„Das ist wahrscheinlich der beste Weg vorwärts“

Vom 18. bis 20. Oktober 2016 findet in Glasgow das 9. Europäische Forum für Industrielle Biotechnologie und Bio­ökonomie (EFIB 2016) statt. Gwenole Cozigou von der EU-Generaldirektion Wachstum wird dort einen Vortrag halten über „Marktschaffung innerhalb der Kreislaufwirtschaft: Welche Rolle spielt die Industrielle Biotechnologie?“ Im Vorfeld seiner Rede sprach der Veranstalter mit Gwenole Cozigou.

Nach Ansicht der Europäischen Kommission führt die Kreislaufwirtschaft zu einer Win-win-Situation für Unternehmen, Jobs und Umwelt. Welche wesentlichen Herausforderungen und Möglichkeiten sehen Sie in diesem Übergang?

Dazu gehören Beständigkeit und Rentabilität der rechtlichen Rahmenbedingungen, Zugang zur Mittelbeschaffung für die verarbeitende Industrie, Finanzierbarkeit und Zuverlässigkeit biobasierter Lösungen, Vermeidung einer EU-internen Marktaufspaltung und der Export von EU-Lösungen.

Wie kann die EU-Kommission das Entwicklungspotenzial von biobasierten Produkten und Materialien fördern?

Dazu arbeiten bereits mehrere Initiativen parallel und synergetisch. Es sind dies der „Juncker Investment Plan“, die Binnenmarkt-Strategie, der Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft, die Energie-Union und die Förderung nachhaltiger Mobilisierung von Holz. Zudem – und insbesondere mit Bezug auf den biobasierten Produktionssektor – startete die Kommission 2008 die Leitmarkt-Initiative für biobasierte Produkte. Eine entsprechende Expertengruppe der Kommission berät die Kommission hinsichtlich weiterer Entwicklung der politischen Rahmenbedingungen und der Umsetzung vorrangiger Empfehlungen der Leitmarkt-Initiative, insbesondere mit Hinblick auf das Potenzial biobasierter Produkte in der öffentlichen Auftragsvergabe. In diesem Zusammenhang werden Standards für biobasierte Produktgruppen vorbereitet und auch ein Projekt namens COSME finanziert, das Nutzer-freundliche Anleitungen für die öffentliche Auftragsvergabe solcher  Produkte entwickelt.

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Was unternimmt die Kommission, um die Verbindung zwischen Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie zu stärken?

Das Kreislaufwirtschaftspaket war eine Übung zur Strategiefindung gegenüber Getreidespeichern und ebenso ein Versuch, den Zugang zu verändern, indem der Lebenszyklus sowie die Rolle der Wertschöpfungsketten in Betracht gezogen wurden. Das ist wahrscheinlich der beste Weg vorwärts – auch unter dem biowirtschaftlichen Aspekt. Wir haben auch eine Begutachtung der Bioökonomie-Strategie unternommen, um zu sehen, ob sie – im Lichte des Kreislaufwirtschaftspakets betrachtet – revidiert werden muss. Im Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft ist vorgesehen, dass die Kommission eine Anleitung für Musterlösungen zur Kaskadennutzung von Biomasse vorbereitet. Die Hauptaufgabe für EU, nationale, regionale und lokale Entscheidungsträger besteht darin, Marktverzerrungen zu vermeiden, die den wirtschaftlichen Einsatz von Biomasse behindern und den Zusammenhalt und Synergien mit der Kreislaufwirtschaft zu stärken.

Welche Maßnahmen gibt es, damit man in Europa an Musterlösungen hinsichtlich effizientem Ressourceneinsatz teilhaben kann?

Im Jahr 2011 verabschiedete die Kommission eine Roadmap für ein Ressourcen-effizientes Europa als eines der Flaggschiffe der EU-2020-Strategie. Und 2015 nahm die Kommission den EU- Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft an, darin unter anderem: eine revidierte Dünger-Richtlinie, um die Anerkennung von organischen und abfallbasierten Düngern im Binnenmarkt zu fördern und die Funktion von Bionährstoffen zu unterstützen; die Entwicklung von Güte-Standards für Sekundärrohstoffe, um das Vertrauen der Anwender in die Qualität dieser Materialien zu steigern; eine Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft, die Themen wie Rezyklierbarkeit, Bio-Abbaubarkeit, belastete Substanzen in Kunststoff und Ozean-Abfall anspricht; die Untersuchung der Verbindung zwischen Chemikalien, Produkten und Abfallgesetzgebung, um die Präsenz von wichtigen Chemikalien in Produkten zu reduzieren und ihre Nachverfolgung zu verbessern; eine Reihe von Maßnahmen zur Verringerung von Lebensmittelabfällen; ein überarbeiteter Legislativ-Vorschlag, der klare Ziele zur Verringerung von Abfällen setzt und einen ambitionierten und glaubwürdig langfristigen Weg für Abfallwirtschaft und Recycling bildet; die Vorbereitung einer Machbarkeitsstudie für Handels-/Koordinierungs-Plattformen, die Barrieren und Verzögerungen verringert und industrielle Symbiosen fördert.

Andere Maßnahmen der Kommission enthalten: die finanzielle Unterstützung für Kreislaufwirtschafts- und Bioökonomie-Projekte wie öffentlich-private Partnerschaften, Kooperations-Plattformen, Unterstützung freiwilliger Unternehmens-Ansätze, Austausch unter Interessentengremien für Musterlösungen etc. durch „Horizon 2020“; die Umsetzung der Europäischen Innovations-Partnerschaft für Rohstoffe, zu deren Zielen die effiziente Verwendung von Ressourcen wie Papiersammlung oder auch nachhaltige Holz-Mobilisierung etc. gehört; modellhafte „Innovations-Abkommen“ für mögliche behördliche Hindernisse von Innovatoren.

Auf was freuen Sie sich am meisten auf der EFIB 2016?

Ein wenig Rückmeldung darüber zu bekommen, was die Kommission in den letzten Jahren getan oder auch nicht getan hat. Oder von kostengünstigen Idee zu hören, um den ökonomischen Spielraum für die unterschiedlichen Biomasse-Anwendungen auszugleichen; um die öffentliche Akzeptanz innovativer Fertigungs-Projekte zu steigern; um Synergien zwischen verschiedenen Strategien in Forschung, Innovation, Kenntnissen und Entwicklung zu erhöhen; um neue Lösungen zu entwickeln, die auf CO2-Speicherung und -Verwendung beruhen; um neue bezahlbare biobasierte Lösungen zu produzieren.

Herr Cozigou, vielen Dank für das Interview!

Quelle: Smithers Rapra, www.smithersrapra.com

Foto: European Union, 2016 / EC – Audiovisual Service / Lieven Creemers

(EUR1016S8)