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Schrottmarktbericht: Geringe Änderungen

Bei einer durchweg guten Schrottnachfrage im Berichtsmonat Juni kauften die Verbraucher nach zähen Verhandlungen die Neuschrotte auf Vormonatspreis­niveau ein, während sie für Altschrotte je nach Verbraucher und Sorte die Einkaufspreise um 1 bis 7 Euro pro Tonne zurücknahmen. Damit konnten die Werke die Tiefseemarktschwäche Anfang Juni und die im Vergleich zum Inlandsniveau immer noch schwächeren Exportpreise nur für leichte Preisreduzierungen nutzen.

Im Osten Deutschlands fielen die Altschrottpreise je nach Werk und Sorte um 3 bis 7 Euro pro Tonne, während am Monatsanfang die Abschlüsse im Westen bei verringertem Bedarf zu weitgehend unveränderten Preisen erfolgten. Je nach Verbraucher sanken in Deutschlands Norden und Nordwesten die Preise für die Sorten E1 und E3 um bis zu 5 Euro pro Tonne und blieben bei den restlichen Sorten konstant. Unveränderte Preise wurden aus dem Süden gemeldet, während sie im Südwesten je nach Sorte stabil blieben oder leicht schwächer tendierten.

Nachbarländer

Bei einem unverändert hohen Bedarf importierten die Abnehmer in der Schweiz den Schrott aus Deutschland zu Vormonatspreisen. Der italienische Zukaufbedarf war nach Angaben des Handels geringer als im Vormonat. Hier könnte der Minderbedarf eines Stahlwerks eine Rolle gespielt haben, dessen Rohstahlproduktion nach einer Explosion am 13. Mai 2018 gestoppt werden musste; die Wiederinbetriebnahme erfolgte Anfang Juni. Eine Hochofenzustellung beim größten österreichischen Stahlhersteller reduziert den dortigen Schrottbedarf bis Oktober, sodass die normalerweise aus Nachbarländern importierten Schrotte andere Abnehmer finden werden. Die italienischen Werke setzten im Berichtsmonat Preisabschläge von bis zu 5 Euro pro Tonne durch; für die Blechabfälle ließen sie die Preise unverändert. Die Einkaufspreise der Verbraucher in Belgien und den Niederlanden waren ebenfalls stabil. Um die Nachfrage der türkischen Verbraucher zu befriedigen, hoben die Exporteure zum Redaktionsschluss ihre Anfang Juni gesenkten Tiefseelagerpreise wieder auf das Mai-Niveau an.

Der Abnehmer in Luxemburg ließ die Preise für alle Sorten bis auf einen 3-Euro-Abschlag für Scherenschrott gegenüber Mai unverändert. In Polen sollen die Preise bis zu 9 Euro pro Tonne gefallen sein, was die Lieferbereitschaft in grenznahe Regionen positiv beeinflusst hat. Genau wie in Deutschland starteten im Vereinigten Königreich die Schrottverbraucher ihre monatlichen Vertragsverhandlungen mit der Absicht, die Preise zurückzunehmen. Der hohe Bedarf, und die gute Nachfrage aus Drittländern, unterstützt vom schwachen britischen Pfund gegenüber dem US-Dollar, führten letztendlich zu unveränderten Preisen gegenüber Mai.

Gießereischrottmarkt weiterhin fest

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Grafik: bvse

Das Gros der deutschen Gießereien ist unverändert gut ausgelastet, und der Bedarf bestimmter Sorten wie beispielsweise Bremsscheiben oder TZ-Stanzabfälle stellt die Anbieter bei der Beschaffung zum Teil vor besondere Herausforderungen. Je nach Region und Sorte waren bei Gießereien, die keiner Preisbindung unterliegen, 5 Euro pro Tonne mehr zu erzielen. Die hart geführte Auseinandersetzung des Automobilzulieferers Prevent-Gruppe mit dem Automobilhersteller VW hat sich durch den noch andauernden Streik der Beschäftigten in der Eisengießerei Neue Halberg Guss am Standort Leipzig zusätzlich zugespitzt. Produktionsausfälle und damit ein verringerter Schrottbedarf im Juni sind die Folge. Die internationalen Roheisenanbieter konnten bisher keine höheren Preise gegenüber den Gießereien durchsetzen. Dennoch hat der schwächere Euro im Vergleich zum US-Dollar die Roheisenimporte für die Verbraucher verteuert.

Unerwartet

Seit März ist es den türkischen Verbrauchern gelungen, bei hohem Bedarf die Preise zu bestimmen. Allerdings nutzten während dieser Zeit einige Lieferanten aus den USA, Europa und dem Baltikum vermehrt die sich ihnen bietenden Absatzmöglichkeiten in alternative Zielländer. Mit dem dadurch knapper gewordenen Angebot für die – auf einen steten Importzufluss angewiesenen – türkischen Werke scheint ab der 24. Kalenderwoche ein Punkt erreicht worden zu sein, an dem sie sich zur Überraschung der Lieferanten zu Preiszugeständnissen genötigt sahen. Hinzukam, dass sie ihren zusätzlichen Bedarf an Qualitätsschrotten nicht mehr über den üblichen Preisaufschlag, der beispielsweise für Shredderschrott bei 5 US-Dollar pro Tonne bezogen auf die Sorte HMS 1/2 (80:20) liegt, decken konnten und Aufpreise bis zum Dreifachen dieser Differenz bezahlen mussten. Der wirtschaftlichen Notwendigkeit, kostenoptimal zu produzieren, stellen sich selbstverständlich auch die türkischen Hersteller und schmelzen daher verstärkt Qualitätsschrotte ein, die eine höhere Fe-Ausbringung garantieren. Der seit Mitte Juni etwas schwächere Euro unterstützte die europäischen, zur Auslieferung im Juli vorgesehenen Schrottverkäufe in die Türkei.

Schlussbemerkungen

[2]

Deutschland, Basisjahr 2010 = 100, Quelle: Statistisches Bundesamt/Destatis

In den kommenden beiden Monaten ist durch die anstehenden zwei- bis dreiwöchigen ferien- beziehungsweise betriebsbedingten Schließungen der meisten Elektrostahlwerke mit einem reduzierten Schrottbedarf zu rechnen, der auf einen reduzierten Entfall treffen wird. Eine durchgehende, wenn auch beschränkte Schrottannahme scheint bei den meisten Verbrauchern möglich zu sein. Dieses Vorgehen lässt auf entsprechend gute Anschlussaufträge im Frühherbst und einen gewissen Lageraufbau schließen. Der sich abzeichnende normale sommerübliche Bedarf im Inland und der möglicherweise höhere Bedarf in Drittländern sowie der geringen Bereitschaft der Werke ihre Fertigstahlpreise senken zu müssen, könnten die Basis für stabile Schrottpreise im Juli sein. Deutliche Preisänderungen werden in Handelskreisen nicht erwartet.

Die Auswirkungen der zunehmenden weltwirtschaftlichen Risiken, wie der Ausgang der türkischen Präsidentschaftswahlen am 24. Juni 2018 oder die sich anbahnenden weltweiten Zollschlachten, angeführt von der US-Regierung, könnten jedoch alle theoretischen Gedankenspiele zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung schnell über den Haufen werfen.

Redaktionsschluss 20.06.2018, BG-J/bvse (Alle Angaben/Zahlen ohne Gewähr)
Foto: Marc Weigert

(EU-Recycling 07/2018, Seite 26)

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