Deponie-Emissionen aus der Luft messen?
Bislang werden im Vereinigten Königreich Daten von Deponieemissionen eher auf Basis fundierter Schätzungen über unterschiedliche Quellen kalkuliert als durch quantifizierte Messungen des aktuellen Gasaustritts. Können unbemannte Flugsysteme zur Erkundung und Messung von Gasen eingesetzt werden, die aus Deponien austreten? Dieser Frage gingen Forscher des Zentrums für Atmosphärische Wissenschaften und der Schule für Mechanische, Luftfahrt und Zivile Technik an der Universität Manchester nach.
Dazu untersuchten die Forscher zunächst die Tauglichkeit zweier „unmanned aerial systems“ (UAS), also unbemannter Flugsysteme. Die erste Flug-Apparatur verfügte über feste Flügel, einen elektrischen Zwillingsmotor und eine eingebaute „Hochpräzisions-Infrarot-Zelle“ zur Erkennung von Kohlendioxiod. Mit Nutzlast und Batterien wog es etwa 5,2 Kilogramm, wurde per Katapult gestartet und konnte 20 bis 30 Minuten in der Luft bleiben. Ausgerüstet war das Objekt mit einem nicht-dispersiven Infrarot-Sensor, dem als Markenzeichen eingetragenen Edinburgh Sensors Gascard NG.
Den anderen Flugkörper bildete eine „quasi-statische“ Drohne mit sechs Rotorblättern, einem Startgewicht etwa 600 Gramm und einem Benzinmotor. Die Drohne war über ein Verbindungsseil mit dem Boden verbunden und konnte, um ein vertikales Profil von Methan- und Kohlendioxid-Emissionen zu entwerfen, in Zehn-Meter-Intervallen von zehn bis einhundert Metern Höhe messen. Ein durchschnittlicher Messvorgang benötigte fünf Minuten. Die erfassten Daten verarbeitete der sogenannte Los Gatos Research ultraportable greenhouse gas analyser (kurz: LGRugga) am Boden.
Am besten beide Fluggeräte
Wie die Versuche ergaben, lieferte der Festflügler die wichtigeren Messergebnisse, da er die räumliche Ausdehnung von Gaswolken erfasste. Die Resultate des Hexrotors waren hingegen ausschlaggebend zur Charakterisierung der Emissionsraten und der Höhenschwankungen über eine bestimmte Zeitspanne. Idealerweise sollten beide Mess-Plattformen gleichzeitig fliegen und am besten in kürzeren Abständen eingesetzt werden. Da dies einen höheren Personalbedarf bedeuten würde, empfiehlt sich ein Kompromiss zwischen Mess-Aussagekraft, Zeit-Restriktionen und Personal-Einsatz.
Bei den Versuchen wurde mit Stellvertreter-Methoden – in diesem Fall der CO2-Konzentration – zur Feststellung von Methan-Flüssen gearbeitet. Auf Deponien tritt bei Methan-Emissionen (CH4) üblicherweise auch Kohlendioxid aus. Daher konnten mithilfe eines bereits bestehenden, für unbemannte Flugsysteme geeigneten CO2-Instruments kleine Veränderungen der Kohlendioxid-Konzentration im Verhältnis zum Hintergrund entdeckt werden. Hierfür diente ein Modell mit einer Messweite von null bis 2.000 Teilen pro Million CO2 bei einem Hertz mit einer Mess-Ungenauigkeit von etwa zehn Teilen pro Million. Das Gewicht der Mess-Apparatur betrug 300 Gramm und machte den Einsatz in Verbindung mit einem Batterie-getriebenen Leichtgewicht-Flugobjekt möglich.
Noch keine geeigneten Methan-Messgeräte
Instrumente zur Methan-Messung, die für Flugsysteme mit festen Flügeln geeignet wären, gibt es zurzeit (noch) nicht: Die verfügbaren Messapparaturen sind mit über fünf Kilogramm zu schwer und zu groß, haben zu wenig Leistung und sind zu unpräzise, da sie die Auflösung 40 Teile pro Milliarde CO2 bei einem Hertz nicht erreichen. Instrumente mit einer solchen Präzision sollen nach Darstellung der Autoren bald erhältlich sein. Messinstrumente zum Einsatz bei Rotor-Drohnen und einer Strecke zur Probennahme sind bereits auf dem Markt. Damit können Methan-Konzentrationen und Winddaten von einer – mit Kabel verbundenen – Rotor-Plattform erhoben werden und vertikales Erfassen an verschiedenen Messstellen ermöglichen.
Allerdings könnten geeignete Sensoren zur Kalkulation von Methan-Flüssen mit nominellen Unsicherheiten von rund zehn Prozent unter bestimmten Umständen ausreichend sein. Denn die Mess-Ungenauigkeit durch die Instrumente stellt nur eine sehr kleine Komponente der gesamten Ungenauigkeit dar und könnte auch mit einer weniger präzisen Ausrüstung als ursprünglich angenommen zu erreichen sein. Dazu müssten die Windverhältnisse und die Beschaffenheit der Gasfahne angemessener eingegrenzt beziehungsweise erfasst werden. Instrumente mit einer solchen Präzision sollen nach Darstellung der Autoren bald erhältlich sein.
Festflügel-Systeme mit Nachteilen
Die Flugkontroll- und Flugmanagement-Software für Rotor-betriebene Drohnen ist ausgereifter als die vergleichbare Software für Festflügel-Flugsysteme. Das beruht auf ausgeklügelten Programmen, um die Rotoren zu kontrollieren, und einer momentanen Dominanz der Fotografie im Markt für kleine Flugsysteme. Daher stellen Rotor-Drohen bei einigen Anwendungen die bevorzugte Lösung dar; allerdings schließt ihre geringere Leistung sie vom Einsatz auf größeren Arealen aus.
Um die Leistung kleiner Festflügel-Systeme zu verbessern, wäre es empfehlenswert, dass sie nahe an beziehungsweise unter einer Masse von sieben Kilogramm bleiben. Das erhöht die Einzelflug-Dauer und die tägliche Stichprobennahme. Das Problem besteht darin, dass die meisten käuflich erwerbbaren und einigermaßen finanzierbaren Festflügel-Systeme nicht für diese Aufgaben entworfen wurden. Einrichtungs- und Ausfallzeiten sind hoch, und die speziellen Komponenten sind nicht für starke Belastungen vorgesehen. Das steht im Gegensatz zu ähnlich dimensionierten Multi-Rotoren, die oftmals über klappbare Flügel verfügen und schnell startklar oder transportfertig gemacht werden können, um hintereinander Emissionen von unterschiedlichen Standorten zu messen.
Kreisbahnen über dem Gelände
Die größte Wirkungsbeschränkung für Festflügel-Systeme ergibt sich aus der Notwendigkeit, Kreisbahnen über dem gesamten Gelände zu fliegen. Das würde garantieren, dass – unabhängig von der Windrichtung – sowohl Luv- wie Lee-Bedingungen (Wind zu- und abgewandt) und beide seitlichen Extreme der Austritts-Gasfahne erfasst werden. Aber dies ist unter Umständen wegen des Zugangs zum Gelände und der Rücksichten auf Sicherheit während der normalen Betriebszeiten nicht möglich. Im Vereinigten Königreich zeichnet dafür eine Kombination aus Betriebsabläufen und Regelungen der Zivilen Luftfahrtsbehörde verantwortlich: Sie bestimmen, dass Flugzeuge 50 Meter entfernt und nicht über den Köpfen von Menschen eingesetzt werden dürfen. Allerdings finden die meisten Messversuche auf Gelände mit kontrolliertem Zugang statt; somit müsste es möglich sein, Abläufe zu entwickeln, die während der normalen Arbeitszeiten auf dem gesamten Gelände stattfinden. Zudem änderte die Zivile Luftfahrtsbehörde des Vereinigten Königreichs kürzlich ihre Strategie dahingehend, dass der Benutzer eines Fluggeräts nur so viel Kenntnis haben muss, um ein gewöhnliches, unter sieben Kilogramm kleines Flugsystem für Arbeiten in der Luft zu bedienen.
Am Ende ihrer Feldversuche kommen die Autoren der Studie über „Messungen von Methan-Emissionen auf Deponien unter Benutzung unbemannter Flugsysteme“ zu folgendem Ergebnis:
Insgesamt könnten Hemmnisse beim Einsatz unbemannter Flugkörper angegangen werden durch eine bessere Drohnen-Gestaltung, eine sorgfältige Flug- und Datenerfassungs-Planung und die Entwicklung einer Arbeitsmethodik. Verbesserte Fluggeräte inklusive Software, prozedurale Vorgehensweisen und die Koordination mit allen Beteiligten könnten wiederholbare Abläufe und Messvorgänge ermöglichen. Integrale Ansätze sollten Fluggerät, Flugkontrolle, Sensorsystem und Auftragsmanagement umfassen; deren modulare Gestaltung würde auch Aufrüstungen und Neuerungen in Sensor- oder Computer-Technik keineswegs ausschließen.
Seit 2015 gelten in Deutschland neue Vorschriften
In Deutschland sind seit dem 1. Juni 2015 neue Regeln für die Nutzung von Mini-Drohnen in Kraft. Dabei gilt für den privaten Gebrauch: Flugkörper mit einem Startgewicht unter fünf Kilogramm benötigen keine behördliche Aufstiegsgenehmigung. Wiegt die Maschine zwischen fünf und 25 Kilogramm, muss sie dem Luftfahrtbundesamt des jeweiligen Bundeslandes gemeldet werden, was Kosten verursacht. Flüge sind nur bis zu einer Höhe von 100 Metern gestattet; höhere Flüge müssen gesondert genehmigt werden. Einsätze in der Nähe von Flughäfen und über Menschenansammlungen sind ebenso wie Flüge über Katastrophengebiete, militärische Anlagen, Industrieanlagen und Kraftwerke untersagt.
Drohnen, die zu gewerblichen Zwecken eingesetzt werden, gelten als unbemannte Luftfahrtsysteme und fallen unter das Luftfahrtgesetz. Ihr Einsatz zu gewerblichen Zwecken ist nur bis zu einem Startgewicht bis 25 Kilogramm erlaubt; außerdem muss die Drohne in jedem Fall immer in direkter Sichtweite ihres Piloten sein. Die Erlaubnis wird erteilt, wenn die geplante Nutzung zu keiner Gefahr für Sicherheit oder Ordnung führen kann und insbesondere die Datenschutz-Vorschriften eingehalten werden. Die jeweils notwendigen Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis bestimmt die Behörde des betreffenden Bundeslandes. Neben Angaben zur Person des Bedieners, der Drohne und des Einsatzortes kann die Zustimmung des Grundstückseigentümers und die Befähigung zum Betrieb des Fluggerätes überprüft werden, die unter Umständen ein Sachverständigen-Gutachten erfordern.
Angeraten wird eine Haftpflichtversicherung, die durch einen Flugapparat verursachte Schäden abdeckt. Für den Betrieb von Drohnen empfiehlt sich eine spezielle, über die private Haftpflicht hinausgehende Police.
Foto: Height-Tech GmbH & Co. KG
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