Wunsch nach besserer Regulierung

Eröffnen die aktuellen Rahmenbedingungen für die Abfallwirtschaft Chancen zu einer Wertstoffwende? Inwieweit ist die Branche auf dem Weg zu einer nachhaltigen Rohstoffwirtschaft?

Zu diesen Themen nahmen in einer Podiumsdiskussion auf der Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz unter Moderation von Daniel Goldmann (TU Clausthal) Ansgar Fendel (Remondis Assets & Services), Matthias Buchert (Öko-Institut), Alexander Janz (Bundesumweltministerium), Roland Pomberger (Montanuniversität Leoben) und Alexander Gosten (Berliner Stadtreinigungsbetriebe) Stellung.

Der erste Diskussionsblock drehte sich um Rentabilität und Marktfähigkeit der heutigen Abfallwirtschaft. Die Frage wurde aufgeworfen, ob angesichts steigender Mengen und gleichzeitig zunehmender Miniaturisierung die ökonomischen Anreize, die Volumenströme und die vorhandenen Technologien ausreichen, um alle Materialien recyceln zu können. Miniaturisierung, Verdünnung und Verschmutzung der Abfälle stehen im Widerspruch zu den Rohstoffmärkten, die von volatilen Preise beherrscht werden. Bezeichnenderweise arbeiten die weltweit profitabelsten Entsorgungsunternehmen in den USA nicht im Rohstoffbereich, sondern haben sich auf hochtechnisierte Deponien spezialisiert. In Österreich wurde zwar in den letzten 25 Jahren die Deponierung zunehmend durch Verbrennung ersetzt, deren Rentabilität in den letzten Jahren jedoch dazu führte, dass die Recyclingquote sank. Zwar stiegen in diesem Zeitraum die Abfallmengen, doch bewegen sich die Qualitäten heute auf dem Niveau von vor 20 Jahren.

Intransparenz von Entsorgungskosten

Allerdings muss zwischen technologischen Metallen und Massenströmen unterschieden werden. Während durch die WEEE-Gesetzgebung immerhin Fortschritte bei Technologiemengen erzielt wurden, trifft dies auf Elektro-Kleingeräte nicht zu; auch bei anderen Massenströmen wie beispielsweise dem Autorecycling wird sehr grobschlächtig sortiert. Darüber, dass die Entwicklung  weg von der Deponierung führen muss, waren sich die Podiumsteilnehmer einig. Wie jedoch eine Lenkung der Stoffströme erfolgen soll – über differenzierte Eingriffe, getrennte Sammelverbote, Förderung von guten oder Verteuerung von unerwünschten Verwertungsrouten –, blieb offen.

Übereinstimmung herrschte allerdings in der Frage der Intransparenz von Entsorgungskosten. Darunter haben zum einen die Verbraucher zu leiden, die nicht darüber informiert sind, in welcher Höhe die Kosten für Sammlung und Recycling von Siedlungsabfällen liegen. Aber der Meinung sind, sie seien zu teuer. Ein solches (Vor-)Urteil ist verständlich, wenn – wie für Österreich berichtet – die Preise für die Entsorgung halbiert, aber nicht auf die Bürger umgelegt wurden. Zum anderen bereiten Siedlungsabfälle der Abfallwirtschaft Probleme, deren Betreiber nicht wissen, wie die Massenströme zusammengesetzt sind. Daher werden dringend deutlich bessere Kenntnisse über deren Inhaltsstoffe benötigt. So könnten beispielsweise eine Ablese per Strichcode und eine Mindestanzahl von Leerungen zu einer differenzierten Abrechnung für den Kunden führen. Wobei es unabdingbar ist zu kontrollieren, welches Material in welche Tonne fließt.

Mit einfachen Maßnahmen vorankommen

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Die abschließende Statement-Runde der Diskussionsteilnehmer eröffnete Ansgar Fendel mit dem Wunsch nach einer besseren Regulierung, bei der bestimmte Bereiche der Privatwirtschaft überlassen bleiben sollten. Matthias Buchert sprach sich für stimmige gesetzliche Rahmenbedingungen, funktionierende behördliche Überwachung der Massenmaterialien und verfeinerte Direktiven für Technologiemetalle aus. Alexander Janz hofft, dass mittelfristig die Gewerbeabfallverordnung zur Stärkung der Materialien und insbesondere Kunststoffen beiträgt, das Verpackungsgesetz zu einer sicheren und anspruchsvolleren Verwertung von Verpackungen führt und langfristig das Kreislaufwirtschaftspaket der EU mit einfachen Maßnahmen – beispielsweise durch ein Deponieverbot für hochkalorische Abfälle – einen großen Schritt vorankommt.

Für Roland Pomberger steht die gezielte und finanziell gelenkte Förderung von Recycling und Recyclingmaterialien ebenso auf der Wunschliste wie die Umsetzung des jetzigen Circular Economy-Pakets als Branchenmotor. Aus Sicht von Alexander Gosten werde der Einsatz von Recyclingmaterialien angesichts immer stärkerer Hürden und Diskriminierungen durch Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt erschwert: Falls es der Bund ernst meine mit höheren Recyclingquoten, die seit Jahren aus Marktgründen nicht realisiert werden, müsse er ganz andere Rahmenbedingungen schaffen.

Foto: Dr. Jürgen Kroll

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