Energiesteuer auf Stützfeuerung in Müllverbrennungsanlagen?
Nach einem Beschluss des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) müssen Müllverbrennungsanlagen womöglich für den Einsatz von Öl oder Gas als Stützfeuer eine Energiesteuer bezahlen.
Der Einsatz dieser Energieträger zur Stützfeuerung entspricht den Anforderungen der 17. Bundesimmissionsschutzverordnung und Industrieemissionsrichtlinie, ist also nach europäischem Umweltrecht zwingend vorgeschrieben. Müllverbrennungsanlagen nutzen diese Energieträger, um ihre Anlagen auf Betriebstemperatur hochzufahren. Erst ab Erreichen einer Verbrennungstemperatur von 850 Grad Celsius dürfen Abfälle dem Verbrennungsprozess zugegeben werden. Folgt das Bundesfinanzministerium der im Verfahren vor dem EuGH vertretenen Auffassung der Europäischen Kommission, würde die Steuer fällig werden, weil die zur Unterstützungsfeuerung des Brennprozesses eingesetzten Energieträger nur als Heizstoff zur Entsorgung des Abfalls verwendet werden.
Der BDE hat den knappen Beschluss des EuGH als enttäuschend bezeichnet. Einerseits suggeriere er, eine Steuerentlastung setze voraus, dass Energieerzeugnisse wie Gas oder Öl in einem Herstellungsprozess verbrannt werden. Andererseits lässt der Beschluss viele Fragen offen. Der Verband appelliert deshalb an das Bundesfinanzministerium (BMF), seinen Ermessensspielraum in der Auslegung der EuGH-Entscheidung zu nutzen und insbesondere ökologisch vorteilhafte Anlagen gegenüber reinen Beseitigungsanlagen nicht schlechter zu stellen. Das BMF erkennt bislang für Müllverbrennungsanlagen neben der Verwendung der Energieerzeugnisse als Heizstoff auch die Verwendung zur Beseitigung des Schadstoffpotenzials des Abfalls und damit zweierlei Verwendungszwecke an. Für eine Steuerbefreiung fordert es jedoch im Einzelfall die Darlegung, dass der Zweck der Schadstoffbeseitigung überwiegt. Pauschal anerkannt wird das nur für Abfallbeseitigungsanlagen, die Müll lediglich verbrennen, ohne dessen energetisches Potenzial zu nutzen.
Hinweis: Am 1. Januar 2016 traten neue Anforderungen für den Betrieb von Müllverbrennungsanlagen in Kraft, die in den Geltungsbereich der 17. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) fallen. Zusätzlich zu den Emissionen müssen in Zukunft auch die Verbrennungsbedingungen in den Anlagen kontinuierlich überwacht werden. Erforderlich sind eine kontinuierliche Messung der Mindesttemperatur des Verbrennungsprozesses und eine jährliche Funktionsprüfung aller Messeinrichtungen, die für die Kontrolle der Verbrennungsbedingungen genutzt werden. Zudem müssen diese Messeinrichtungen alle drei Jahre kalibriert werden.
Foto: Dr. Jürgen Kroll
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