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Wärmedämmverbundsysteme: Noch fehlen Abfallmanagement-Strategien

Laut Fachverband Wärmedämmverbundsysteme wurden zwischen 1960 und 2012 bundesweit insgesamt 900.000.000 Quadratmeter Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) verbaut. Im Jahr 2012 entstanden durch Rückbau oder Sanierung rund 50.000 Quadratmeter Styropor-basierte WDVS-Abfälle mit einer Masse von etwa 75 bis 100 Tonnen.

Der WDVS-Fachverband prognostiziert für das Jahr 2030 eine Erhöhung der Rückbaumengen auf circa 20.000 bis 35.000 Tonnen. Für die Zeit nach 2050 sollen Rückbaumengen an Expanded Polystyrene (EPS = Styropor) von 50.000 Tonnen jährlich erreicht werden. Eine vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebene Studie hat die aktuellen Recycling- und Vermarktungschancen für Wärmedämmverbundsysteme untersucht.

Werkstoffliche, rohstoffliche oder energetische Verwertung

Die Studie stellt neben Rückbaumethoden auch die Vor- und Nachteile verschiedener Trennverfahren vor, die auf der jeweiligen Baustelle an Ort und Stelle einsetzbar sind. Als Verwertungsmöglichkeiten stehen neben Wiederverwendung werkstoffliche, rohstoffliche sowie energetische Verarbeitung zur Verfügung.

Zur Wiederverwendung muss das WDVS ohne Schäden ausgebaut werden und an einer anderen Stelle mit der gleichen Funktionalität wieder verbaut werden können. Werkstofflich und rohstofflich können rückgebaute WDVS komplett recycelt werden, erfordern jedoch aufgrund ihrer Verbundfestigkeit methodischen Aufwand, um die einzelnen Komponenten wie Klebstoff, Dämmstoff, Armierungsträger und Putz abzutrennen. Durch thermische Verwertung bietet sich die Möglichkeit, die zur Herstellung der WDVS aufgewandte Energie als Wärmeenergie rückzugewinnen. Als letzte Option steht Beseitigung von Abfällen auf Deponien zur Verfügung, sollten die Abfälle nicht verwertet werden können. Zu den Auflagen der Deponierung gehört unter anderem, dass die Reststoffe nur einen Gehalt an organischem Material unter fünf Prozent aufweisen dürfen und gegebenenfalls vorbehandelt werden müssen.

Für synthetische wie mineralische Stoffsorten

Ein weiteres Kapitel der Studie des Umweltbundesamtes widmet sich ausführlich den Rückbauverfahren so­wie den Verwertungs- und Entsor­gungsmöglichkeiten der einzelnen synthetischen Dämmstoffsorten. Detailliert wird dabei auf die stoffliche und energetische Verwertung von Polystyrol-Dämmstoffen eingegangen, die an 1.500 Sammelstellen entgegengenommen werden – falls das Material sortenrein, weiß und sauber ist und keine Anhaftungen, Farben, Lacke und Fremdstoffe aufweist. Die Problematik des Flammschutzmittels HBCD wird dabei ebenso erläutert wie die Möglichkeiten, das CreaSolv-Verfahren zur selektiven Extraktion einzusetzen. Materialien, die Polyole enthalten, können mittels Acidolyse aus PU-Schaum rückgewonnen werden. Dieses Verfahren wird mittlerweile im industriellen Maßstab umgesetzt.

Das folgende Kapitel konzentriert sich auf die Verwertung und Beseitigung mineralischer Dämmstoffe wie Mineralwolle, Mineralschaum, solcher aus nachwachsenden Rohstoffen sowie „Gemischter Bau- und Abbruchab­fälle“, die unter den Abfallschlüssel 17 09 04 fallen. Weitere Schwerpunkte bilden Ökobilanzen von Dämmstoffen und WDVS sowie Umweltproduktdeklarationen (Environmental Product Declarations = EPDs).

Kennzeichnung von Komponenten wäre hilfreich

Die Studie endet neben anderem in Empfehlungen zu Ressourceneffizienz- und Recyclingkriterien für die Vergabegrundlage des Blauen Engels. Darin heißt es zusammenfassend: „Der Rückbau der WDVS sollte zukünftig in der Regel selektiv erfolgen, um die einzelnen Komponenten einer spezifischen Verwertung zuführen zu können. Eine sortenreine Entsorgung von Verbundwerkstoffen wie WDVS ist aktuell noch aufwendig. Bisher fehlen noch Abfallmanagementstrategien für eine ressourcenschonende und umweltgerechte Entsorgung von Wärmedämmverbundsystemen beziehungsweise in den WDVS eingesetzten Dämmstoffen, beispielsweise Lösungsansätze für den volumenoptimierten Transport von EPS-Dämmstoffen. Für ein rückbaufreundliches-WDVS wäre eine eindeutige Kennzeichnung von Komponenten hilfreich.“

Die Studie „Weiterentwicklung des Umweltzeichens Blauer Engel für Wärmedämmverbundsysteme: Kriterien für Dämmstoffe sowie biozidfreie Putze und Beschichtungen“ kann unter www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2018-04-12_texte_30-2018_waermedaemmverbundsysteme.pdf [1] heruntergeladen werden.

Foto: Ingo Bartussek / fotolia.com

(EU-Recycling 06/2018, Seite 33)