„Wenn die stoffliche Verwertung weitergehen soll, muss sich das Denken der Modeindustrie ändern“

Nach Ansicht von Michael Sigloch (Gras & Sigloch GmbH & Co.) haben einige Regelungen in Deutschland die normalen Gesetzmäßigkeiten von Angebot und Nachfrage untergraben. Das führte zu einem großen Überschuss an gebrauchter Kleidung. Gleichzeitig bestehe die Gefahr, dass minderwertige Sorten „unverkäuflich“ würden.

Die Materialzusammensetzung der heutigen Kleidung sei so heterogen, dass das sinnvolle mechanische Recycling von hochwertigen Materialien unmöglich sei. „Wenn die Welt wünscht, dass die stoffliche Verwertung weitergehen soll, muss sich das Denken innerhalb der Modeindustrie ändern“, sagte Sigloch beim Treffen der BIR-Fachsparte Textil auf der Frühjahrstagung des Weltverbandes in Barcelona.

Der afrikanische Markt bewegt sich wieder, aber langsam

Wie Martin Böschen von der Schweizer Texaid Textilverwertungs-AG bestätigt, ist das Angebot an Originalsammelware in Westeuropa in den letzten Monaten deutlich gestiegen. Die osteuropäische Nachfrage nach sortierter Ware war rückläufig und die Bestellungen aus Afrika blieben angesichts anhaltender verspäteter Zahlungen auf niedrigem Niveau. Es bestehe ein hohes Risiko, dass sich die Nachfrage im Herbst nicht bessern werde. Laut dem italienischen Unternehmer Sauro Ballerini bewegt sich der afrikanische Markt wieder, jedoch langsam. Pol T‘Jollyn von der Recutex NV in Belgien berichtete, dass Zahlungen aus Afrika immer noch problematisch seien. In seinem Heimatland bereiteten vor allem illegale und subventionierte Sammlungen den Unternehmen Sorgen.

Alan Wheeler von der britischen Textile Recycling Association sprach von einem dramatischen Rückgang der Sortieraktivitäten in Großbritannien, hauptsächlich deshalb, „weil es für die Sortierer praktisch unmöglich war, Personal zu finden und einzustellen“. Die Industrie sei sehr abhängig von zugewanderten Arbeitnehmern, von denen viele traditionell aus anderen EU-Ländern kämen. Die neuesten offiziellen Zahlen zeigten nun zum ersten Mal seit vielen Jahren eine negative Nettomigration aus anderen Teilen der EU nach Großbritannien.

(EU-Recycling 08/2018, Seite 11)