Gefährden Altreifen die Gesundheit?

Dieser Ansicht ist die Europäische Chemikalien-Agentur (ECHA).

Wie bei der Sitzung des Komitees Reifen & Gummi während der Herbsttagung des Bureau of International Recycling (BIR) in London zu erfahren war, will die Agentur Granulate aus der Altreifenaufbereitung auf ihre Gesundheitsgefährdung hin überprüfen. Das gilt nicht nur für polyzyklische Kohlenwasserstoffe (Polycyclic Aromatic Hydrocarbons – PAHs), sondern auch für andere Substanzen. Nach Einschätzung von Fazilet Cinaralp, Generalsekretärin der European Tyre & Rubber Manufacturers‘ Association (ETRMA), wird es weitere Untersuchungen im Hinblick auf Umweltauswirkungen geben. Es sei zu erwarten, dass dies zu der Absicht führen werde, 2019 weitere Substanzen in Altreifen einzuschränken.

Dies würde in Europa große Mengen betreffen. Den Angaben zufolge fielen 2016 allein in den 28 Mitgliedstaaten der EU insgesamt 3,5 Millionen Tonnen Altreifen an; zusammen mit den Ländern Norwegen, der Schweiz, Serbien und der Türkei betrug das Aufkommen 3,93 Millionen Tonnen Altreifen, was im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme um 1,67 Prozent bedeutete. 640.000 Tonnen wurden entweder runderneuert, wiederverwendet oder exportiert, sodass rund 3,3 Millionen Tonnen für die Verwertung vorgesehen waren. Energetisch verwertet wurden 1,1 Millionen Tonnen, vor allem in der Zementindustrie (Anteil: 81 Prozent der Menge). 1,9 Millionen Tonnen der Gesamtmenge (EU-28+NO+CH+Serbia+TR) gelangten in die stoffliche Verwertung, wobei der Löwenanteil von 75 Prozent (ungefähr 1,4 Millionen Tonnen) zu Granulat verarbeitet wurde; in die Zementproduktion flossen 15 Prozent der Menge.

Allerdings sind Erzeugnisse, die Altreifen-Granulat enthalten, nicht mehr so beliebt wie früher. Wie Fazilet Cinaralp hervorhob, sind unter anderem negative Medienberichte dafür verantwortlich, dass etliche Absatzmärkte für Gummiverfüllungen geschlossen sind und eine bedeutende Anzahl von Kommunen es ablehnt, diese zu verwenden. Ähnliches berichtete auch Robin Wiener, Präsidentin des US-amerikanischen Institute of Scrap Recycling Industries (ISRI). Obwohl die Industrie für die Nutzung von Gummiverfüllungen werbe, sei der amerikanische Markt innerhalb der zurückliegenden zwei bis drei Jahre um etwa 30 Prozent eingebrochen – trotz der etwa 100 Studien, die zu dem Ergebnis gekommen seien, dass solche Sicherheitsrisiken nicht bestehen. Laut Frau Wiener sollten im November dieses Jahres die Ergebnisse einer amerikanischen Studie, durchgeführt von unterschiedlichen Agenturen, vorliegen. Der US-Kongress wolle die Endfassung vor der Veröffentlichung sehen, was nach Ansicht der ISRI-Vertreterin die Bedeutung des Themas unterstreiche.

Auch in der EU wird zu dem Thema geforscht. Reifenhersteller, Altreifen-Managementunternehmen, Recyclingfirmen und Montagebetriebe für Kunstrasen arbeiten seit 2017 an einer gemeinsamen Studie. Die Ergebnisse der Untersuchung im Hinblick auf Gesundheitsrisiken von Gummiverfüllungen aus der Altreifenaufbereitung in Sportanlagen werden im nächsten Jahr veröffentlicht, so Frau Cinaralp. Angesichts der gegenwärtigen Marktaussichten für Altreifen-Granulate empfiehlt sie, nach anderen Märkten zu suchen. Ihrer Meinung nach wäre gummierter Asphalt ein Absatzmarkt mit dem größten Potenzial, zumal seine Vorteile bekannt seien.

Brigitte Weber

(EU-Recycling 12/2018, Seite 20)