„Die Rechtsunsicherheit muss ein Ende haben“

Auf dem 4. Mineraliktag und Baustoff Recycling Forum in Würzburg standen zwei große Themen im Mittelpunkt: der Referentenentwurf der Mantel­verordnung und die Akzeptanz von Recyclingbaustoffen.

In seiner Eröffnungsrede machte bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock deutlich, dass eine Mantelverordnung zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung, zur Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung aus Sicht der Branche dringend erforderlich ist. „Wir brauchen ein einheitliches und abgestimmtes Regelwerk für ganz Deutschland. Der bisherige Flickenteppich unterschiedlichster Länderregelungen und die auch dadurch bedingte Rechtsunsicherheit muss jetzt bald ein Ende finden“, erklärte Rehbock.

Und die Akzeptanz von Recyclingbaustoffen müsse verbessert werden: Matthias Moosleitner, Präsident des Baustoffrecycling Bayern e.V., appellierte an die öffentliche Hand, die Hindernisse für die Akzeptanz von Recyclingbaustoffen aus dem Weg zu räumen. Einer der Gründe für die Zurückhaltung, Recyclingbaustoffe vermehrt einzusetzen, sei aus seiner Sicht auch in der „scheinbaren Rechtsunverbindlichkeit der bisher geltenden Regelwerke“ zu suchen. Zwar ist diese Akzeptanz, so Michael von Malottky vom bvse-Fachverband Mineralik, im Norden Deutschlands aufgrund der geologischen Verhältnisse durchaus zufriedenstellend: „Der Norden hat Sand, aber keine Steine.“ Doch ansonsten sei noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Zwei Seiten ein und derselben Medaille

Michael Heugel vom Bundesumweltministerium informierte über den Stand des Verfahrens zur Mantelverordnung und stellte eine Verabschiedung des Regelwerks noch in diesem Jahr in Aussicht. Aufgrund der Ergebnisse des Planspiels und intensiver Beratungen sei hinsichtlich der Erforderlichkeit von Untersuchungen, der Vorerkundung, Probennahme und -analyse sowie der Klassifizierung von Bodenmaterial eine Vereinheitlichung der Regelungen zwischen Ersatzbaustoffverordnung und Bundesbodenschutzverordnung erreicht worden. Der Mineraliktag gelangte dabei zu der Erkenntnis, dass der Erfolg der Mantelverordnung und eine deutliche Steigerung des Einsatzes von Recyclingbaustoffen zwei Seiten ein und derselben Medaille sind.

Fasste die Branchen-Forderungen prägnant zusammen: bvse-Geschäftsführer Stefan Schmidmeyer (rechts im Bild) – Foto: bvse

Dr. rer. nat. Axel Kopp vom Bundesumweltministerium erläuterte im Zusammenhang mit der Ersatzbaustoffverordnung, dass ein tragfähiger Ausgleich zwischen den Zielen des vorsorgenden Boden- und Grundwasserschutzes sowie der Ressourcenschonung durch Kreislaufwirtschaft beim Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technische Bauwerke gefunden werden müsse. Der vorliegende Entwurf werde dieser Zielsetzung durch die Anwendung eines wissenschaftlichen Fachkonzepts gerecht, welches zulässige Schadstoffkonzentrationen für eine wässrige Lösung des mineralischen Ersatzbaustoffs festlegt (Materialwerte), die gewährleisten, dass die Geringfügigkeitsschwellenwerte nach Durchsickerung im Grundwasser eingehalten werden. Bei Erfüllung der Verordnung könne dann auf Genehmigungen und behördliche Prüfungen nach dem Wasserrecht weitgehend verzichtet werden.

Deutschland braucht größere Deponiekapazitäten

Mit den neuen Regelungen der Mantelverordnung werden mehr Mineralikabfälle als bisher auf Deponien beseitigt werden müssen. Daran ließ die Veranstaltung keinen Zweifel. Wie Michael Heugel einräumte, werden nach dem neuen Regelwerk jährlich circa 13 Millionen Tonnen Material zusätzlich auf den Deponien landen. Und Harmut Haeming von der Interessengemeinschaft Deutscher Deponiebetreiber rechnete vor, dass bis spätestens im Jahr 2026 in ganz Deutschland erhebliche Probleme hinsichtlich der Deponierung mineralischer Abfälle zu erwarten sind. Auch wenn die vorliegende Datenlage in den Bundesländern unklar, zumindest aber nicht eindeutig ist, bestünde in den meisten Bundesländern zumindest regionaler Deponiebedarf. Haeming: „Wenn zeitnah keine neuen Deponien hinzukommen, nähern sich einige Bundesländer sehr schnell dem Entsorgungsnotstand.“ Nach seiner Ansicht seien die Landesregierungen der betroffenen Bundesländer deshalb aufgefordert, potenzielle Vorhabenträger massiv, insbesondere bei der Planrechtfertigung für neue Deponiekapazitäten, zu unterstützen. Zunächst sollten jedoch vorhandene Deponiestandorte technisch vollständig genutzt werden, weil dort der Eingriff in Natur und Landschaft bereits erfolgt ist und so vergleichsweise schnell neuer Deponieraum generiert werden kann.

Aus Sicht des Vorsitzenden des bvse-Fachverbandes Mineralik – Recycling und Verwertung, Jürgen Weber, sei es zusätzlich notwendig, dass gering belastetes Bodenaushubmaterial in Gruben, Brüchen und Tagebauen auch zukünftig verfüllt werden kann. Ansonsten seien massive Entsorgungsengpässe in diesem Bereich unvermeidbar. bvse-Geschäftsführer Stefan Schmidmeyer fasste die Branchen-Forderungen prägnant zusammen: Es müssen künftig erheblich mehr Recyclingbaustoffe, insbesondere von der öffentlichen Hand, eingesetzt werden. Das betreffe sowohl den Tiefbau wie auch den Hochbau. Dabei müssten alle RC-Qualitätsstufen, abhängig vom Einsatzzweck, berücksichtigt werden. Gleichzeitig dürfen die Bundesländer nicht die Augen vor den Realitäten verschließen. Deutschland benötigt so schnell wie möglich deutlich größere Deponiekapazitäten für mineralische Abfälle, die nicht verwertet werden dürfen. Außerdem müssten die Bundesländer die in der Bundesbodenschutzverordnung vorgesehenen Öffnungsklauseln konsequent ausschöpfen, um die Verfüllung von gering belastetem Bodenaushubmaterial zu ermöglichen.

Foto: O. Kürth

(EUR0417S14)

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