Rechnet Toll Collect zu viel ab? Der Mautbetreiber steht unter Druck

Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins „Panorama“ und der „Zeit“ stellte der Mautbetreiber dem Bund mindestens 298 Millionen Euro zuviel in Rechnung. Dabei wurden – entgegen den Vertragsbestimmungen – Ausgaben für Firmenausflüge und Sponsoring als Marketingkosten deklariert.

Von systematisch falschen Abrechnungen und der Verschwendung von Steuergeldern ist die Rede. Und das nicht zum ersten Mal in der Geschichte der 2002 gegründeten Toll Collect GmbH mit Sitz in Berlin, hinter der ein von der Deutschen Telekom und Daimler angeführtes Konsortium steht: Seit Abschluss des Lkw-Mautbetreibervertrags vor 16 Jahren mit dem Bund sind immer wieder millionenschwere Betrugsvorwürfe gegenüber dem Unternehmen erhoben worden.

So häuften sich unter anderem – nach einem verspäteten Lkw-Mautstart – wegen nicht erbrachter Leistungen des Mautbetreibers Forderungen des Bundes in Höhe von 9,6 Milliarden Euro an. Toll Collect wiederum forderte vom Bund zuletzt 5,2 Milliarden Euro für ausstehende Vergütungen und Nachzahlungen. Das fast 13 Jahre dauernde Verfahren endete mit einem Vergleich: Der Bund verzichtete auf über die Hälfte seiner Forderungen und erhielt 3,2 Milliarden Euro. Damit wurden auch und letztlich zulasten des Steuerzahlers die falschen und vom Bund abgelehnten Abrechnungen übernommen, wie die Recherchen von „Panaroma“ und der „Zeit“ im Nachgang ergaben.

Das Bundesverkehrsministerium ist bemüht, Verstrickungen möglichst unter den Teppich zu kehren. So wurde ein Verfahren eingestellt, in dem Gerhard Schulz – heute Staatssekretär im Verkehrsministerium – äußerte, dass er sich keinen Betrug vorstellen könne: Obwohl Toll Collect nachweislich firmenintern zwei Millionen Euro für die Mautausweitung veranschlagte und beim Bund dafür rund fünf Millionen Euro geltend machte.

Es kündigen sich bereits weitere Ermittlungsverfahren an, und die Oppositionsparteien im Bundestag fordern weitere Aufklärung. Die Maut auf Deutschlands Straßen soll auch zukünftig von privaten Konzernen eingetrieben werden.

Foto: Toll Collect

(EU-Recycling 09/2018, Seite 12)