Ersatzbrennstoffe: Den Variablen auf der Spur

Je nach Verwendung und Qualitätsanforderungen – ob aus Produktions-, Gewerbe- oder gemischten Siedlungsabfällen – setzen sich Ersatzbrennstoffe inhaltlich unterschiedlich zusammen.

Ersatzbrennstoffe herzustellen, ist ein in Deutschland seit Jahren gängiges Verfahren. Laut neuesten Zahlen des Umweltbundesamtes waren 2016 insgesamt 35 EBS-Kraftwerke mit einer jährlichen Kapazität von 6,3 Millionen Tonnen, einem Durchsatz von 5,7 Millionen Tonnen und einer Bruttoenergie-Erzeugung von 44 Petajoule in Betrieb. Und die Inputmengen sollen sich von 2015 bis 2030 von 5,7 auf 4,4 Millionen Tonnen verringern.

Das Variable an Ersatzbrennstoffen ist ihr Inhalt, der sich je nach Verwendung und unterschiedlichen Qualitätsanforderungen zusammensetzt. EBS bestehen aus Produktions-, Gewerbe- und gemischten Siedlungsabfällen. Deshalb gibt es für Ersatzbrennstoffe in Deutschland diverse Gütezeichen, die die Qualität von aufbereiteten Reststoffen für den Einsatz als Brennstoffe angeben. Schon 2008 veröffentlichte die TU Dresden eine Studie, die bescheinigte: „Die erforderliche Qualitätssicherung bei den stofflichen Eigenschaften ist weit fortgeschritten; bei den verbrennungstechnischen Eigenschaften sind inzwischen belastbare Bestimmungsverfahren entwickelt, die auf der Basis verbrennungstechnischer Kennzahlen einen Vergleich mit Regelbrennstoffen ermöglichen.“ Bei Sekundärbrennstoff (SBS) oder „Solid Recovered Fuel“ (SRF) handele es sich um hochkalorische Fraktionen, die bezüglich ihrer chemisch/physikalischen Eigenschaften die Europäische Norm CEN-TS 15359 erfüllen.

RDF, SRF oder SBS?

Das relativierte noch vor kurzem Geert Cuperus von der European Recovered Fuel Organisation (ERFO). Da es für den Begriff „Refuse-Derived Fuel“ (RDF) keine offiziellen Definitionen gäbe, würden ihm in der täglichen Praxis hochkalorische und chlorarme Abfälle zugerechnet, deren Inhalt, Qualität und Zusammensetzung variiere. Erst der europäische Standard CEN-TS 15359 für SRF habe dazu geführt, dass Details über den Nettoheizwert sowie den Chlor- und Quecksilbergehalt spezifiziert werden. Allerdings – so Cuperus – sei dieser Standard keine Verpflichtung, Angaben zu Eigenschaften wie dem Gesamtschwermetall-Gehalt wären freiwillig, und es falle notwendigerweise eine Konformitätserklärung an. In Deutschland entsprechen gütegesicherte Sekundärbrennstoffe nach RAL-GZ 724 den dafür festgelegten Qualitätskriterien und werden als Marke „SBS®“ gekennzeichnet. „Je höher die Anforderung des Abnehmers ist, desto selektiver muss die Abfalltrennung erfolgen“, informiert die Alba Group auf ihrer Serviceseite. Was das für die praktische Umsetzung durch EBS-Hersteller bedeutet, beleuchtete im April 2013 ein Workshop von Fraunhofer Umsicht.

In diversen Vorträgen kamen Einflussparameter bei der Mitverbrennung wie Brennermodifikationen, Anpassungen der Brennerluftströme und Erhöhung der Mahlfeinheit zur Sprache. Ein Experte zeigte Beispiele für die Computer-Simulation der numerischen Strömungsmechanik (Computational Fluid Dynamics, CFD) bei Mitverbrennung von Ersatzbrennstoffen. Und für drei EBS-Materialien wurden Berechnungsmodelle erstellt, um Partikelgeometrien, Flugverhalten, Widerstandsbeiwerte, Zünd- und Verbrennungseigenschaften der Brennstoffe zu bestimmen.

NIR-Technik in Echtzeit

Seit 2007 werden Nahinfrarot-Systeme kontinuierlich für die Echtzeitanalytik von Ersatzbrennstoffen weiterentwickelt. Die NIR-Technik ermöglicht die Ermittlung von Brennwert, Heizwert, Wasser-, Asche und Chlorgehalt mit einer hohen Genauigkeit in Echtzeit. Dadurch soll die Aufbereitung bei der Herstellung von Ersatzbrennstoffen soweit automatisiert werden, „dass eine auf den Verwertungsprozess angepasste Ersatzbrennstoffherstellung durch adaptive Prozessteuerung möglich ist“, war auf der Berliner Abfallwirtschafts- und Energiekonferenz 2016 zu erfahren.

Produktionsausfälle durch Ansatzbildung

Bislang ist noch offen, welche Auswirkungen der Eintrag von Chlor- und Schwefelverbindungen in Zementwerken auf den Klinkerbrennprozess hat. Denn wenn dabei alternative Brennstoffe anstelle von Kohle Einsatz als Brennstoff finden, kann es zur Bildung von Ansätzen in den Ofenanlagen kommen. Die unterschiedlichen Brennstoffeigenschaften können zu einer veränderten Flammenform und damit zu einem veränderten Temperaturprofil führen. Die dadurch maßgeblich beeinflussten Prozessbedingungen könnten schlimmstenfalls einen Produktionsausfall von mehreren Tagen bedeuten. Ein im Dezember 2017 gestartetes und vom Bundeswirtschaftsministerium gefördertes Forschungsvorhaben versucht daher, geeignete Lösungsansätze zu erarbeiten, um solche Stillstände zu vermeiden. Wie der Verein Deutscher Zementwerke e.V. mitteilt, soll primär der Einfluss der veränderten Flammencharakteristika und Wärmeströme auf die Bildung von Ansätzen in der Sinterzone untersucht werden. Darüber will man die – für die Bildung ungesinterter Ansätze am Ofeneinlauf kritischen – Konzentrationsbereiche von Chlor, Schwefel und Alkalien quantifizieren.

Die Heizwertqualität von Ersatzbrennstoffen wird sich durch diese Forschungen sicherlich noch steigern lassen. Doch schon heute steht fest – und das wurde durch eine vom bvse in Auftrag gegebene Studie im Juni 2017 bestätigt –, dass EBS-Kraftwerke mit niedrig aufbereiteten Abfällen einen Wert von 50 Prozent erreichen und MVA lediglich einen durchschnittlichen energetischen Wirkungsgrad von 40 Prozent.

Foto: Marc Szombathy

(EU-Recycling 08/2018, Seite 32)