Ein Partner der Branche auf dem Weg zur Digitalisierung

„Recycling so einfach wie ein Kinderspiel gestalten“ – lautet die Vision von Resourcify. Die Software-Schmiede in Hamburg will die Entsorgungswirtschaft ins digitale Zeitalter bringen. Dazu wurden die Lösungen „Mein Recycling“ und „Private Recycler Exchange“ entwickelt. Im Interview erläutert Felix Heinricy, was es damit auf sich hat.

Felix Heinricy, CCO Sales & Business Development, Resourcify GmbH (Foto: Resourcify GmbH)

Die Resourcify GmbH ist in ihrer jungen Unternehmensgeschichte schon sehr erfolgreich. Vor einem Jahr startete „Mein Recycling“ und 2018 gehörte die App zu den Preisträgern des Wettbewerbs „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“. Über 2.000 Firmen, die mit Gewerbeabfällen zu tun haben, zählt die Cloud-Plattform bereits als Nutzer. Außerdem bietet Resourcify mit dem kürzlich erfolgten Launch von PRX (Private Recycler Exchange) ein umfassendes „Management-Cockpit“ an.

Herr Heinricy, was verstehen Sie unter „Digitalisierung von Kunden“?

Bisher sind die Arbeitsabläufe in der Entsorgungswirtschaft sehr komplex: Über 90 Prozent aller Transaktionen erfolgen offline (Fax, Telefon, Email); das Management von Abfall und Recycling ist dadurch sehr arbeits- und zeitintensiv. Mit unseren Lösungen – der Mein Recycling-App und der Online-Plattform PRX (Private Recycler Exchange) – können die Unternehmen ihre Abfall- und Recycling-Abläufe dagegen einfach, digital und komplett online verwalten. Für die Entsorgungsbranche wird das Kundenmanagement dadurch nicht nur stark vereinfacht. Gleichzeitig wird der so wichtige Kundenkontakt gestärkt. Denn mit der Digitalisierung können Entsorger ihre Kunden stärker an sich binden, weil sie ihnen eine einfache und zuverlässige Technologie anbieten, die schneller und günstiger ist als alle bisherigen Prozesse. Kurz: Wir vereinfachen die Kommunikation zwischen Entsorger und Abfallerzeuger so weit wie möglich, indem wir beide nahtlos digital miteinander verbinden.

Warum haben Sie sich als Softwareentwickler auf die Entsorgungs- und Recyclingbranche spezialisiert?

Als Technologie-Unternehmen ist es uns sehr wichtig, einen Beitrag zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft zu leisten, damit wir in Zukunft effizienter mit unseren Ressourcen umgehen. Wir sehen uns als Lösungsanbieter, der die digitale Transformation in der Entsorgungsbranche vorantreibt. Durch Softwareentwicklungen haben wir die Möglichkeit, Recyclingprozesse zu vereinfachen und so dem Abfallerzeuger das Recycling näher zu bringen.

„Mein Recycling“ bietet Containertausch auf Knopfdruck. Worin besteht die von Ihnen betonte Vereinfachung für Abfallproduzenten und Entsorgungsunternehmen durch die Nutzung?

Die Mein Recycling-App ist der virtuelle Entsorgungsassistent für abfallerzeugende Unternehmen. Damit übermitteln diese ihre Aufträge an die Entsorgungsunternehmen, organisieren so sämtliche Abholungen und verwalten sie gesetzeskonform – das können sie auch mitten in der Nacht tun; niemand ist mehr auf bestimmte Bürozeiten angewiesen, ein Klick in unserem Programm genügt. Für beide Seiten entfällt damit die aufwändige Kommunikation per Telefon oder Fax, Zeit- und Verwaltungsaufwand sinken erheblich. Der Entsorger muss die Aufträge dabei lediglich aus einer E-Mail heraus bestätigen. Aber es geht noch besser: Sobald der Entsorger außerdem die Private Recycler Exchange nutzt, profitiert er mithilfe dieser Online-Plattform von einem einfacheren Kundenmanagement – alle Aufträge können leichter als bisher bearbeitet und bestätigt werden, unnötige Fehlfahrten werden vermieden.

Worin unterscheidet sich die App von vergleichbaren Lösungen im Markt? Was ist das Alleinstellungsmerkmal?

Foto: Resourcify GmbH

Mit den Funktionen der App und ihrer einfachen, intuitiven Nutzung stellen wir die abfallerzeugenden Unternehmen in den Mittelpunkt. Vergleichbar mit einer Banking App, in der alle Konten verwaltet werden, haben die Kunden hier die komplette Übersicht über Abfallarten, Abfallbehälter und ihre Entsorgungspartner. Die Entsorger haben so aber gleichzeitig einen direkten Draht zu ihren Kunden und können sie fester an sich binden. Das Setup ist einfach und es sind keine großen Investitionen notwendig. Außerdem unterstützen wir mit unseren Service-Leistungen Entsorger und Abfallerzeuger bei jedem Schritt in Richtung Digitalisierung. Zudem entwickeln wir die App konsequent weiter, um auch zukünftige Anforderungen zu erfüllen und den Funktionsumfang zu erweitern.

Inwieweit ist Ihre App „leistungsfähiger“ als andere Lösungen?

Wir vereinfachen viele komplexe Abläufe beim Abfallmanagement und verbessern gleichzeitig die Dienstleistungsqualität der Entsorger. Zum einen wurden alle Funktionen und die Usability aus der Sicht des Abfallerzeugers entwickelt. Das Feedback aus unzähligen Nutzergesprächen floss dabei mit ein. Abfallerzeuger können ihre Entsorgungsabläufe nun innerhalb von wenigen Minuten digitalisieren – und dem Fax direkt den Stecker ziehen. Einfach die App starten, Containerinformationen und Entsorgungspartner einpflegen: Fertig. Andererseits können Entsorgungsunternehmen ihre Kunden auch selbst zu der App einladen und in kurzer Zeit alle Abläufe online verwalten.

Wer richtet die App ein: Abfallproduzent, Entsorgungsunternehmen oder Resourcify?

Als einfache und intuitive Softwarelösung können sowohl Abfallproduzenten als auch Entsorgungsunternehmen die Software selbst einrichten. Einerseits können Abfallproduzenten nach dem Download der Mein Recycling-App in wenigen Minuten ihre Containerinformationen selbstständig einpflegen und danach ihrem Entsorgungspartner Aufträge über die App übermitteln. Anderseits können Entsorgungsunternehmen die Mein Recycling App als eigenen digitalen Service ihren Kunden anbieten. Die Mein Recycling App läuft dann beim Kunden mit dem Unternehmenslogo des Entsorgers. Der Kunde kann im Anschluss seine eigene Abfallsituation selbst einpflegen; oder der Entsorger setzt die App mit allen Daten im Voraus auf und bietet eine vorausgefüllte App an– ein Extra-Service, der die Kunden sicher beeindruckt. Wir unterstützen die Entsorgungsunternehmen bei der Einrichtung der App und bei deren Vermarktung an die Kunden, damit sie sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.

Wie kompliziert ist es, die über die App anfallenden Daten in die EDV der Abfallproduzenten/Kunden zu integrieren?

Foto: Resourcify GmbH

Das ist jetzt einfacher als vorher. Schließlich gibt es einen standardisierten Datenstamm: Alle Entsorger, Standorte, Abfallarten, Auftragsinformationen sind hinterlegt. Abfallproduzenten können jederzeit ihre Daten über einen Excel Export aus der App auslesen und diese dann in die eigene EDV importieren. Eine Integration über eine Schnittstelle ist ebenfalls möglich und kann nach Absprache programmiert werden.

Wie kompliziert ist es, diese Daten in die EDV von Entsorgungs- beziehungsweise Recyclingunternehmen zu integrieren?

Im ersten Schritt ist keine Integration notwendig. Potenzielle Partner können unsere Online-Plattform PRX und die Mein Recycling App mit dem Logo des Partners kostenfrei testen. Dazu wird auf unserer Webseite einfach ein Demo-Account angelegt und der Entsorger kann darüber direkt Kunden einladen. Nach dem Test sprechen wir im Detail über die Ziele des Entsorgungspartners und analysieren gemeinsam, welche Wege der Datenübernahme oder auch eine Systemintegration über Schnittstellen ins Kernsystem sinnvoll ist. Wir arbeiten derzeit an einer standardisierten Integration mit vorhandenen Systemen. Sinnvoll ist das jedoch erst, wenn eine größere Zahl an Kunden des Entsorgers die Lösung nutzt.

Sie garantieren die „gesetzeskonforme Dokumentation nach der Gewerbeabfallverordnung von Abläufen“. Mit welchem Aufwand muss technisch nachgerüstet werden, wenn sich gesetzliche Bestimmungen ändern und eine andere Abwicklung von Registrierungsvorgängen erfordern?

Dank unserer schnellen Entwicklungszyklen sind wir in der Lage, alle Änderungen rasch umzusetzen. Wir arbeiten eng mit den Behörden zusammen und informieren uns fortlaufend über neue Änderungen, um diese mit in unsere Dokumentationsfunktion der Gewerbeabfallverordnung aufzunehmen, so wie demnächst sicher die neuen Vollzugshinweise der LAGA. Ansonsten haben wir uns genau an die Vorgaben der Novelle der Gewerbeabfallverordnung gehalten und diese in einem smarten Dokumentationsassistenten eingebaut. Die App unterstützt so den Abfallerzeuger bei der Erstellung der Dokumentation.

Im Mai 2018 ist die neue Datenschutz-Grundverordnung in Kraft getreten. Inwieweit wird in Ihren Lösungen der gesetzlich vorgeschriebenen Auskunfts-, Lösch- und Datensicherungspflicht genügt?

Wir haben uns für die Umsetzung der neuen Datenschutz-Grundverordnung einen externen Experten mit an Bord geholt, der uns beraten hat. Gemeinsam haben wir die verschiedenen internen Lösungen zur vorgeschriebenen Auskunfts-, Lösch-, und Datensicherungspflichten erarbeitet und umgesetzt. Daher fühlen wir uns sehr gut aufgestellt.

Die Nutzung der „Mein Recycling“-App ist für Abfallerzeuger, also Gewerbebetriebe, in denen Abfälle zur Entsorgung in größeren Mengen anfallen, kostenfrei. Wie finanziert sich Ihre Plattform?

Mit unserem Partner-Programm bieten wir Entsorgungsunternehmen die Möglichkeit, die Mein Recycling-App als digitalen Service ihren Kunden anzubieten. Das heißt, der Entsorger stellt seinen Kunden die App kostenlos zur Verfügung und bietet diesen damit Effizienzgewinne beim Abfallmanagement und eine zukunftsorientierte Kundenkommunikation. Die Entsorger bekommen dafür von uns ein monatliches Leistungspaket, welches über Transaktionen in der Mein Recycling App abgerechnet wird.

Kommen wir zu PRX (Private Recycler Exchange). Was zeichnet die neue Lösung aus?

Die PRX ist keine Software, sondern eine Online-Plattform, mit der Entsorgungsunternehmen ihre Aufträge digital und effizient verwalten. Wir sehen die PRX als Schnittstelle zwischen den Kunden und den vorhandenen Kernsystemen der Entsorger. Mit unserem Fokus auf das Kundenmanagement und die Stärkung der Kundenkontakte ergänzen wir diese Systeme.

Worin bestehen die „massiven Vorteile“ von PRX im operativen Geschäft?

Die PRX bietet eine direkte Online-Kommunikation mit den Kunden: Auftragsverwaltung, Abholungen, Dokumentation – alles ist übersichtlich und transparent. Das Kundenmanagement wird dadurch stark vereinfacht: Die aufwändige Kommunikation per Fax, Telefon oder Email entfällt, Zeit- und Verwaltungsaufwand sinken erheblich, Fehlfahrten werden vermieden.

Mit der Kombination aus der PRX und der Mein Recycling-App können Entsorgungsunternehmen ihren Kunden eine moderne und zukunftsorientierte Kommunikation anbieten. Für die Entsorger bedeutet das einen strategischen Wettbewerbsvorteil. Wir bieten ein System an, das keine Investitionskosten erfordert, das im operativen Geschäft sofort Zeit und Kosten einspart und das wir permanent weiterentwickeln. Damit begleiten wir die Branche als Partner auf dem Weg der digitalen Transformation.

Inwieweit ist die Handhabung Ihres „digitalen Management Cockpits“ einfacher als die der Konkurrenz?

Zum einen haben wir mit der PRX ein Werkzeug für die Kundenbindung entwickelt. Zum anderen sprechen wir kontinuierlich mit Entsorgern und Abfallerzeugern, holen uns dort Feedback und Anregungen. So entwickeln wir unsere Lösungen mit unseren Kunden weiter und bauen Funktionen, die von den Nutzern gewünscht werden. So stellen wir ein hohes Maß an Benutzerfreundlichkeit sicher. Schließlich soll das Verhältnis aus Komplexität (Funktionsumfang) auf der einen Seite und Einfachheit der Bedienung (Usability) auf der anderen Seite genau stimmen.

Wie realisieren Sie, dass eine einfache Übersicht für einen Entsorger oder Recycler mit mehreren 1.000 Kunden an mehreren 1.000 Standorten – Zitat – „innerhalb von Minuten eingepflegt“ werden kann?

Entsorger können ihren Kunden einfach eine E-Mail mit einem Partner-Code für die Mein Recycling-App schicken. Das geht auch direkt über die Plattform PRX und dauert nur wenige Sekunden pro Kunde. Nach dem Download der App und Eingabe des Codes sind die Kunden umgehend mit dem PRX-Account ihres Entsorgungsunternehmen verbunden. Alternativ kann uns ein Entsorger die Kundendaten übermitteln, wir importieren diese und die jeweiligen Kundenkonten werden automatisch generiert. Ansonsten ist die Übersicht der PRX durch ein durchdachtes Usability Konzept mit Filtern und einer intelligenten Suche gegeben und in der Praxis getestet. Der beste Weg ist in jedem Fall, einfach anzufangen und unsere Lösungen auszuprobieren.

PRX benötigt Ihrer Ansicht nach keinerlei Schnittstellen, keine Datenexporte und keine Systemanpassungen im Netzwerk der Nutzer. Inwieweit macht das die Betriebssysteme von Abfallerzeugern und Entsorgungsunternehmen überflüssig?

Foto: Resourcify GmbH

Um die PRX beziehungsweise die Mein Recycling-App als Entsorger zu nutzen und den Kunden anzubieten, bedarf es zunächst einmal keiner Schnittstelle. Das System ist sofort einsatzbereit und kann direkt über einen einfachen Installationsprozess gestartet werden. Auch die Kundendaten können über einen smarten Excel-Import in das System eingepflegt werden. So kann der Entsorger das System erst einmal live beim Kunden testen und erfährt, wie der Kunde auf neue digitale Bestellmethoden reagiert, bevor er ein System mit größeren Integrationsinvestitionen einführt. Die Königsklasse ist aber natürlich die Integration der PRX in das vorhandene CRM/ERP des Entsorgers. Durch eine Schnittstelle würden die Datenpakete dann ohne Unterbrechung direkt von der App beim Kunden in das vorhandene System beim Entsorger fließen und auch wieder zurück. Wir wollen auf jeden Fall nicht das vorhandene Kernsystem beim Entsorger ersetzen, sondern einen digitalen Mehrwert schaffen.

Laut Wikipedia bezeichnet Digitalisierung im ursprünglichen Sinn „das Umwandeln von analogen Werten in digitale Formate“. In welche Bereiche der Recyclingwirtschaft sollte Ihrer Meinung nach die Digitalisierung noch ausgeweitet werden?

Die Entsorgungswirtschaft ist schon jetzt im Umbruch. Auf der diesjährigen IFAT konnte man die Möglichkeiten zur Digitalisierung an vielen Ständen erkunden. Aus zahlreichen Gesprächen mit Entsorgungspartnern haben wir mitgenommen, dass sich viele aus der Entsorgungswirtschaft auf den digitalen Wandel eingestellt haben und diesen auch mit großer Motivation begehen wollen. Wir sehen uns als Partner der Branche auf dem Weg zur Digitalisierung. Um nur einige Beispiele zu nennen, gibt es in den Bereichen Sensorik, Telematik, Dash-Buttons und Blockchain Technologie bereits spannende Entwicklungen, die wir aufmerksam verfolgen.

Wird das Internet der Dinge auch in der Abfallwirtschaft Fuß fassen, oder halten Sie das auf lange Sicht noch für Zukunftsmusik?

Smarte Abfallbehälter und Container, die ihre Abholung „selbst“ organisieren – das wäre sicher ein Szenario, das sehr wohl vorstellbar ist.

Und zum Abschluss noch eine Frage zu Ihrer Zukunft als erfolgreiches Jungunternehmen: Welche Pläne und Ziele verfolgen Sie in den nächsten Jahren?

Mit unseren Lösungen helfen wir Entsorgungsunternehmen, Zeit und Kosten zu sparen. Auf diesem Markt wollen wir uns weiter etablieren und unsere Umsätze steigern. Wir wollen die gesamte Entsorgungswirtschaft ins digitale Zeitalter bringen und sie damit effektiver und nachhaltiger machen. Deutschland soll dabei nur ein erster Schritt sein. Unser Ziel ist es, europaweit aktiv zu sein.

Vielen Dank für das Interview!

Foto/Quelle: Resourcify GmbH

www.resourcify.de

(EU-Recycling 10/2018, Seite 18)