DGAW-Wissenschaftskongress: Der Nachwuchswissenschaft eine Plattform bieten
Es war die 14. Auflage des DGAW-Wissenschaftskongresses Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft, der Mitte März an der Universität Kassel stattfand. Unterstützt von 60 Lehrstühlen der deutschsprachigen Hochschullandschaft und einem Beirat von 48 Wissenschaftlern, hatten die Organisatoren aus über 70 eingereichten Themen ein interessantes Kongressprogramm mit 21 Fachvorträgen und 45 Posterpräsentationen zusammengestellt.
Biokunststoffe und Scherensand
Der 1. Kongresstag widmete sich zunächst dem Themenkomplex „Stoffstrommanagement“ durch Vorträge zur Entwicklung eines regionalen Management-Modells, zur Verwendbarkeit von Biokunststoffen wie PLA, zu neuen Geschäftsmodellen durch Redistribution leerer Mehrwegverpackungen und zu den Chancen, durch Zusammenfassung einer Vielzahl von Gebäuden als „Quartier“ die Chancen einer energetischen Sanierungquote zu erhöhen.
In der anschließenden Sektion „Recycling“ befassten sich die Referenten mit der Bewertung eines makroökonomischen Modells zur Abbildung von Preis- oder Verwertungsschwankungen, untersuchten die Nachhaltigkeit von Proton Exchange Membran-(PEM-)Elektrolyseur-Speichern, ordneten das Recycling menschlicher Ausscheidungen als Ersatz synthetischer Düngemittel ein und unternahmen eine Bewertung des Recyclingpotenzials von Textilien aus der gewerblichen Vorsortierung.
Die folgende Sitzung der Rubrik „Metallrecycling“ konzentrierte sich anfangs auf das Projekt „Kanal“, das einen geschlossenen Kreislauf für Aluminium-Neuschrott durch laserinduzierte Plasma-Spektroskopie (LIPS) anzielt. Nachfolgende Beiträge beleuchteten das Projekt „MeteoR“ zur Rückgewinung von Scherensand und die digitalen Möglichkeiten zum Recycling von Gießereisand.
ProKläR-mission und HMV-Öko-Beton
Am zweiten Kongresstag ging es zunächst um thermische Verfahren und Reststoffe. Hier wurde als erstes das Projekt „ProKläR-mission“ der RWTH Universität Aachen präsentiert, das mögliche Minderungsmaßnahmen von N2O-Emissionen während der thermischen Klärschlammbehandlung untersuchte.
Zur Sprache kamen dann die Ergebnisse des Projekts „HMV-Öko-Beton“, das die mineralische Fraktion von Hausmüllverbrennungsaschen so optimieren möchte, dass sie als Gesteinskörnungs- oder Zementersatz in Betonpflastersteinen Verwendung findet. Vorgestellt wurden zwei weitere Ansätze: der eine, um gebrauchte Mineralwolle in zukünftige Kohlendioxid-reduzierte Bindemittel zu transformieren, der andere, um Glas aus Bettaschen der Müllverbrennung rückzugewinnen.
44 Prozent weniger Treibhausgase
Der zweite Themenschwerpunkt lag an diesem Tag auf „Charakterisierung und Analytik“. Erkenntnissen aus einem Projekt zur Struktur von Carbonfasern, die Einfluss auf deren thermischen Abbau hat, folgten Aufschlüsse darüber, wie sich gealterte Polyethylen-Proben durch Nahinfrarot-Spektroskopie detektieren lassen. Die Vorstellung, wie sich verschiedene bromierte Flammschutzmittel in Kunststoffen des Bausktors nachweisen lassen, sowie neue Einsichten, wie die Verbrennung fluorhaltiger Abfälle in einem Festbettreaktor charakterisiert werden kann, schlossen diese Sektion ab.
Der Nachmittag war dem Themenkreis „Internationale Abfallwirtschaft“ gewidmet und startete mit einem Vortrag über das Ersatzbrennstoff- und Recyclingpotenzial von Siebresten aus Siedlungsabfallbehandlungsanlagen in Uganda. Die folgende Präsentation gab Aufschluss darüber, dass in Laos durch Reparatur von Smartphones 44 Prozent weniger Treibhausgase entstehen als durch einen Neukauf. Und die Session schloss mit einem Vortrag über die mögliche Umwandlung von Kommunalabfällen zu Sekundärbrennstoffen für die indonesische Zementindustrie.
Nur jeweils zwei Minuten
Für die 45 Posterpräsentationen waren im Zeitplan zwar nur jeweils zwei Minuten vorgesehen, doch fanden sie in den Plenumssitzungen statt. Und boten hochgradig interessante Themen wie beispielsweise „Chemisches Recycling von abfallstämmigen Matratzenschaum durch Pyrolyse“, „Study of Strategies for Lithium-ion Batteries Stemming from Maritime Applications“, „Entwicklung eines Pfandkonzepts zur Reduktion batteriebedingter Brände“, „Umsetzung der zirkulären Wertschöpfung bei Altfenstern“ oder die Vorstellung von DACE, dem „Data Competence Center for Circular Economy Data“.
Vernetzung und Kontaktaufnahme
„Das Ziel des Kongresses, der Nachwuchswissenschaft eine Plattform zu bieten, wird durch den Kongress voll erfüllt, ein absolutes Alleinstellungsmerkmal in unserer Branche“, äußerte sich Thomas Obermeier begeistert, der den Kongress seit seiner Premiere 2011 engagiert begleitet. Ziel des Kongresses war nach Darstellung der Organisatoren aber nicht nur die Vernetzung der Wissenschaftler untereinander, sondern auch die Kontaktaufnahme mit den Wirtschaftsunternehmen der Branche, die ebenfalls vertreten waren. „Jungen Akademikerinnen und Akademikern und Experten aus den Unternehmen bietet sich der perfekte Rahmen zum Austausch und zur Kontaktaufnahme. Dieses Ziel möchten wir in Zukunft noch weiter ausbauen“, erklärte Birte Turk, die auf DGAW-Seite für die Kongressorganisation zuständig zeichnete.
Ein Schritt in diese Richtung war die erstmalige Durchführung eines Mentoring-Formats „Leaders of Tomorrow“. Für interessierte Young Professionals fand ein interaktives Format zu Zeitmanagement, Selbstführung und Teamführung statt. Als Referenten und Gesprächspartner aus der Praxis standen Annika Ludes und Dr. Bastian Küppers (Stadler Anlagenbau), Taner Akbay (EEW Waste from Energy) und Dirk Röth (Baureka) zur Verfügung.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 05/2025, Seite 38, Foto: VIGE.co / stock.adobe.com)