„Unsachgemäße Kühlgeräteentsorgung gefährdet europäische Klimaschutzziele“
Die Umweltverbände DUH und ECOS bemängeln, dass die Entsorgungsstandards EN 50625-2-3 und TS 50625-3-4 noch längst nicht in allen EU-Mitgliedstaaten gesetzlich festgelegt worden sind.
Veraltete Entsorgungsstandards und unsachgemäße Praktiken beim Recycling alter Kühlgeräte gefährden die europaweit festgelegten Klimaschutzziele. Darauf weisen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die European Environmental Citizens Organisation for Standardisation (ECOS) hin. In Europa werden jedes Jahr rund 19 Millionen Kühlgeräte ausgemustert und entsorgt. Etwa die Hälfte dieser Geräte enthält nach Berechnungen noch immer klimaschädliche Kälte- und Treibmittel wie Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW) – ein Treibhauspotenzial von 26,6 Millionen Tonnen CO2.
Schlechte Entsorgungspraxis auch in Deutschland
Die beiden Organisationen fordern, die Kühlgeräte-Entsorgungsstandards EN 50574 und TS 50574-2, beziehungsweise die in 2017 erscheinenden Normen EN 50625-2-3 und TS 50625-3-4, in allen EU-Mitgliedstaaten gesetzlich festzulegen und deren Einhaltung zu überwachen. Bessere Standards seien vor allem in Deutschland, Großbritannien und Polen erforderlich. Wie es heißt, ist dort die Kühlgeräteentsorgung besonders schlecht. Ein Hintergrundpapier von DUH und ECOS zeigt Lösungen für die Problematik auf. DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: „Um das im vergangenen Jahr in Paris vereinbarte Klimaschutzziel zu erreichen, müssen die Treibhausgasemissionen faktisch auf null gesenkt werden. Die schlechte Entsorgungspraxis FCKW-haltiger Kühlgeräte in einigen EU-Staaten, darunter auch Deutschland, ist hauptverantwortlich für die Freisetzung von Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Durch veraltete Entsorgungsvorschriften und einen fehlenden Vollzug von Umweltvorschriften werden die gesamteuropäischen Klimaschutzbemühungen unterlaufen.“
Nur Frankreich, die Niederlande, Luxemburg, Irland, Österreich und die Schweiz haben die Entsorgungsstandards EN 50574 und TS 50574-2 bislang gesetzlich festgelegt oder über ihre nationalen Rücknahmesysteme verbindlich vorgegeben.
Entsorger zum Nachweis zwingen
Die in Kühlmittel und in Isolierung enthaltenen FCKW eines Kühlschranks besitzen ein Treibhauspotenzial von 2,8 Tonnen CO2. Das entspricht dem CO2-Ausstoß eines Mittelklasse-Fahrzeugs mit einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 Kilometern. Durch die Vorgabe kontrollierbarer Entsorgungsstandards beim Kühlgeräterecycling könnten ohne großen Aufwand und teure Förderprogramme große Mengen an CO2 eingespart werden.
„Häufig werden Entsorgungsstandards allein von der Industrie erarbeitet, was zur Vernachlässigung von Umweltaspekten führen kann. Nicht so bei den Kühlgerätestandards EN 50625-2-3 und TS 50625-3-4, bei denen sich neben Geräteherstellern, Entsorgern, Auditoren und Rücknahmesystemen auch ECOS und die DUH eingebracht haben. So ist es gelungen, umweltgerechte Standards zu entwickeln, die bei vollständiger Einhaltung die Emission von Treibhausgasen aus alten Kühlgeräten wirksam verhindern“, erklärt Marjolaine Blondeau, Policy Officer bei ECOS. Und Philipp Sommer, Referent für Kreislaufwirtschaft bei der DUH, ergänzt: „In Europa müssen die Entsorger von Kühlgeräten endlich zum Nachweis gezwungen werden, was an behandelten Geräten in die Anlagen reingeht und wie viel Kälte- und Treibmittel aus den Kühlschränken und Truhen tatsächlich rausgeholt wird. Nur in Kombination mit Mindestentnahmemengen können Behörden die Leistungsfähigkeit von Recyclinganlagen während des ganzen Jahres beurteilen. So lange Stoffstrombilanzen und Mindestentnahmemengen nicht gesetzlich verpflichtend sind, hat Europa weiterhin ein großes Problem bei der Erreichung seiner Klimaschutzziele.“
Hintergrund
Die Europäische Norm EN 50574 („Anforderungen an die Sammlung, Logistik und Behandlung von Altgeräten aus dem Haushalt, die flüchtige Fluorkohlenwasserstoffe oder flüchtige Kohlenwasserstoffe enthalten“) und die zugehörige Technische Spezifikation TS 50574-2 wurde vom Europäischen Komitee für elektrotechnische Normung (Cenelec) entwickelt, um die aufgrund unterschiedlicher nationaler Standards entstandenen Hemmnisse abzubauen. Die derzeit bei Cenelec in der Entwicklung befindliche Norm EN 50625-2-3 und die zugehörige Technische Spezifikation TS 50625-3-4 basieren auf dem EU-Mandat M/518 zur Unterstützung der Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronikaltgeräte und greifen die Normen EN 50574 und TS 50574-2 inhaltlich weitestgehend auf. Aus Sicht der Umweltverbände DUH und ECOS beschreiben diese europäischen Entsorgungsstandards den Stand der Technik für eine umweltgerechte Kühlgerätebehandlung.
Foto: O. Kürth
(EUR1216S4)