Die chemische Reaktion ist mit enormen Kohlendioxidemissionen verbunden. Welche biobasierten Stoffe helfen, den Klinker zu ersetzen oder wirksamer zu verwenden wobei wichtige Eigenschaften des Betons wie das Fließverhalten, die Festigkeit oder die Dauerhaftigkeit bestehen bleiben? Das untersucht die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM). „Wir experimentieren unter anderem mit Kokosfasern, Akaziensaft oder Cassava-Schalen und prüfen, wie belastbar der Bio-Beton im Vergleich zu herkömmlichen Mischungen ist“, erklärt Dr. Wolfram Schmidt aus dem BAM-Fachbereich Baustofftechnologie. „Anregungen, welche pflanzlichen Stoffe sich für das Experimentieren lohnen, ergeben sich oftmals aus Kooperationen mit afrikanischen Kolleginnen und Kollegen.“

Ein Tipp kam aus Nigeria: Cassava. In dem westafrikanischen Land gehört Cassava, auch Maniok genannt, zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln. Weltweit ist Nigeria der größte Produzent der Pflanze. Da nur die stärkehaltige Wurzelknolle gegessen wird, fallen als Reststoffe große Mengen der Schalen an. Gleichzeitig ist in Nigeria Beton ein stark nachgefragter Baustoff, für dessen Herstellung leicht verfügbare Rohstoffe gesucht werden. Cassava-Schalen sind den BAM-Erkenntnissen nach in doppelter Hinsicht ein geeigneter Rohstoff für Beton: Aus den Schalen lässt sich die anhaftende Reststärke gewinnen und als ein Zusatzmittel verwenden, das die Verarbeitungseigenschaften des Betons verbessert. Der Zement kann wirksamer genutzt werden. Werden danach die Schalen verbrannt, lässt sich die Asche aufgrund ihres hohen Anteils an reaktivem Siliziumdioxid als nachhaltiger Zementersatz verwendet und die Ökobilanz im Vergleich zu herkömmlichem Beton verbessern. Aus bisher ungenutzten Ressourcen werden gleichzeitig chemische Zusatzmittel und mineralische Zementersatzstoffe gewonnen. Und die Nutzung der Cassava-Schalen bringt laut BAM noch einen weiteren Pluspunkt: Die Verbrennungsenergie bei der Ascheproduktion kann für die Ziegelherstellung genutzt werden.

In Deutschland wächst zwar kein Cassava, aber auch hier und in anderen westlichen Ländern ist die Bauwirtschaft auf der Suche nach neuen, möglichst nachhaltigen Rohstoffen für die Betonproduktion. „Aus unserer Grundlagenforschung und den Erfahrungen, die wir bei der Zusammenarbeit mit unseren afrikanischen Partnern sammeln, werden wir einiges auf die Gegebenheiten in hochtechnisierten Ländern übertragen können“, ist sich Wolfram Schmidt sicher. Vielleicht ersetzen dann in der Zukunft pflanzliche Komponenten die chemischen Zusatzstoffe im Hochleistungsbeton. Die nachhaltige Nutzung landwirtschaftlicher Reststoffe in der Bauwirtschaft wäre nicht nur ein Beitrag zum Umweltschutz, sondern auch eine mögliche zusätzliche Einkommensquelle für die Landwirte.

www.bam.de

Quelle: BAM, Bild: Michael Danner

(EU-Recycling 06/2018, Seite 29)