Ein neuer Plan: Schottland will beim Altreifenrecycling durchstarten

Von über vier Millionen Altreifen, die jährlich in Schottland anfallen, werden zwei Millionen unsachgemäß entsorgt. Gegenmaßnahmen sehen unter anderem ein nationales Audit bei den Produzenten von Reifenabfällen vor. Auch soll die Zusammenarbeit mit Partnern gegen kriminelle Machenschaften intensiviert werden.

Eine neue Studie der Schottischen Umweltschutz-Behörde (SEPA) zeichnet für die regionale Altreifenverwertung ein düsteres Bild. Insgesamt zwei Millionen unsachgemäß entsorgte Altreifen, jährlich durchschnittlich 70 wilde Auch-Reifen-Ablagerungen und fast 500.000 Euro an öffentlichen Entsorgungskosten stellen dem schottischen Abfall-Behandlungssystem ein überwiegend negatives Zeugnis aus. Mit einem Reifensektor-Plan will die SEPA das Image der Branche verbessern.

In Schottland fallen pro Jahr 4,2 Millionen Altreifen an. Deren Deponierung als Vollreifen oder als Synthetik-Shredder ist seit 2006 untersagt. Rund 17 Prozent der jährlich anfallenden Menge wird als abgenutzt wiederverwendet oder runderneuert. Der Rest wird – „rudimentär“, betont die Studie – zu Reifenwürfeln zusammengepresst, aus Platzgründen geschreddert, zu zwölf bis 15 Millimetern großen Granulatstückchen zerkleinert oder durch Entfernung von Metall oder Nichtgummi-Material deformiert.

Fehlende Entsorgungs-Einrichtungen

Die schottische Reifenindustrie besteht aus einem Reifenhersteller und einem Produzenten für Synthese-Gummi. Zwei weitere Unternehmen setzen Altreifen als Rohstoff zur Zementproduktion und zur Gewinnung von Energie ein. Zwei Einrichtungen besitzen die Berechtigung zum Balieren oder Shreddern. Allerdings erfüllte 2017 die erste die gesetzlichen Auflagen nur schlecht, und die zweite wurde vom Betreiber aufgegeben, weshalb der Besitzer des Grundstücks die Abfallreifen auf eigene Kosten entsorgen lassen musste. Vier weitere lizensierte Unternehmen dürfen Altreifen nur lagern; sie entsprachen 2017 den regionalen Regularien.

Eine Reihe von Entsorgungsproblemen entsteht dadurch, dass in Schottland keine Einrichtungen vorhanden sind, um das Material aus Altreifen zurückzugewinnen oder weiterzuverwenden: Garagen und Abfallverwerter müssen darum kämpfen, um einen seriösen Absatz für Altreifen zu finden. Lizensierte Abfallbehandler gelangen möglicherweise in den Besitz von deutlich mehr Reifen, als sie lagern dürfen. Durch illegale Ablagerungen oder große Lagermengen können Gemeinden dahin gelangen, Gelder an Kriminelle zu zahlen, die für die Beseitigung von Altreifen gedacht sind, aber nicht ordnungsgemäß entsorgt werden. Und ungesicherte Lager können in Brand geraten – SEPA erwähnt, dass der längste Reifenbrand im Vereinigten Königreich volle 15 Jahre dauerte.

Keine Produzentenverantwortung

Die Knappheit an Entsorgungseinrichtungen bewirkt, dass Montagebetriebe, Altreifen-Lagerstätten und Altreifen-Sammler kaum lokale Abnehmer finden. Zugleich werden die wenigen zugelassenen Betreiber, die Altreifen zurückgewinnen oder weiterverwenden dürfen, überbeansprucht. Die Folge: Die Mehrzahl des Materials wird nach England transportiert oder nach Übersee exportiert – mit unbekanntem Verwendungsziel und ungewisser Einhaltung der Sorgfaltspflicht. In Schottland existiert kein Produzentenverantwortungssystem; die Zuständigkeit für die Entsorgungskosten bleibt an den Monteurbetrieben hängen. Die meisten dieser Unternehmen verlangen von ihren Kunden eine kleine Gebühr, wenn sie neue Reifen bei ihnen kaufen. Einige Altreifen dürften als teilweise abgenutzt verkauft werden.

Illegale Beteiligungen

Doch es gibt zunehmend Beweise, die Bedenken über diesen Markt aufkommen lassen. Zumal Altreifen für Kriminelle attraktiv sind – die Palette reicht von kleinen Müllkippen bis zu großangelegten illegalen Deponien, die Sanierungskosten für die Allgemeinheit und Landbesitzer verursachen, wenn sie nicht sogar in Brand gesetzt werden und Umwelt, Gemeinden und Wirtschaft schädigen. Ernstzunehmende organisierte Banden haben Interesse gefunden an der schottischen Altreifenbranche mit ihren Sammelnetzwerken, Lagerstätten und Übersee-Exporten, die teilweise anfällig für Infiltration durch diese Gruppen sind. Stellenweise konzentrieren sie sich im Westen von Schottland. Die sekundäre Beteiligung dieser Gruppen an der Reifenbranche liefert ihnen die Möglichkeit zu weiteren primären Aktivitäten: illegale Unternehmungen wie Geldwäsche, Gewalt und Korruption zu unterstützen.

Der Entsorgung auf die Beine helfen

SEPA beabsichtigt, durch einen „Reifenbranchen-Plan“ mit 27 Aktionspunkten der einheimischen Altreifen-Entsorgung auf die Beine zu helfen. Dazu sollen die illegalen oder zurückgelassenen Reifenberge und die kriminellen Banden verschwinden, der Export von Abfälle aufhören, die im Ausland Schaden anrichten könnten, die Reifenversorgungs-Kette erneuert werden, Unternehmungen sowie Technologien zur Problemlösung ins Land kommen und die Informationslage über Reifenabfälle verbessert werden.

An konkreten Maßnahmen sind unter anderem ein nationales Audit bei den Produzenten von Reifenabfällen geplant, soll die Zusammenarbeit mit Partnern gegen kriminelle Machenschaften intensiviert werden, will man die Landbesitzer besser einbinden und sollen den Angaben nach die beiden pflichtwidrigen Reifenentsorger bis März 2019 ihre Auflagen erfüllen.

Der Plan steht unter https://consultation.sepa.org.uk/communications/tyres/user_uploads/tyres-sector-plan_lr-1.pdf zur Verfügung.

Foto: O. Kürth

(EU-Recycling 12/2018, Seite 16)

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