USA: Recyclingland der unbegrenzten Möglichkeiten?

Die von der Trump-Administration angekündigte Infrastrukturoffensive und Förderung des Industriesektors könnten auch der Abfallwirtschaft in den USA zugutekommen. Doch die nationale Umweltbehörde EPA – unter Präsident Obama zentraler Gestalter der Marktrahmenbedingungen – ist politischem Gegenwind ausgesetzt. Ein Abbau der Umweltregulierungen könnte sich auf die Nachfrage nach Ausrüstungen und Dienstleistungen auswirken.

Die Abfallwirtschaft in den Vereinigten Staaten expandiert derzeit mit moderaten jährlichen Umsatzzuwächsen im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Der weiterhin intakte Wirtschaftsaufschwung und die jährlich um etwa 0,7 Prozent wachsende Bevölkerung sollten die Nachfrage nach Branchendienstleistungen auch künftig vorantreiben. Zusätzliche Geschäftshoffnungen beruhen auf der gesamtwirtschaftlichen Belebung, die sich zum Jahreswechsel abzeichnete.

So könnten ein erstarkender US-Konsum und eine anziehende Industrie- und Baukonjunktur 2017 für ein erhöhtes Abfallvolumen und wieder steigende Preise für recycelte Rohstoffe sorgen. Noch unklar sind die Auswirkungen des Regierungswechsels in Washington auf die Branche. Die von der Trump-Adminis­tration angekündigte Infrastrukturoffensive und die Förderung des Industriesektors dürften der Entsorgungsbranche zwar zugutekommen, doch gibt es Geschäftsfelder, für die politischer Gegenwind zu erwarten ist. So würde etwa ein Abbau von Umweltregulierungen und ein Machtverlust der Umweltbehörde EPA – unter der Obama-Administration zentraler Gestalter der Marktrahmenbedingungen – die Nachfrage nach Branchendienstleistungen tendenziell vermindern. Und Geschäftsbeeinträchtigungen drohen dadurch auch einigen Ausrüstern der Branche. Dies gilt etwa für die Bereiche Waste-to-Energy, Emissionskontrolle oder für Zulieferer bestimmter Umwelttechnik.

Hoffnung auf eine Trendwende

Der in den USA schon seit Jahren kriselnde Recyclingsektor leidet weiterhin unter niedrigen Erdöl- und Rohstoffpreisen, einer schwächelnden Auslandsnachfrage nach recycelten US-Materialien und der Flaute im amerikanischen Industriesektor. Hinzu kommen die Probleme des in den Vereinigten Staaten vorherrschenden Single-Stream-Recyclings: Abfälle werden in einem Behälter gesammelt und erst in den Recyclingzentren getrennt. Letzteres bringt eine hohe Kontamination von Abfällen mit nicht-recycelbaren Stoffen mit sich und hat die Kosten der Anlagenbetreiber zuletzt nach oben getrieben. Wegen der widrigen Marktbedingungen stagniert die Recyclingquote in den USA bei knapp 35 Prozent. Aber es besteht Hoffnung auf eine künftig wieder etwas anziehende Entwicklung. So würde der stark zyklische Sektor von einer gesamtwirtschaftlichen Belebung und einer dadurch verbesserten Rohstoffnachfrage profitieren.

Auftragsmöglichkeiten für Dienstleister/Zulieferer

Grundsätzlich sollte die US-Abfall- und Recyclingindustrie deutschen und europäischen Unternehmen auch in den kommenden Jahren interessante Geschäftschancen bieten. Hochwertige Ausrüstungen und Anlagen bleiben in fast allen Teilbereichen gefragt. Erhöhte Marktpotenziale sehen Experten unter anderem in der Automatisierung von Abfallsammel- und Sortierprozessen, bei „smarten“ Müllsammelbehältern, beim Management von Elektroschrott, bei fortschrittlicher Deponietechnik und in der Kompostierung von Nahrungsmittelabfällen. Setzt sich der Fracking-Boom in den USA fort, so könnte auch der Umgang mit Schadstoffen der Öl- und Gasindustrie künftig wieder stärker in den Fokus geraten.

Bei der Regulierung der Abfallwirtschaft besitzen die US-Bundesstaaten und -Kommunen weitreichende Kompetenzen. Die Vorschriften zur Entsorgung, zum Umweltschutz und zur Behandlung von Gefahrstoffen fallen dabei lokal zum Teil sehr unterschiedlich aus. Auch legen die örtlichen Behörden individuelle Vorgaben zum Deponiemanagement, zu Anforderungen an das Recycling, zur Abfallvermeidung (Zero-Waste-Programme, Pfandsysteme etc.) und zur Behandlung von Sonderabfällen fest. Der Einfluss der US-Bundesregierung auf den lokalen Marktrahmen ist insofern begrenzt.

Haftungsrisiken beim Umgang mit Gefahrstoffen

Die bundesweite Regulierung der Branche basiert maßgeblich auf dem 1976 erlassenen „Resource Conservation and Recovery Act“ (RCRA). Weitere relevante Gesetze sind der „Clean Air Act“ und der „Clean Water Act“, auf deren Grundlage unter anderem die zulässigen Emissionen von Deponien geregelt werden. Bei unsachgemäßer Behandlung von Gefahrstoffen sehen die örtlichen Bestimmungen in der Regel hohe Strafen vor.

Insgesamt produzierten die USA im Jahr 2014 (letzte Daten der EPA) rund 258 Millionen „Short Tons“ (eine Short Ton = 907,2 Kilogramm) an Siedlungsabfällen. Davon wurden 89 Millionen Short Tons recycelt und kompostiert (35 Prozent), 33 Millionen in Waste-to-Energy-Anlagen verbrannt (13 Prozent) und 136 Millionen (52 Prozent) deponiert. Zwischen 55 und 65 Prozent des jährlichen Abfallaufkommens verursachen der EPA zufolge Privathaushalte. Der Rest entfällt auf die Wirtschaft und öffentliche Einrichtungen. Laut Standard & Poor‘s (S&P) verfügt das Land über rund 1.900 Deponien und etwa 90 Müllverbrennungsanlagen.

Ein zunehmender Engpassfaktor ist gerade in eng besiedelten Ballungsgebieten die Verfügbarkeit von Deponieraum. Wegen fehlender örtlicher Kapazitäten müssen die Abfälle der Metropolen in immer weiter entfernte Lagerstätten transportiert werden. Dies erhöht die Entsorgungskosten und steigert die Anreize für kommunale Abfallvermeidungs- und Recyclingprogramme.

Die Branche konsolidiert sich

Die Abfallentsorgungs- und Recyclingbranche ist in den USA stark fragmentiert und durch einen intensiven Wettbewerb gekennzeichnet. Die zwei nationalen Marktführer, Waste Management (www.wm.com) und Republic Services (www.republicservices.com), kommen laut S&P auf einen Umsatzanteil von rund 40 Prozent. Darüber hinaus soll es noch mehr als 20.000 regionale und lokale Branchenfirmen geben, von denen sich etwa die Hälfte in kommunaler Hand befindet. Dabei hält der Trend zur Privatisierung an: Der Marktanteil kommunaler Betriebe ist in den letzten 20 Jahren um etwa zehn Prozentpunkte auf heute nur noch 25 Prozent gesunken.

Der hohe Preis- und Wettbewerbsdruck und die wachsende Bedeutung von Größenvorteilen treiben die Konsolidierung in der Branche voran. Eine Rolle spielen hierbei auch die immer strengeren Regulierungsanforderungen und der daraus resultierende Kapitalbedarf für zeitgemäße Umwelt- und Entsorgungstechnik. Gerade kleineren Branchenbetrieben bereitet dies zunehmend Schwierigkeiten.

Was hilfreich ist: lokale Netzwerke   

Deutsche und europäische Unternehmen, die sich in den USA an Bieterwettbewerben beteiligen wollen, müssen sich sehr sorgfältig darauf vorbereiten. Auch privatwirtschaftliche Aufträge werden in den USA sehr häufig ausgeschrieben. Größere Bundesausschreibungen sind auf der Website „Federal Business Opportunities“ (www.fbo.gov) zu finden. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl weiterer Ausschreibungsportale auf bundesstaatlicher und  kommunaler Ebene.

Ein verbreitetes Hindernis bei öffentlichen Beschaffungsprozessen sind sogenannte Local-Content-Anforderungen. So kann der Auftraggeber zum Beispiel verlangen, dass lokale Materialien zu verwenden sind oder dass die erwünschten Dienstleistungen durch ortsansässige Unternehmen erbracht werden müssen. Generell sind für den Erfolg in der US-Abfallwirtschaft leistungsfähige lokale Kontaktnetzwerke erforderlich. Hilfreich sind zudem einschlägige Referenzprojekte, die am besten bereits vor Ort realisiert wurden. Ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht stehen unter www.gtai.de/recht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen unter www.gtai.de/zoll zur Verfügung.

Verfasser: Martin Wiekert, Quelle: Germany Trade & Invest

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