Hausmüllverbrennungsasche als Zuschlagstoff – Potenziale und Barrieren

Die Stadtreinigung Hamburg gewinnt in einem Forschungsprojekt aus Hausmüllverbrennungsaschen einen Zuschlagstoff, der in der Asphalt-, Beton- und Zementindustrie eingesetzt werden kann. Das Projekt wurde auf der 1. Europäischen Ressourcenkonferenz im Rahmen der diesjährigen IFAT von Dr. Stefan Lübben vorgestellt.

In Hamburg fallen rund 280.000 Tonnen Hausmüllverbrennungsasche (HMVA) an – Jahresangabe 2013: über 1,1 Millionen Tonnen Abfälle wurden über die Stadtreinigung Hamburg in vier Verbrennungsanlagen entsorgt. Das Mineralgemisch wird kalziniert und damit chemisch stabilisiert, drei Monate gelagert und dann über die Hanseatische Schlackenkontor GmbH in Norddeutschland als Ersatzbaustoff vermarktet. Jährlich kommen etwa 160.000 Tonnen HMVA zusammen, die im Straßen-, Wege-, Industrie-, Gewerbe- und Deponiebau eingesetzt werden können. Und es könnten sogar 255.000 Tonnen sein, doch sehen langfristige Verträge eine Deponierung von 95.000 Tonnen HMVA vor, wie der Referent erläuterte.

Schlechtes Image erschwert den Absatz

Das HMVA-Gemisch in der Körnung von 0 bis 32 Millimetern wird als Abfall und nicht als Produkt betrachtet. Laut Lübben erschwert das schlechte Image in der Öffentlichkeit den Absatz als Ersatzbaustoff, und als Zuschlagstoff für die Asphalt-, Beton- und Zementherstellung ist das Produkt auch nicht von Güte. Dabei stellten Auftragsstudien zur Produktverbesserung fest, dass die konventionelle Aufbereitung der HMVA die Qualitätsanforderungen seitens der Bauphysik und des gesetzlichen Boden- und Grundwasserschutzes nur unzureichend erfüllt: Die Chlorid-, Sulfat- und Schwermetall-Gehalte im Produkt sowie die Restfeuchte überschreiten die zulässigen Werte, und das Material erweist sich als bautechnisch nicht belastbar. Als Betonzuschlag zum Beispiel nehmen im Beton das Porenvolumen zu- und die Druckfestigkeit ab. Bei Kontakt mit Wasser bilden sich in der HMVA enthaltene Aluminiumpartikel zu Aluminiumhydroxiden. Die Folge: Der Beton quillt nahe der Oberfläche auf und platzt ab. Ebenfalls können enthaltene Glaspartikel Risse im Beton verursachen.

Untersucht wurde außerdem, ob Kiessand als Tragschicht durch Bitumen substituiert werden kann. Zu diesem Zweck wurde aus mit Bitumenemulsion versetzter Hausmüllverbrennungsasche ein Kaltmischgut hergestellt. Doch das Material stellte sich als wasser- und frostempfindlich heraus, und auch die Verdichtbarkeit (hohes Hohlraumvolumen) ließ zu wünschen übrig: Es „blühte auf“ mit der Folge von Rissbildungen. Durch die Abtrennung der Fein- und Feinstanteile kleiner 100 μm konnte allerdings auf die unvorteilhafte Kalzinierung der Asche verzichtet werden. Die Eluatwerte bewegten sich – mit Ausnahme von Antimon, Chromaten und auch Kupfer – im Toleranzbereich.  Weiteren Informationen zufolge wurden in Versuchsreihen der Stadtreinigung Hamburg ein Nassentschlacker mit Wasserüberschuss gefahren und der Metallabscheidung und kaltmechanischen Klassierung vorgeschaltet. Im Ergebnis konnten die Chlorid- und Sulfatgehalte im Eluat von Hausmüllverbrennungsasche um bis zu fünfzig Prozent reduziert werden: bei Chlorid auf unter 100 Milligramm und bei Sulfat auf 200 Milligramm pro Liter. Ohne Schlackenwäsche lag der Eluatwert bei 180 Milligramm pro Liter Chlorid und 360 Milligramm pro Liter Sulfat. Lübben sprach in diesem Zusammenhang von einem Qualitätssprung. So konnten auch die Ausbeuten an NE-Metallen von 1,1 Prozent aus dem Rohasche-Input auf 2,3 Prozent gesteigert werden. Den Metallen haftete dabei aber bis zu 16,5 Prozent Mineralik an, und die Glasgehalte waren mit 13 bis 18 Prozent ebenfalls noch sehr hoch. Die Eluatwerte bei Chromaten, Molybdän und Antimon erfüllten die DK0-Kriterien, und die Kupferkonzentrationen lagen zum Teil im unteren DK1-Bereich.

Entschlackung per Sortierschlauch

Als Lösung zeigte sich eine mit einem Sortierschlauch (30 Zentimeter Innendurchmesser) ausgerüstete Nassentschlackungsanlage. Das Verfahren selbst stellt sich als Dichtetrennung dar: Der Schlauch wird in Schwingung versetzt und das Mineralgemisch – in den Versuchen auf 30 Millimeter gesiebt – über einen Aufgabetrichter mit Waschrutsche geleitet. Prozesswasser durchströmt daraufhin den Schlauch von unten nach oben und trägt zugleich alle leichten Partikel nach oben Richtung Waschrutsche aus. Gröbere und schwere Partikel wiederum sinken ab und werden nach unten ausgetragen. Das aufsteigende Prozesswasser läuft im Trichter über ein Wehr und wird in nachgeschalteten Systemen gefiltert und gereinigt.

Aus dem abgetrennten Feinstkorn lässt sich mithilfe von Flockungsmitteln und einer Siebbandpresse ein Filterkuchen produzieren und beispielsweise als Baustoffkomponente für Zementklinker verwenden. Dessen Zulassungsprüfung der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) steht noch aus und es muss – wie Dr. Stefan Lübben zum Abschluss seines Vortrags einräumte – die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens noch in der Praxis erprobt werden. Es gilt, Erfahrungen von Asphaltmischbetrieben und Betonwerken zu sammeln und nicht zuletzt eine Anerkennung durch die Umweltbehörden zu erwirken.

www.srhh.de

Foto: Buriy / fotolia.com

(EUR0816S34)