Kurswechsel in Griechenlands Abfallwirtschaft

Abfalltrennung, Rückgewinnung und Recycling werden im neuen nationalen Abfallbewirtschaftungsplan groß geschrieben. Das eröffnet Technologieanbietern und Know-how-Dienstleistern Geschäftschancen. Rund 830 Millionen Euro des EU-Partnerschaftsabkommens der Förderperiode 2014 bis 2020 sollen in die griechische Abfallwirtschaft fließen.

Davon sind 650 Millionen Euro für die Siedlungsabfall-Behandlung vorgesehen. Ein Teil wurde hier der Fertigstellung von Projekten der Förderperiode 2007 bis 2013 zugesprochen. Die unterbreiteten Vorschläge für die Abfallbewirtschaftung der Regionen Attika, Epirus, Thessalien, Zentralmakedonien und Südägäis liegen bereits bei 1,5 Milliarden Euro. Das zuständige griechische Ministerium für Umwelt und Energie ist Projekten in Form von Public-private-Partnerships (PPP) gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen. Mit dem Rechtsakt Nummer 49 des Ministerrates vom 15. Dezember 2015 wurde der neue Nationale Abfallbewirtschaftungsplan (2015 bis 2020) verabschiedet.

Nach Angaben des Umweltministeriums soll der Abfallbewirtschaftungsplan bis zum Jahr 2020 bis zu 16.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Dabei hatte die Ausarbeitung des Plans zu heftigen Kontroversen geführt. Ein Grund dafür ist die Aussetzung von Abfallgroßprojekten, die kurz vor dem Abschluss standen. Die niedrigen Recyclingraten durch hohen Anfall gemischter Siedlungsabfälle waren hier ausschlaggebend. Weitere kritische Punkte waren das vom Staat garantierte Mindestabfallaufkommen und die Preise, die von den Gemeinden zu zahlen sind, wenn sie den Abfall zur Anlage bringen.

Vertragsreif und in der Bauphase

Der neue Plan setzt auf kleinere, dezentrale Abfallbehandlungsanlagen, die auf den Abfallbewirtschaftungsplänen der Regionen basieren und durch die Pläne der Gemeinden ergänzt werden. Von den zwischen 2010 und 2012 ausgeschriebenen und vergebenen integrierten Abfallmanagementanlagen befindet sich bisher nur eine Anlage in Westmakedonien in der Bauphase. Vertragsreif sind außerdem die Projekte von Ilia, Epirus und Zentralmakedonien. Problematisch gestaltet sich die Realisierung des Vorhabens auf dem Peloponnes. Trotz Vertragsänderung – so wurde zum Beispiel die garantierte Abfallmenge pro Jahr von 150.000 auf 100.000 Tonnen verringert – wehren sich die lokalen Entscheidungsträger der öffentlichen Verwaltung gegen dieses Projekt.

Fortan soll aber neben der Abfallvermeidung auf die Abfalltrennung an der Quelle und auf die Rückgewinnung von Siedlungsabfällen – 74 Prozent bis 2020 – gesetzt werden. Glas, Papier, Metalle und Kunststoffe als Abfälle gilt es zu trennen und zu 65 Prozent (bezogen auf das Gesamtgewicht der Stoffströme) zu recyceln. Der Deponierungsanteil soll auf 26 Prozent reduziert werden.

Unkontrollierte Deponien sind das Problem

Eurostat zufolge fielen 2013 in Griechenland 509 Kilogramm Siedlungsabfälle pro Kopf an. Damit liegt das Land über dem Durchschnitt der Europäischen Union (EU28) von 477 Kilogramm. Deutlich unter dem EU-Mittel blieb mit 16 Prozent der Recyclinganteil zurück.

Über 80 Prozent des Gesamtabfallaufkommens 2012 (72,3 Millionen Tonnen) landeten auf Deponien und lediglich 3,7 Prozent der Bioabfälle wurden kompostiert. Fast die Hälfte des Abfallaufkommens in 2011 entfiel auf Industrieabfälle. Der Anteil der landwirtschaftlichen Abfälle lag bei 30, der Siedlungsabfälle bei 16 und Bauschutt bei vier Prozent. Zu den größten Problemen der griechischen Entsorgungswirtschaft gehören die unkontrollierten Deponien sowie die Müllhalden, deren Betriebszeit abgelaufen ist. Im Jahr 2015 zahlte Hellas Strafgelder in Höhe von 29,5 Millionen Euro für 46 unkontrollierte aktive Mülldeponien und für 136 geschlossene, aber nicht sanierte Deponien. Dieses Problem soll schrittweise bis 2020 behoben werden.

„Grüne Punkte“ in jeder Gemeinde

Der neue Abfallbewirtschaftungsplan sieht die Einrichtung von „Grünen Punkten“ in jeder Gemeinde vor; das bedeutet organisierte Sammel- und Recyclingstellen im oder außerhalb des Stadtnetzes. Die Punkte variieren zwischen 50 und 1.000 Quadratmetern. Größere Sammelstellen sollen über Räumlichkeiten für die Ausbildung in „Abfalltrennung und Recycling“ verfügen.

Die geplanten kleineren Abfallbewirtschaftungsanlagen eröffnen mittelständischen Anbietern von Recycling-, Sortier- und Kompostierungsanlagen sowie Know-how-Lösungen Geschäftschancen. Die Einrichtung von „Grünen Punkten“ wird den Bedarf an Mülltonnen und -containern und anderen Sammelbehältnissen ankurbeln. Potenzial besteht auch in der Landwirtschaft, wo ein Netz zur Sammlung von Bioabfällen für die Produktion von Tiernahrung oder für Biomasse- und Biogasanlagen vorgesehen ist.

22 zugelassene Recyclingsysteme

Die 325 griechischen Gemeinden sammeln und transportieren Siedlungsabfälle entweder durch gemeindeeigene Dienste oder mit Unterstützung von 1.121 lizenzierten Privatunternehmen für die Sammlung und den Transport von nicht-gefährlichen Abfällen und von 75 Unternehmen für gefährliche Abfälle. Das Land verfügt über 75 legal geordnete Deponien, 59 Abfalltransferstationen, drei mechanisch-biologische Restabfallbehandlungs- und Kompostierungsanlagen und 35 Materialrückgewinnungsanlagen. Es gibt zwei Abfallströme: einen für Plastik-, Glas- und Metallabfälle (blaue Abfalltonne) und einen für den Restmüll (grüne Tonne). 92 Prozent der Bevölkerung können die 153.000 blauen Tonnen nutzen. Landesweit gibt es 32 Abfalltrennungsstellen für wiederverwertbare Abfälle aus den blauen Tonnen.

Insgesamt befassen sich 22 zugelassene Recyclingsysteme mit der Sammlung und Verwertung von Verpackungen, Batterien, Akkumulatoren, Elektrogeräten, Altreifen, Schmierölabfällen, Altfahrzeugen, Abfallaushub und Bauschutt. Zu den wichtigsten Recyclinganbietern im Land gehört die Griechische Gesellschaft für die Nutzung des Recycling (HERRCo). Das Unternehmen liegt zu 65 Prozent in den Händen großer Unternehmen, die sich verpflichten, ihre Verpackungen zu entsorgen, und zu 35 Prozent in den Händen des Zentralverbandes der Städte und Gemeinden KEDE. HERRCo verwaltet die blauen Recycling-Tonnen.

Bauunternehmen engagieren sich

Zu den Unternehmen, die in der Sammlung und im Transport von nicht gefährlichen Abfällen tätig sind, zählen das griechische Bauunternehmen Aktor S.A. (www.aktor.gr) und das Abfallverarbeitungsunternehmen Ilektor S.A. (www.helector.gr) der Unternehmensgruppe Hellaktor S.A., das zyprische Bauunternehmen J&P Avax S.A. (www.jp-avax.gr) und das griechische Umweltschutzunternehmen Envitec (www.envitec.gr). Diese Firmen nahmen erfolgreich an den Ausschreibungen für die Abfallverwaltungsanlagen teil.

Der Verlag Alkinoos (www.inr.gr) veröffentlichte die wirtschaftlichen Ergebnisse von 59 Unternehmen, die sich mit dem Recycling (Abfallsammlung, -trennung und -verarbeitung) befassen. Im Jahr 2015 verzeichneten sie einen Umsatzrückgang von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Rückgang ist auf das krisenbedingt geringere Abfallaufkommen zurückzuführen. Nicht zu vernachlässigen sind der „Recycling-Schwarzmarkt“, besonders von Batterien und Metallprodukten, und die illegalen Abfallexporte.

Ausländische Unternehmen erhöhen ihre Chancen bei öffentlichen Ausschreibungen, wenn sie ihr Know-how in Konsortien mit lokalen Unternehmen einbringen. Die Ausschreibungen in Griechenland folgen den EU-Richtlinien. Öffentliche Ausschreibungen zu Abfallprojekten werden auf der Website des Griechischen Umweltministeriums (www.ypeka.gr/?tabid=473) veröffentlicht. Ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht stehen unter www.gtai.de/recht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen unter www.gtai.de/zoll zur Verfügung.

Verfasserin: Michaela Balis
Quelle: Germany Trade & Invest

Foto: pixabay

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