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Siedlungsabfallwirtschaft 2030: Innovationen sind kaum zu erwarten

Wie wird sich die Zusammensetzung der Siedlungs- und Gewerbeabfälle in den nächsten Jahren entwickeln? Und welche Folgen wird das für die Abfallwirtschaft tätigen? fragte Holger Alwast (Alwast Consulting) am 19. Juni auf der „Waste and Recycling Strategy“-Tagung in Hannover. Und zeigte mit einer „Zeitreise“, was sich voraussichtlich ändern wird und was nicht.

Zunächst lieferte Alwast eine aktuelle Bestandsaufnahme: Von den haushaltstypischen Siedlungsabfällen und den zur Verfügung stehenden Gewerbeabfällen gelangen 46,6 Millionen Tonnen in thermische Behandlungsanlagen. Rund die Hälfte davon (25,6 Millionen Tonnen) nehmen Müllverbrennungsanlagen und Ersatzbrennstoffwerke auf, gefolgt von Bio-Heizkraftwerken (8,5 Millionen Tonnen) und Anlagen zur Mitverbrennung (7,5 Millionen Tonnen). Hinzu kommen Sortier- und Aufbereitungsanlagen mit eine Kapazität von 67 Millionen Tonnen jährlich, die hauptsächlich aus Sortieranlagen (25,8 Millionen Tonnen), Schredderanlagen und Schrottscheren (14,7 Millionen Tonnen) und sonstigen Behandlungsanlagen (24,9 Millionen Tonnen) bestehen.

Der Müllverbrennungspark setzt sich aus 65 Anlagen mit einer Kapazität von knapp 20 Millionen Tonnen und einem durchschnittlichen Alter von 21 Jahren zusammen. Die 35 Ersatzbrennstoffwerke mit einem Durchschnittsalter von 10,5 Jahren verfügten 2018 über eine Kapazität von 5,4 Millionen Tonnen. Der Anlagen-Input von zusammen 25,6 Millionen Tonnen speist sich 2016 vor allem aus Restabfällen (14 Millionen Tonnen), inländischen Sekundärabfällen (sechs Millionen Tonnen) und 3,3 Tonnen ungefährlicher Industrie- und Gewerbeabfälle. Als Output resultieren – neben sieben Millionen Tonnen Schlacken und Asche – Strom, Wärme und Dampf.

Der aktuelle Hausmüll (2016) besteht in der Hauptsache zu einem Viertel aus Bio-und Grünabfällen (27,7 Prozent), Feinmüll kleiner acht Millimeter (14,2 Prozent) und Papier sowie Pappe (12,5 Prozent). Hausmüllähnlicher Gewerbeabfall setzt sich vor allem aus sonstigen Abfällen (22 Prozent), Feinmüll kleiner acht Millimeter (14,5 Prozent), Verbundstoffen (13 Prozent), Holz (12,5 Prozent) und Kunststoffen (12 Prozent) zusammen. In der Bilanz addieren sich Hausmüll ohne Sperrmüll (14 Millionen Tonnen) und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle zur Beseitigung (3,5 Millionen Tonnen) auf 17,5 Millionen Tonnen an kommunalen Restabfällen.

Output-basierte Recyclingquoten

An den bisherigen Faktoren der Abfallwirtschaft wird sich nach Darstellung von Alwast bis 2030 einiges ändern.

■ Geburtenrate und Lebensalter werden geringfügig ansteigen.
■ Die Bioabfall-Erfassung wird bundesweit von allen öffentlich-rechtlichen Entsorgern umgesetzt.
■ Verpackungsabfälle werden zunehmend über Tonnen erfasst.
■ EU-Recyclingquoten werden (ausgenommen Bioabfälle) auf Output-basierte Betrachtung umgestellt und voll erfüllt.
■ Die deutschen Verbrennungskapazitäten werden sich – wenn auch nur geringfügig – senken.
■ Die Stilllegung von Kohlekraftwerken vermindert die Kapazitäten für Mitverbrennung.

Für die Zusammensetzung des Hausmülls bedeutet dies bis 2030 eine Reduktion der Bio- und Grünabfälle sowie von Pappe und Papier auf zehn Prozent. Sonstige Abfälle verzeichnen einen Rückgang von 22 auf 16 Prozent. Gebrauchte Windeln werden von 6,6 auf zehn Prozent zulegen, während der Anteil von Feinmüll kleiner acht Millimeter auf 20 Prozent steigen dürfte. Den Löwenanteil bei den hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen werden sonstige Abfälle (40 Prozent) stellen, gefolgt von Feinmüll (17,5 Prozent) und Verbundstoffen (15 Prozent). In der Summe ergibt sich aus Hausmüll (10 Millionen Tonnen) und hausmüllähnlichen Gewebeabfällen (2,5 Millionen Tonnen) ein Aufkommen von 12,5 Millionen Tonnen – fünf Millionen Tonnen weniger als momentan.

Das an Müllverbrennungsanlagen und EBS-Kraftwerke gelieferte kommunale Restabfallaufkommen wird den Angaben nach von 39,3 Millionen Tonnen (2015) auf 39,1 (2020), 38,8 (2025) und 38,4 Millionen Tonnen (2030) sinken. Die jährliche durchschnittliche Wachstumsrate (CAGR), die bis 2015 bei etwa -0,1 Prozent lag, wird um -1,1 Prozent fallen. Der Rückgang im Bereich der Industrie- und Gewerbeabfälle reduziert die Lieferungen von 13,7 Millionen Tonnen im Jahr 2015 auf geschätzte 13,2 (2020), 12,7 (2025) und 12,4 Millionen Tonnen. Ihr CAGR geht um -0,6 Prozent zurück.

Vor kurzem teilte das Möbelhaus Ikea seine Planungen mit, wonach bis 2030 alle in ihren Produkten verwendeten Kunststoffe auf recycelte oder erneuerbare Materialien umgestellt werden sollen. Das – so Alwast – zeige, dass die deutschen Kommunen deutlich weniger innovativ seien als Industrie, Gewerbe und Handel. Konservativ geschätzt, seien gegenüber 2016 in Deutschland auch im Jahr 2030 keine grundlegend anderen Voraussetzungen zu erwarten. Sein Fazit: Die vollständige Anbindung der Bürger an die getrennte Bioabfallerfassung, eine daraus resultierende Biogas-Produktion und dessen Einsatz bei den kommunalen Lkw-Flotten „stellt mit Abstand die größte zu erwartende Innovation in diesem Szenario dar“.

Foto: O. Kürth

(EU-Recycling 08/2018, Seite 36)

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