Emissionsrechtehandel: Versiegt die Investitionstätigkeit?

Die Prognos AG hat untersucht, wie sich der europäische Emissionsrechtehandel auf die Stahlindustrie und die mit ihr verbundenen Wertschöpfungsketten in Deutschland insgesamt auswirken wird, wenn die Pläne der EU-Kommission für die Zeit nach 2020 Realität werden.

Der Wirtschaftsberatung zufolge würde eine massive Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie zum Versiegen der Investitionstätigkeit in der Branche führen. Produktion und Beschäftigung könnten im Zeitraum 2020 bis 2030 um 60 Prozent sinken. Hinzu kämen Beschäftigungsverluste in den vor- und nachgelagerten Branchen in Höhe von rund 380.000 Mitarbeitern. Die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung fiele 2030 um 30 Milliarden Euro niedriger aus als in dem Referenzszenario.

Laut Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, unterstreicht die Studie die hohen Kosten, die mit einer einseitig ausgerichteten Energie- und Klimapolitik verbunden sind: „Der Stahlindustrie drohen durch den Kommissionsvorschlag in der vierten Handelsperiode ab 2021 Belastungen in Höhe von durchschnittlich einer Milliarde Euro pro Jahr, die bis 2030 auf voraussichtlich 1,6 Milliarden Euro ansteigen werden.“ Da die Unternehmen diese Kosten aufgrund des scharfen internationalen Wettbewerbs nicht weitergeben könnten, würde es in wenigen Jahren zu einer rasch voranschreitenden De-Industrialisierung in wichtigen Teilen der Wertschöpfungskette kommen. „Ein Euro Belastung in der Stahlindustrie wäre in der Konsequenz mit 30 Euro Verlust in der gesamten Volkswirtschaft verbunden“, rechnet der Verbandspräsident vor. Der Kommissionsvorschlag sei wirtschaftlich und ökologisch unvernünftig. Die Stahlindustrie hätte grundsätzlich eine stabile Zukunft am Industriestandort Deutschland.

Nach den Erkenntnissen von Prognos wird die deutsche Wirtschaft auch in der Zukunft von industriellen Leitbranchen getragen, die zum großen Teil als stahlintensiv eingestuft werden können. Daher sei auch mit einer stabilen langfristigen Entwicklung der Stahlindustrie zu rechnen, sollten keine CO2-bedingten Kosten anfallen. „Stattdessen werden wir künftig Stahl in immer größeren Mengen importieren müssen, der das Klima mit deutlich mehr CO2-Emissionen belastet. Stahl ‘Made in Germany‘ im Sinne von nachhaltigen und leistungsfähigen Lösungen wäre damit am Ende“, bewertet Kerkhoff die Ergebnisse. Neben den rein volkswirtschaftlichen Effekten wiege ebenso schwer der Verlust von Innovationskraft, die gerade im industriellen Bereich weiter notwendig sei, um nachhaltig produzieren zu können. Unternehmen und Arbeitsplätze dürften im internationalen Wettbewerb nicht durch übermäßige Kostenbelastung gefährdet werden. Die EU-Mitgliedstaaten und das EU-Parlament sollten nun alles daran setzen, den industriefeindlichen Vorschlag der Kommission abzuwenden.

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