Schrottmarktbericht – Gestiegene Nachfrage
Ab Mitte November kam die bereits Ende Oktober spürbare Marktbelebung voll zum Tragen; ihr Ausmaß hatte jedoch niemand vorhergesehen. Die Werke erhöhten ihre Preise gegenüber dem Vormonat je nach Abschlusszeitpunkt, Werk und Sorte um 25 bis über 40 Euro pro Tonne. Wer im Berichtsmonat November zu früh seinen Schrott verkauft hatte, musste sich mit geringeren Preiserhöhungen zufrieden geben. Bei späteren Abschlüssen konnten die Verkäufer unter anderem von der verstärkten türkischen Schrottnachfrage in Europa ab dem Ende der 45. Kalenderwoche profitieren. Über die Auftragslage bis mindestens zum Ende dieses Jahres äußerten sich die Werke sowohl im Lang- als auch im Flachstahlbereich zufriedenstellend. Die Schrottnachfrage war entsprechend erfreulich und die Lieferanten konnten alle angebotenen Mengen verkaufen.
In vielen Teilen des Landes war der Schrotthandel trotz deutlicher Preiserhöhungen mit dem Altschrottzulauf nicht zufrieden. Die Altschrottpreise sind daher nochmals stärker angestiegen als die Neuschrottpreise, und die hohen Exportmengen werden das Problem weiter verschärfen.
Nachbarländer
In Italien erhöhten die Abnehmer angesichts des fester werdenden Marktes schrittweise die Preise von 25 bis letztendlich 40 Euro pro Tonne über alle Sorten. Die Schrottnachfrage in den benachbarten Ländern war gut. In Algerien hat die Regierung die Lizenzierungsfrage noch nicht gelöst, aber einige Werke konnten größere Stahlmengen nach Deutschland und Polen verkaufen. In Österreich sind die Preise für ausländische Lieferanten um 25 bis 30 Euro gestiegen. Bei normalem Bedarf konnten deutsche Händler je nach Ausgangspreisniveau im Vormonat in Frankreich bis knapp 40 Euro pro Tonne mehr bekommen. Das gleiche galt für Lieferungen nach Belgien. Der luxemburgische Verbraucher erhöhte seine Angebotspreise um 35 bis 40 Euro pro Tonne. Neuschrott und Späne lagen am unteren Ende der Preisspanne, während für Altschrott mehr bezahlt wurde. Bei Schrottlieferungen aus Polen oder Tschechien mussten die Verbraucher je nach Sorte 30 bis 40 Euro pro Tonne bezahlen. Die Nachfrage in der Schweiz war gut, und die Versorgung scheint bei einem Aufpreis gegenüber Oktober um 30 bis 33 Euro pro Tonne zufriedenstellend gewesen zu sein.
Gießereien
Bei Schrottverkäufen an Gießereien ohne Preisbindung lagen die vereinbarten Preise je nach Abschlusszeitpunkt und Sorte bei 5 bis 30 Euro pro Tonne. Der Handel geht für Dezember von einer Preisanpassung auf ein einheitliches Niveau aus. Die Auslastung ist bei vielen Herstellern außer denen, die für die Windkraftindustrie produzieren, niedrig und die wirtschaftliche Lage angespannt. Aufgrund der gestiegenen Schrottpreise verlangen die ausländischen Roheisenhersteller zum Teil deutlich höhere Preise als im Vormonat. Der schwache Euro verteuert das Importmaterial zusätzlich.
Hoher türkischer Schrottbedarf
Dem Sog der steigenden internationalen Rohstoffpreise, wie der für Kokskohle oder Erz, konnten sich die türkischen Verbraucher nicht entziehen. Angesichts des festen Schrottangebots im Tiefseemarkt bei normalem Bedarf haben türkische Schrottverbraucher ihre Einkaufspreise auf dem Kontinent in den vergangenen vier Wochen schrittweise um knapp 40 US-Dollar pro Tonne erhöht. Laut Presseveröffentlichungen haben türkische Verbraucher in dieser Zeit etwa 15 Tiefseeladungen auf dem Kontinent gekauft. Der Euro hat gegenüber dem US-Dollar 0,03 Cent an Wert verloren, was vorteilhaft für die europäischen Exporteure sein kann. Den türkischen Abnehmern ist es trotz der Preiserhöhungen gelungen, die Schrotteinkaufspreise im Vergleich zu ihren Stahlverkaufspreisen in einem für sie günstigen Verhältnis zu halten. Die Grafik (links) macht die Aufwärtsbewegung seit September deutlich. Niemand kann voraussagen, wie nachhaltig die türkische Nachfrage sein wird. Der deutliche Währungsverlust der türkischen Lira gegenüber dem US-Dollar begünstigt zwar die Exporte, belastet aber die Importe und damit insbesondere die Rohstoffimporte. Die wirtschaftliche Lage in der Türkei ist schwer einschätzbar. Die sehr große Abhängigkeit Europas vom Schrottimport der Türkei zeigt sich jedoch deutlich in der wachsenden Nervosität im Markt, sobald die türkischen Verbraucher dazu übergehen, den Markt nur noch zu beobachten, statt zu kaufen. Verunsichert sind die Marktteilnehmer wegen der Geschwindigkeit, mit der sich die Richtung und auch die Ausschläge der Preise im Markt ändern (siehe hierzu die Grafik links).
Die Entwicklung im Mai dieses Jahres ist vielen noch in schlechter Erinnerung, wobei ein Vergleich mit der aktuellen Lage hinkt, da die Schrottpreise der gestiegenen Nachfrage und den zum Teil immer noch steigenden internationalen Rohstoffpreisen gefolgt sind. Hier ist vor allem der Preissprung beim Kokskohlepreis zu erwähnen, der Anfang Januar 2016 bei rund 75 US-Dollar pro Tonne FOB Australien lag und Mitte November auf etwa 310 US-Dollar pro Tonne FOB Australien explodiert ist. Grund dafür war die Nachfrage in China. Dort hatten die Behörden wegen der enormen Umweltbelastung, die unter anderem durch die Kokskohleproduktion verursacht wird, die Produktionstage von 330 auf 276 pro Jahr begrenzt, sodass die integrierten Hüttenwerke in einem sehr hohen Maße auf Importe angewiesen waren, was sich in der Preissteigerung von über 400 Prozent widerspiegelt. Da die chinesische Regierung die Maßnahmen wieder gelockert hat, könnte es sein, dass der Preis erneut nachgibt. Allerdings haben die Hüttenwerke begonnen den Schrottanteil im Konverter zu erhöhen. Laut Händlerangaben haben auch die integrierten deutschen Werke mehr Schrott als üblich eingekauft.
Schlussbemerkungen
Die Unruhe im Markt beruhigte sich, nachdem türkische Käufer statt zu kaufen den Markt lediglich beobachteten. Für den kommenden Monat gehen die meisten befragten Marktteilnehmer von unveränderten Preisen aus. Diejenigen Verbraucher, die sich im November unterhalb des Gleichgewichts-Preisniveaus eingedeckt haben, müssen möglicherweise Anpassungen vornehmen. Sinkende Preise schließen die befragten Händler aus, da in einem solchen Fall die Lieferbereitschaft des Handels deutlich erlahmen würde. Im Dezember wird der Bedarf den Feiertagen entsprechend angepasst sein, was auf der anderen Seite für das Schrottangebot gleichermaßen gilt.
Redaktionsschluss 21.11.2016, BG-J/bvse
(Alle Angaben/Zahlen ohne Gewähr)
(EUR1216S32)