Verbot für Plastik-Trinkhalme: Hotelketten wollen auf Alternativen umstellen

Die Ersparnisse wären immens. Allein in Spanien werden jährlich fünf Milliarden Plastikstrohhalme verwendet; auf der ganzen Welt beläuft sich diese Zahl auf eine Milliarde pro Tag.

Hintergrund: Mitte Januar 2018 schlug die EU Kommission „eine europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft“ vor. Ende Mai 2018 legte die Kommission eine Folgenabschätzung zu Einwegkunststoffen vor. Sie diente als Grundlage für eine Richtlinie, die zur „Minderung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte“ am 23. Mai EU-Parlament und -Rat vorgeschlagen wurde. Zu den Artikeln, deren Inverkehrbringen auf den Index kommen dürfte, gehören neben Kunststoffbesteck und Trinkbecher auch Rührstäbchen sowie Trinkhalme.

Mehrere internationale Hotelketten reagierten prompt. So meldete schon am 23. Mai die Hilton-Kette, bis Ende 2018 Kunststoff-Strohhalme und -Wasserflaschen aus ihren rund 650 Hotels verbannen zu wollen. Das werde in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika zu jährlichen Einsparungen von fünf Millionen Strohhalmen und 20 Millionen Kunststoffflaschen führen. Simon Vincent, Geschäftsführender Vorsitzender und Präsident von EMEA, Hilton, kommentierte: „Die Ausweitung des Verbots von Plastikstrohhalmen auf unser gesamtes Portfolio ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, auf den wir in den kommenden Jahren aufbauen werden.“

Ein kleiner, aber wichtiger Schritt

Wenige Tage später zog die Scandic Hotel-Gruppe nach: „Im Rahmen unseres Nachhaltigkeitskonzeptes werden wir alle Einweg-Produkte aus Plastik entfernen. Insgesamt ziehen wir pro Jahr ungefähr 1,3 Millionen Strohhalme und 120.000 Cocktail-Sticks aus dem Verkehr. Des Weiteren ersetzen wir die Kunststoffdeckel unserer To-Go-Kaffee-Becher durch biologisch abbaubare Varianten“, erklärte Lena Bjurner, Senior Vizepräsidetin für HR und Nachhaltigkeit bei Scandic Hotels. Das sei ein kleiner, aber wichtiger Schritt für Scandic.

Am 1. Juni gab der Reiseveranstalter TUI in Palma de Mallorca bekannt, dass die RIU Hotels ab jetzt in über 35 Hotels des Unternehmens Trinkhalme verwenden würden, die zu 100 Prozent biologisch abbaubar und zudem kompostierbar seien. Die Dauer der Zersetzung könne je nach Feuchtigkeits- und Temperaturbedingungen variieren; unter normalen Umständen sei der Prozess jedoch nach 40 Tagen abgeschlossen und hinterlasse keine sichtbaren oder giftigen Rückstände. Die kompostierbaren Trinkhalme würden derzeit in Hotels in Spanien und Portugal und auch auf den Kapverden eingeführt.

Emissionen verhindern, Bewusstsein schärfen

Nach Angaben der spanischen Hotelgruppe Meliá Hotels International liegt bereits ein Strategieplan vor, um bis Ende 2018 Plastikflaschen, Becher, Tüten und Plastikstrohhalme durch biologisch abbaubare oder umweltfreundliche Alternativen zu ersetzen. Damit wolle man über 15 Tonnen CO2-Emissionen verhindern und das Bewusstsein der jährlich rund 30 Millionen Gäste schärfen. Bereits 2017 habe die Hotelkette über 22 Millionen Plastikflaschen in weltweit 380 Häusern der Kette entsorgt. Gabriel Escarrer, Geschäftsführender Vorsitzender und Vorstandsvorsitzender von Meliá, zeigt sich „überzeugt von der fundamentalen Rolle, die Unternehmen darin spielen müssen, ihren Beitrag zum Erreichen der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu leisten“.

Gute und preislich vergleichbare Alternativen?

Inwieweit diese und nach eventueller Verabschiedung der Richtlinie im Jahr 2020 auch andere Hotelketten und Bewirtungsunternehmen in Europa wirksam sind, wird zu prüfen sein. Die Ersparnisse wären immens. Allein in Spanien werden jährlich fünf Milliarden Plastikstrohhalme verwendet; auf der ganzen Welt beläuft sich diese Zahl auf eine Milliarde pro Tag. Plastik-Trinkhalme gelten als die größte Quelle für Meeresabfälle: Sie machen – laut TUI – vier Prozent der acht Millionen Tonnen Plastik aus, die weltweit entsorgt werden.

Für alle Trinkhalme und Rührstäbchen, die nicht vollständig aus umweltfreundlicheren Materialien hergestellt sind, dürfte also zukünftig das Inverkehrbringen untersagt werden. Das hatte Anfang Juli ein Sprecher der EU Kommission gegenüber „Spiegel online“ noch anders dargestellt: Die Brüsseler Behörde ziehe ausschließlich ein Verbot solcher Produkte in Erwägung, „für die es gute und preislich vergleichbare Alternativen gebe“. Darüber, was darunter zu verstehen ist, gehen die Meinungen schon jetzt auseinander. Für François de Bie, Vorsitzender von European Bioplastics, könnten Biokunststoffe „nachhaltige und sichere Alternativen für einige dieser identifizierten Produkte bieten“. Er schränkte jedoch auch ein, ob fürs Catering „die Materialien werkstofflich recycelbar oder kompostierbar sein sollten, hängt vom Abfallkonzept des jeweiligen geschlossenen Systems ab“.

Mehrweg statt Einweg

Für den NABU birgt der vorliegende Vorschlag hingegen die Gefahr, dass von Einweg-Kunststoff auf Einweg-Papier oder Holz umgestiegen wird statt auf Mehrweg und entsprechende Pfandsysteme. Aus der Debatte um die Plastiktüte habe man gelernt, dass Einwegprodukte aus Papier nicht umweltfreundlicher seien. „Mehrweg – auch aus Kunststoff – ist für Trinkgefäße, Geschirr und Besteck ökologisch die bessere Alternative als Papier-Einweg“, erklärte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Dessen ungeachtet will die Millennium Hotels and Resorts Gruppe im Laufe des nächsten Jahres nur noch Trinkhalme aus Papier oder Holz einsetzen.

Die Halm Trading UG geht einen dritten Weg und schwört auf wiederverwendbare Strohhalme aus Glas. Hergestellt aus Schott-Spezialglas, sind sie geschmacksneutral, hygienisch, schadstofffrei, widerstandsfähig, wiederverwend- sowie recycelbar. Auch das online-Versandhaus Amazon befürwortet diese Alternative und vermarktet Glas-Strohhalme unter der Marke „Strawgrace“.

Foto: Scandic Hotels Deutschland

(EU-R 08/2018-S)