Stahlwerke kauften 2015 über eine Million Tonnen weniger Schrott
„Der bvse schätzt den Schrottzukauf der deutschen Stahlwerke vom Handel im vergangenen Jahr auf insgesamt etwa 13,7 Millionen Tonnen. Gegenüber 2014 könnte der Schrottzukauf daher nach ersten Prognosen um über eine Million Tonnen gesunken sein“, erklärt bvse-Schrottmarktexpertin Birgit Guschall-Jaik.
Ausschlaggebend hierfür ist die schwierige Marktlage im Stahlbereich. Der Weltstahlmarkt leidet schon seit der Finanzkrise 2008/2009 an einer gravierenden Stahlüberproduktion, die schätzungsweise allein in Europa bei einer Produktionsmenge von circa 170 Millionen Tonnen in 2014 bei rund 20 Millionen Tonnen und in China bei einer Produktion von 823 Millionen Tonnen bei 200 bis 300 Millionen Tonnen liegen soll.
Für den weltweit verminderten Stahlverbrauch gibt es viele Gründe. Neben den politischen Turbulenzen vor allem im Nahen Osten dürfte der wichtigste in einer deutlichen Abschwächung der chinesischen Wirtschaft liegen, deren Anteil an der Weltstahlproduktion 2014 bei knapp 50 Prozent lag. Genau wie in allen anderen Regionen auch, werden notwendige Kapazitätsstilllegungen soweit wie möglich hinausgezögert. China hat vorrangig reagiert, indem es versucht hat, seine Überproduktion von circa 110 Millionen Tonnen mithilfe von Dumpingpreisen zu exportieren. Die Märkte reagierten darauf mit heftigen Preisrückgängen. Insgesamt befinden sich die Rohstoffmärkte im Abwärtstrend, wovon auch der Schrottmarkt nicht verschont geblieben ist.
Dass der Schrottpreis nicht ganz so drastisch wie zum Beispiel der Erz- und der Ölpreis gesunken ist, ist der Tatsache geschuldet, dass viele Elektrostahlwerke auf den Einsatz von Schrott angewiesen sind und nicht auf Alternativen ausweichen können. Das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage hat zu dieser Entwicklung geführt. Die Wettbewerbssituation der Elektrostahlwerke hat sich durch die günstigen Erzpreise jedoch verschlechtert, weil die integrierten Hüttenwerke mittlerweile einen erheblichen Kostenvorteil aufweisen. Der verringerte Schrottbedarf und die damit verbundenen Preisrückgänge erfordern von den Wirtschaftsbeteiligten im Schrottmarkt zügige Anpassungen. Teilweise wird von den Unternehmen der Versuch unternommen, durch Preisanpassungen gegenüber den Anfallstellen den Umsatz zu stabilisieren.
Angesichts des von der Wirtschaftsvereinigung Stahl für dieses Jahr prognostizierten dreiprozentigen Rückgangs der Rohstahlproduktion verfolgen dagegen weite Teile des Handels die Strategie, die eingeleiteten Maßnahmen zur Kostensenkung und Rationalisierung konsequent weiterzuverfolgen.
Foto: O. Kürth
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