Die EREMA Engineering Recycling Maschinen und Anlagen Ges.m.b.H. in Ansfelden, Österreich ist führend in der Entwicklung und Produktion von Kunststoffrecyclinganlagen und -komponenten. EU-Recycling hat mit Business Development Manager Clemens Kitzberger über die aktuellen Aktivitäten des Unternehmens gesprochen.
Herr Kitzberger, vor kurzem hat die EREMA Gruppe ein weiteres Tochterunternehmen in Russland gegründet, um ihre Präsenz in den GUS-Staaten auszubauen. Angesichts der gegenwärtigen Rezession im Land ein mutiger Schritt, wie uns scheint. Wie sieht Ihre Marketingstrategie für den russischen Markt aus?
Die Niederlassung in Russland ist als strategischer Knotenpunkt für EREMA in Hinblick auf die GUS-Staaten zu sehen. Aufgrund der geographischen Größe der Region und deren hohen Kunststoffverbrauch ist dies aus unternehmerischer Sicht der richtige Schritt. Immerhin verbrauchen die 268 Millionen Einwohner der GUS Staaten jährlich rund 9,1 Millionen Tonnen Kunststoff; zusätzlich werden circa sieben Millionen Tonnen zu Kunststoffprodukten verarbeitet. Österreichische Exportunternehmen liefern bereits jetzt jährlich Maschinen und Anlagen im Wert von rund einer Milliarde Euro nach Russland – Tendenz steigend. Diese Entwicklungen stellen auch für EREMA ein enormes Potenzial dar, das mit einem Vertragspartner in Russland umso besser ausgeschöpft werden kann. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass eine Vor-Ort-Betreuung die Kundenbindung stärkt sowie die Kaufabwicklung erleichtert.
Die Fachmesse Interplastica 2016 in Moskau zeigte Trends für den Bereich Kunststoffrecycling. Wie und wohin entwickelt sich aus Ihrer Sicht der russische Abfallentsorgungs- und Recyclingmarkt und in welchem Bereich werden die EREMA Technologien an Marktdurchdringung gewinnen?
Bei den Kunststoffrecyclinganlagen werden sich vor allem effiziente und flexible Systeme durchsetzen, denn die Komplexität bei der Verarbeitung von Altkunststoffen wird durch ständige Innovationen in der Kunststofferzeugung weiterhin steigen. Das Potenzial von EREMA in Russland sehe ich ähnlich wie am europäischen Markt stark im Post Consumer Recycling, hier speziell bei unseren TVE plus Anlagen.
In welchen Teilsegmenten sehen Sie Investitionsbedarf?
Voraussetzung für effizientes Recycling ist jedenfalls, dass genügend Rohstoffmaterial vorhanden ist, das zu Rezyklaten verarbeitet werden kann. Europa ist Vorreiter, was effiziente Sammelsysteme betrifft. Hier besteht definitiv noch Steigerungspotenzial in den GUS-Staaten: die vorhandenen Kunststoffabfälle zu sammeln, zu sortieren und dann zu recyceln. EREMA ist ein wesentliches Glied in der Kette des Kunststoffrecyclings.
Welche neuen Ländermärkte in der Welt will sich EREMA in naher Zukunft noch erschließen?
Derzeit laufen bereits mehr als 4.500 EREMA-Anlagen in über 80 Ländern der Welt. Für saubere Produktionsabfälle wie auch für stark kontaminierte Post Consumer Abfälle. Speziell im Post Consumer Bereich sehen wir ein signifikantes Wachstumspotenzial sowohl in den USA als auch Asien. Innerhalb der EU genießt Recycling aufgrund konkreter politischer und gesetzlicher Maßnahmen, wie der Anhebung der verpflichteten Recyclingquoten, bereits einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft – Stichwort „Landfill Ban/Deponieverbote“.
Dadurch werden die zur Verfügung stehenden Mengen an Kunststoffabfall in den nächsten Jahren stark ansteigen. Viele Recycler haben bereits heute ein Interesse daran, sich künftige Materialströme zu sichern, und investieren daher auch in moderne und leistungsfähige Recyclingtechnologien. Die Qualität des Recyclings wird dabei wettbewerbsentscheidend sein: Eine Herausforderung ist der steigende Verschmutzungsgrad bei Post Consumer-Materialien. Es sind daher Technologien gefragt, die aus „schlechtem“ Inputmaterial einen qualitativ hochwertigen Output erzeugen können. Das Interessante daran für Recycler: Dieser „Qualitätsspagat“ bietet ihnen eine höhere Wertschöpfung/Marge.
Welche Zukunftsperspektiven versprechen Sie sich davon?
Der weltweite Trend geht ganz eindeutig in die Richtung „Qualitätsregranulat“. Der Wettbewerb wird durch den aktuellen Rohöl-Preisverfall beschleunigt. Damit Recycler in diesem Wettbewerb neben Kunststoff-Neuware bestehen können, müssen den Kunststoffverarbeitern hochqualitative Regranulate geboten werden. Die Erzeuger von höherwertigen Kunststoffprodukten brauchen Regranulate, deren Eigenschaften so nah wie möglich an Neuware herankommen. Und sie brauchen diese Qualität auch sehr konstant über einen langen Zeitraum und in ausreichenden Mengen – Stichwort „zuverlässige Supply Chain“. Hier sind wir als EREMA sehr gut aufgestellt und können Recyclern diese Technologien bieten – vor allem unsere neue Intarema trifft hier genau den Puls der Zeit. Sie verwandelt beispielsweise anspruchsvolles DSD 310 Material (Duales System Deutschland) in hochwertiges Regranulat, das wiederum für hochwertige Endprodukte verwendet werden kann. Und die Maschine bietet außerdem die geforderte Prozess-Stabilität, um die hohe Qualität auch konstant liefern zu können.
Auf dem Internationalen Automobilrecycling-Kongress in Berlin haben Sie einen Vortrag mit dem Titel „Key factors for highly efficient regrind recycling“ gehalten. Was macht Ihre Technologien für das Automobilrecycling interessant? Welche Produktentwicklungen und Detailverbesserungen an Maschinen und Anlagen stehen aktuell im Hause EREMA an?
Aus der Automobilindustrie kann speziell dickwandiges Mahlgut als Eingangsmaterial für das Recycling verwendet werden. Damit Regranulat aus Mahlgut aber problemlos weiterverarbeitet werden kann und die funktionellen Eigenschaften der daraus hergestellten Endprodukte gewährleistet sind, ist ein spezifischer Recyclingprozess notwendig, dem marktübliche Systeme bisher nicht vollständig gerecht werden konnten. Genau dafür entwickelte EREMA das neue Anlagensystem Intarema RegrindPro. Die Technologie ist exakt auf alle Arten von dickwandigem Mahlgut-Material abgestimmt und kann durch äußerst schonende Aufbereitung und zuverlässige Filtration Mahlgut zu hochwertigen Regranulaten verarbeiten. Für Kunststoffverarbeiter stellt Regranulat auf Basis von Mahlgut eine hervorragende Alternative zu Neuware dar.
Vor allem deshalb, weil Mahlgut leicht zu sortieren und zu trennen ist und somit als qualitativ hochwertiges Eingangsmaterial für den vorgeschalteten Recyclingprozess zur Verfügung steht. Es ist vor allem sortenrein und zudem in ausreichenden Mengen verfügbar. Rohstoffquellen sind dickwandige Verpackungen wie PE-HD-Blasformflaschen aus dem Hygiene- und Kosmetikbereich, aber auch Tiefzieh- sowie Spritzgussartikel aus Polypropylen und Polystyrol wie Verschlusskappen, Becher und Schalen für Lebensmittelverpackungen. Aber auch Kunststoffe aus Elektroschrott (WEEE) und Produkten des Automobilbereichs wie Stoßstangen, Batteriekästen, Verrohrungen im Motorraum haben großes Verwertungspotenzial.
Im Fahrzeugbau gewinnt der Systemleichtbau, der verschiedene moderne Werkstoffe (Multi-Material-Komponenten) integriert, an Bedeutung. Die Autos von morgen werden neben Stahl, Aluminium und Kunststoffen auch Titan, Magnesium, Keramiken und nicht zuletzt faser- und textilverstärkte Verbundwerkstoffe enthalten. Wie kann ein derart komplexer Materialmix mit Ihren Lösungen im Recyclingprozess getrennt und aufbereitet werden?
Die von Ihnen angesprochenen Materialmixe bringen funktionelle Eigenschaften bei gleichzeitigem Leichtbau mit sich – das ist positiv. Die Rezyklierbarkeit ist aber oftmals begrenzt, und so sind die Kunststoff-basierten Verbunde häufig nur der energetischen Verwertung zuzuführen. Auf der anderen Seite muss man festhalten, dass im Automobilbau auch Kunststoffrezyklate eingesetzt werden – etwa für Batteriekästen, Abdeckungen sowie für motornahe Teile. Eine Herausforderung bei vielen Mahlgütern aus dem Automobilbereich ist dabei sicher auch die Tatsache, dass diese schwarz eingefärbt und hoch gefüllt sind. Das erschwert das Trennen und Sortieren. Ich glaube, auch in der Automobilindustrie ist eine intensive Kommunikation innerhalb der Wertschöpfungskette – Automobilhersteller, Zulieferer, Kunststoffverarbeiter und Recycler – notwendig. Nur so schafft man es, neue Produkte zu entwickeln, deren spätere Rezyklierbarkeit bereits bei der Herstellung berücksichtigt wird.
Auf welchen Fachmessen und Fachveranstaltungen wird EREMA in diesem Jahr noch vertreten sein?
Wir freuen uns natürlich ganz besonders auf die diesjährige „K“ in Düsseldorf. 2013 haben wir unsere neue Intarema-Technologie vorgestellt, die bis heute ein großer Erfolg ist. Auch dieses Jahr werden wir unser Bestes tun, um die Messebesucher mit Neuheiten zu begeistern. Die weiteren Messen, auf denen wir vertreten sein werden, sind immer aktuell zu finden unter www.erema.at/de/events [1].
Herr Kitzberger, vielen Dank für das Gespräch!
(Die Fragen stellte Marc Szombathy)
Foto: EREMA
(EUR0416S38)