Den Fremdstoffen auf der Spur
Das Detektionssystem DS 2010 von Maier & Fabris erkennt Fremdmaterialen in Abfallbehältern und verbessert die Rückgewinnung von Wertstoffen.
Störstoffe verhindern eine zufriedenstellende Abfalltrennung. Achtlos in die falsche Tonne geworfene Abfälle minimieren die Sortenreinheit der Materialien und erschweren die spätere Weiterbehandlung. Appelle an die Bürger zu besserer Abfalltrennung, die in der Vergangenheit häufig mit mahnendem Zeigefinger erfolgten, fruchteten wenig. Und Systeme, die alle Haushalte für die mangelnde Sortier-Disziplin einiger weniger zur Kasse bittet, sind sicherlich auch keine Lösung. Ein System, um den Grad an Störstoffen in Bio- und Restmüll-Tonnen zu erfassen, bieten jetzt die Entwickler der Tübinger Maier & Fabris GmbH Umwelttechnik an. Ihr Detektionssystem DS 2010 erkennt Fremdmaterialen in Bioabfall-, Altpapier- und Restmüll-Behältern unmittelbar vor deren Entleerung. Die Elektronik des dafür eingesetzten Prüfgeräts greift dabei auf die bewährte Technik von Metalldetektoren zurück, wie sie auf Flughäfen oder bei der Minensuche Verwendung finden. Per Wirbelstromprinzip – metallische oder metallbeschichtete Oberflächen werden zur Bildung elektrischer Wirbelströme angeregt – lässt sich erkennen, ob in den jeweiligen Abfallcontainern Störstoffe vorhanden sind.
Nicht nur ferromagnetische Materialien
Der Detektor mit den Maßen 56 x 38 Zentimeter ist an der jeweiligen Aufgabestelle des Sammelfahrzeugs installiert – je nach Fahrzeugtyp unterschiedlich. Noch während der Müllwerker den Container herbeiholt, reagiert die Messtechnik und sendet beziehungsweise empfängt je nach Suchempfindlichkeit Messdaten, die an den Verwaltungsrechner im Führerhaus geschickt werden. Die Detektor-Elektronik erkennt dabei nicht nur ferromagnetische Materialien, sondern auch Nichteisen-Metalle wie Aluminium, Blei, Chrom, Kupfer oder Nickel. Das System spürt somit problemlos Weißblechdosen, aluminiumbeschichtete Tetra Paks, metallhaltige Kaffeepads und Deckel von Joghurtbechern, aber auch Metallfolien, Energiesparlampen, Batterien, Elektro-Kleingeräte und andere Problemstoffe auf. Die Feldstärken der Messungen liegen um den Faktor 1.000 unter den vorgegebenen Grenzwerten.
Der Belastungsgrad eines Behälters bemisst sich nicht nur nach den detektierten Metallteilen. Denn eine Untersuchung des Instituts für Organische Chemie der Universität Tübingen ergab, dass in Abfallcontainern mit hohem Metallgehalt auch höhere Gehalte an Kunststoffen, Glas und Textilien zu finden sind. So fand sich in „beanstandeten“ Behältern mit 1,6 Prozent Metallanteil eine Störstoffmenge von insgesamt 9,1 Prozent, während in „nicht beanstandeten“ Behältern mit 0,1 Prozent Metall der Störstoffanteil lediglich 0,5 Prozent ausmachte. Oder, wie es der langjährige Obmann des Bundesgüteausschusses der Bundesgütegemeinschaft Kompost, Prof. Dr. Werner Bidlingmaier, ausdrückte: „Beim Detektieren von Metall – dazu gehören auch Metallverbunde – liegt ein Symptom für die allgemeine Verschmutzung des beanstandeten Behälters vor.“
Die Messungen des DS 2010-Metalldetektor erfolgen allerdings nach keinem starren System, sondern lassen insgesamt 31 mögliche Empfindlichkeits-Einstellungen zu. Sie differieren je nachdem, ob es sich um eine Bio- oder eine Restmüll-Tonne handelt. Sie sollen sich unterscheiden, da in städtischen Gebiete und ländlichen Gegenden andere Beanstandungsquoten zu erwarten sind. Und sie richten sich nach den jeweiligen Zeitphasen nach Einführung des Systems, in denen sich der entsprechende Entleerungsbezirk befindet. Dabei spielt der psychologische Effekt für die Haushalte eine wichtige Rolle.
Grün, gelb, rot
Der organisatorischen Vorbereitung – Phase 1 – schließen sich die ersten Sammeltouren mit Ist-Daten-Erfassung der Behälter an. Getrennt nach Siedlungsgebieten, werden in dieser Phase 2 erstmalige Messungen aller zu leerenden Behälter vorgenommen und die Anzahl der beanstandeten Behälter in Relation zur Empfindlichkeitsstufe erfasst. Während sechs Wochen sollen ausreichend Daten gesammelt werden, um eine sinnvolle, auf das Gebiet bezogene Prüfschärfe des Detektors für die lokale Störstoff-Belastung zu ermitteln. Danach erfolgt in Phase 3 über die Presse die Information der Bürger über den Ist-Zustand ihrer Abfalltrennung und die Ziele – die Senkung der Störstoffbelastung in Bio- oder Restmüll-Tonnen.
Phase 4 sieht die erste Sammeltour vor, die den Haushalten, die ihren Abfall ordnungsgemäß trennen, eine grüne Lob-Karte am Deckel der Tonne beschert; die Halter der beanstandeten Behälter werden nicht benachrichtigt. Die Empfindlichkeitsstufe des Detektors liegt sehr hoch. In den darauffolgenden acht Wochen starten Sammeltouren der Stufe 5 – mit geringerer Detektor-Empfindlichkeit –, bei der die beanstandeten Behälter mit einer gelben Ermahnungs-Karte versehen werden, aber noch jede Tonne geleert wird. Für die letzte Phase 6, die zuvor in der Presse angekündigt wurde, wird die Prüfschärfe des Detektors auf sehr niedrig eingestellt: Haushalte, deren Behälter dann noch die Messwerte nicht erfüllt, erhalten eine rote Karte; zukünftig bleiben diese Tonnen ungeleert, außer, die Abfälle werden nachsortiert oder es wird eine Extra-Gebühr dafür entrichtet.
Zwei Cent Zusatzkosten pro Behälter
Diese Vorgehensweise erfordert keine Mehrbelastung des Entsorgungs-Personals, macht keine Extratouren notwendig und benötigt keinen zusätzlichen Zeitaufwand. Die Kosten für ein Zwei-Detektoren-System am Seitenlader werden auf jährlich 4.450 Euro, für ein Zwei-Detektoren-System am Hecklader auf 3.950 Euro beziffert. Daraus ergeben sich pro Behälter zusätzliche Kosten von zwei Cent. Die Vorteile einer sauberen Abfalltrennung wiegen diese Kosten bei weitem auf: Der Aufwand für Störstoff-Entfrachtung reduziert sich, die Schäden an Anlagen nehmen ab, und der Erlös durch bessere Qualität der Endprodukte steigt. Denn ist einmal die „passende“ Empfindlichkeitsstufe für den jeweiligen Bezirk gefunden, lassen sich per roter Karte die am meisten belasteten Behälter aussondern. Laut der erwähnten wissenschaftlicher Studie der Universität Tübingen über Biotonnen ist es maximal ein Prozent der beanstandeten Abfallbehälter, die rund 70 bis 87 Prozent der Störstoff-Menge enthalten. Um diesen Prozentsatz – so Maier & Fabris – sollten sich folglich die Störstoffe in den Kommunen senken lassen.
Nur noch 0,8 Prozent unkorrekt befüllt
So konnte beispielsweise der Kreis Euskirchen melden, dass die Bioabfälle, die zuvor am Kompostwerk durch hohe Störstoffanteile auffielen, nun eine sehr gut Qualität besitzen; der Anteil der beanstandeten und stehengelassenen Biotonnen liege seit langem unter einem Prozent. Und auch im Landkreis Bad Kreuznach hat sich die Güte der Bioabfälle, die bislang relativ stark mit Störstoffen verschmutzt waren, durch flächendeckenden Einsatz des Detektionssystems deutlich verbessert. Der dortige Abfallwirtschaftsbetrieb bilanzierte: „Die Bürger akzeptieren das System. Nur noch 0,8 Prozent der Bioabfall-Behälter werden als unkorrekt befüllt stehengelassen.“ Und Nutzerbefragungen in den Landkreisen Kulmbach, Reutlingen, Vorpommern-Rügen und Wittmund ergaben, dass die Bioabfall-Input-Qualität durch den Detektor-Einsatz von „mangelhaft“ oder „ausreichend“ auf „gut“ oder „sehr gut“ gesteigert werden konnte.
Dr. Carsten Kreklau vom Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. kommentierte: „Die von Maier & Fabris entwickelten Detektionssysteme zur Erkennung von Falschsortierungen versprechen, die Rückgewinnung von Wertstoffen aus Siedlungsabfällen weiter deutlich zu verbessern.“ Und Prof. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Co-Vorsitzender des International Panel for Sustainable Resource Management, sieht in dem Detektionssystem eine Möglichkeit, Rückschlüsse auf das Getrenntsammel-Verhalten der Bürger zu ziehen und durch differenzierte Erkennungssensibilität Fehlverhalten der Bürger zu identifizieren: „Diese Technologie ist als Beitrag zur Rückgewinnung von Wertstoffen dringend notwendig.“
Eine einheitliche Definition von Fremdstoffen in Bioabfällen gibt es nicht. Zwar schlagen in der Masse Glas, Kunststoffe und Metalle zu Buche. Hinzu kommen Steine größer zehn Millimeter – laut Düngemittelverordnung zählen auch auffälliges Papier und Karton hinzu –, und die Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V. subsumiert zusätzlich Verbundstoffe.
Die größere Schwierigkeit zur Definition von Fremdstoffen besteht jedoch in der Anlagen- beziehungsweise Anwendungsspezifik. So ist Altpapier zum Einpacken von Biogut durchaus geeignet, kann im Verbund mit Kunststoffen aber Siebe und Pumpen zusetzen. Hinzu kommen lokale Besonderheiten der Biotonne: Mancherorts sind Speisefett, Fleisch oder Biokunststoffbeutel in der Tonne erlaubt, andernorts keinesfalls. So ist zu erklären, dass Stör-und Fremdstoffe in Bioabfällen anteilig zwischen 0,9 und zwölf Gewichtsprozent schwanken können.
Foto: Maier & Fabris GmbH
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