Glasrecycling: Scherbenreinigung mittels Sublimation

Für mehr Trennschärfe und -effizienz in optischen Sortieranlagen: Der Prozess der Sublimation besteht aus Fließbetttrocknung, Etikettenentfernung, Entstaubung und Kühlung.

Die Sublimation wird dem optischen Sortierprozess vorgeschaltet, nachdem große und sperrige Störstoffe manuell aussortiert und ganze Flaschen und große Scherben mit einem Walzenglasbrecher zerkleinert worden sind: Die zerkleinerten, nassen Scherben werden in einem Fließbetttrockner auf eine Restfeuchte von 0,5 bis ein Prozent getrocknet. Anschließend werden dem Aufgabegut anhaftende Etiketten und Verschmutzungen im Etikettenentferner abgerieben. Das Material gelangt danach in eine Abkühl- und Entstaubungsrinne. Restfeuchter Feinstaub wird hier zugleich abgesaugt.

Im ersten Schritt der Fließbetttrocknung strömt heiße, wasserdampfbeladene Luft (Konvektionstrocknung) von unten durch den Trocknerboden – zum Beispiel einen Kaskadenboden (für besonders verschmutztes Material) oder einen lasergeschnittenen Loch- oder Schlitzboden (für feines Material). Die Luft wird in der Trocknerhaube abgesaugt, gefiltert und gereinigt. Je nach Ausführung des Trocknerbodens lässt sich das Aufgabegut anpassen. Der Vibrationsantrieb steuert Weitertransport und Verweildauer und bietet den Vorteil, bei Anlagenstillstand den Trockner leer fahren zu können. Die Konvektionstrocknung kann Abwärme und Abgasluft aus anderen Prozessen als Wärmequellen nutzen. Bei stabilen Betriebsbedingungen erweitert die Fließbetttrocknung den sortierbaren Bereich des Aufgabegutes. Auch sehr kleine Kornfraktionen können sortiert werden. Mit einer Materialtemperatur von durchschnittlich 70° Celsius erweist sich der Prozess als energieeffizient und materialschonend. Das abrasive Glas wird „sanft“ von Luft durchströmt und durch den Trockner befördert.

Ohne Wasser und Lösungsmittel

Fließbetttrockner (Foto: Binder+Co)

Fließbetttrockner (Foto: Binder+Co)

Im zweiten Schritt der Etikettenentfernung gelangt das restfeuchte Material in einen Attritionswäscher, der nach dem Prinzip der Schwertwäsche funktioniert und aus einem leicht ansteigenden Trog mit sich drehender Welle besteht – spiralförmig angeordnete Einzelpaddel, die in das Materialbett eintauchen und das Scherbengut in Richtung Auslass­öffnung fördern. Mittels bestimmter Reibungskräfte und Bewegungen innerhalb des Materials können bis zu 80 Prozent der Anhaftungen und Verschmutzungen entfernt sowie Bruchkanten entschärft werden. Es werden ständig verschiedene Einzelscherben gepaart, die sich aneinander reiben: ein Poliereffekt. Im Ergebnis wird die Übersortierung beziehungsweise der Fehlaustrag der optischen Sortierer minimiert und die Qualität des Endprodukts erhöht. Das Entfernen der Anhaftungen erfolgt dabei ohne Wasser und Lösungsmittel.

Im dritten Schritt kommt das Scherbengut in eine vibrierende Kühl- und Entstaubungsrinne, die ähnlich aufgebaut ist wie ein  Fließbetttrockner. Der verbleibende Feinstaub aus dem Prozess der Attritionswäsche wird in der Haube der Rinne abgesaugt und die Luft anschließend gefiltert und gereinigt. Das Material kühlt ab, wodurch sich thermischer Verschleiß bei nachfolgenden Aggregaten, zum Beispiel Siebmatten, vermeiden lässt. Je nach  Restfeuchte und Temperatur kann die abgesaugte und gereinigte Luft wieder dem Prozess zugeführt werden. In einigen Anwendungen dient sie der Vorwärmung der Frischluft für den Brenner.

Auch Feinstkorn und Schlacken

Etikettenentferner (Foto: Binder+Co)

Etikettenentferner (Foto: Binder+Co)

Erfahrungswerte von Anlagenbetreibern belegen, dass sich durch Sublimation die Trennschärfe von optischen Sortierern und damit die Fertigscherbenqualität deutlich verbessern lässt. Auch verringert sich der Wartungs- und Reinigungsaufwand. Organische Befüllungsrückstände wie Zucker, Öle und Pflanzenfette werden mit dem Verfahren effektiv von den Scherben gelöst und über die Trocknerabluft entfrachtet, was sich positiv auf den Schmelzprozess auswirkt. Bis zu acht Prozent mehr Scherben können sortiert werden. Und die Sortierung und Aufbereitung von Altglas mit Korngrößen kleiner sechs Millimetern (Feinstkorn) – bisher wurde diese Fraktion deponiert oder anderen Industriezweigen zu minderen Preisen zur Verfügung gestellt – ist ebenfalls möglich. In der Slowakei ist eine thermische Hausmüllverbrennungsanlage in Betrieb, die das Sublimationsverfahren zur Aufbereitung von Schlacken mit hohem Glasanteil einsetzt. So wird die über den Vorschubrost der Verbrennungsöfen ausgeschiedene Schlacke mit Prozesswasser abgeschreckt, auf etwa 40° Celsius abgekühlt, mit einem Gurtförderer in einen Zwischenbunker transportiert und dann auf ein Mittelkorn mit einem Glasanteil von bis zu 50 Prozent gesiebt.

Kühl- und Entstaubungsrinne (Foto: Binder+Co)

Kühl- und Entstaubungsrinne (Foto: Binder+Co)

Ein in der Anlage installierter Fließbetttrockner reduziert den Feuchtigkeitsgehalt auf ein Prozent. In einem Attritionswäscher werden grobe Festkörper (Schlackeverklumpungen, Glasscherben und Metalle) gegeneinander gerieben und von Anhaftungen befreit. Das entstandene Feinkorn kleiner sieben Millimeter wird abgesiebt. Überbandmagneten und Wirbelstromabscheider separieren Metalle, und der klinkerartige Reststoff wird auf das optische Sortiergerät „Clarity“ des österreichischen Maschinen- und Anlagenherstellers Binder+Co mit Sitz in Gleisdorf aufgegeben. Bis zu drei Tonnen reines Glas können pro Stunde den Angaben nach rückgewonnen werden. Der Artikel basiert auf den Beitrag „Neue Methoden zu Effizienzsteigerung von optischen Sortiergeräten am Beispiel der Glassortierung“ von Jürgen Pramer und Reinhold Huber, erschienen in: Recycling und Rohstoffe, Band 7, hrsg. v. K. J. Thomé-Kozmiensky und D.  Goldmann, TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky 2014.

Foto: O. Kürth

(EUR1116S38)