ForCycle: 10 Forschungsprojekte = 1 Projektverbund zur Rohstoffwende

Mit der Finanzierung des Projektverbunds ForCycle hat die Bayerische Staats­regierung die Erforschung und Entwicklung innovativer Recyclingverfahren und -technologien gefördert.

Der dreijährige Verbund zielte ab auf die Themen Steigerung der Ressourceneffizienz sowie Substitution seltener und teurer Rohstoffe und Recycling. Das Hauptinteresse der zehn Projekte galt dabei den Stoffgruppen der Metalle, Komposite, Baustoffe und Biogenen Polymere. Der wechselseitige Austausch von Informationen gehörte im Forschungsverbund zur Programmatik.

Buntmetalle aus Industrieabwässern rückgewonnen

In Deutschland fallen in der metallverarbeitenden Industrie große Mengen an bunt- beziehungsweise schwermetallhaltigen Schlämmen an. Durch Dissipation gehen jährlich schätzungsweise 4.000 Tonnen Buntmetalle verloren. Bestehende Methoden zur Reinigung wässriger Lösungen mit geringen Buntmetallkonzentrationen sind nur bedingt geeignet; die Buntmetallrückgewinnung aus Schlämmen beziehungsweise aus hochkonzentrierten Lösungen ist energieintensiv, kostspielig beziehungsweise aufwändig in der Umsetzung. Diese Schlämme entstehen etwa zu 69 Prozent bei Zink-, 16 Prozent bei Kupfer-, zehn Prozent bei Nickel- und fünf Prozent bei der Bleiverarbeitung. Im Rahmen des Projektes „Rückgewinnung von Buntmetallen aus Industrieabwässern“ wurde ein neues Verfahren – der sogenannte Niedertemperatur-Delafossit-Prozess – entwickelt. Ein Behandlungskonzept namens Spezifische Produkt Orientierte Präzipitation (kurz: SPOP-Cycle) ermöglichte die Rückgewinnung von Metallen als Metall-Oxide oder metallische Phasen. Unter optimalen Bedingungen wurden dadurch laut Abschlussbericht Rückgewinnungsquoten von größer/gleich 99,99 Prozent für unter anderem Kupfer, Nickel, Silber, Zink, Gold und Mangan erzielt; zusätzlich konnten Blei und Chrom ausgefällt werden. Ebenso konnte die Herstellung von Delafossit wie CuFeO2, CuMnO2 oder AgFeO2 vorgenommen und nachgewiesen werden. Eine wirtschaftlich umsetzbare und effektive Rückführung der Buntmetalle als Sekundärrohstoff erscheint praktikabel.
Carbonfaserstrukturen aus Faser-Matrix separiert

Die Ergebnisse des Projektverbundes wurden im Rahmen des Abschluss­sym­posiums vor über 170 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft präsentiert und diskutiert. Die Projektleiter überreichten Staatsministerin Ulrike Scharf ihre Abschlussberichte (Foto: R. Lederer, StMUV)

Carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) besitzen ein exzellentes spezifisches Gewicht, erlauben aber keinen ressourceneffizienten Einsatz: Hohe Materialkosten und hoher Energiebedarf erschweren ihre Herstellung. Zudem wurde ihr Recycling bislang als problematisch eingestuft, da sowohl Mahlen und Zerkleinern wie oxidative Verfahren per Wirbelschicht-Oxidation und Pyrolyse weitgehend kurzfaserige Stoffe erzeugen. Daher untersuchte das Projekt „Ressourceneffiziente Faser-Matrix-Separation für das Recycling von Carbonfaserstrukturen“ die Möglichkeiten der Solvolyse mittels superkritischer Fluide als chemischem Verfahren und der elektrodynamischen Fragmentierung durch thermische Induktion im Vergleich zur Pyrolyse.

Wie die Untersuchungen ergaben, ermöglicht die Faser-Matrix-Separation mittels Solvolyse die Gewinnung von rezyklierten Carbonfasern mit annähernd matrixfreien und nicht degradierten Oberflächen, die keine weitere Reinigung zwingend erforderlich macht. Auch die induktive Separation lässt die Trennung einer CFK-Platte in einzelne Gewebelagen zu. Beide Verfahren bieten ökonomische, ökologische und qualitative Vorteile und können einen wichtigen Beitrag zur Schließung des Stoffkreislaufes der Carbonfaser leisten. Allerdings wird, um die Umweltwirkungen der einzelnen Verfahren zur Rückgewinnung von rezyklierten Carbonfasern zu beurteilen, eine Ökobilanz-Analyse der einzelnen Techniken für sinnvoll erachtet. Ein Hochskalieren der Ergebnisse auf Industrieanlagen wird für denkbar gehalten.

Extraktion von Metallen

Bei Extraktionsverfahren und hydrometallurgischen Prozessen zur Rückgewinnung von Metallen werden üblicherweise Cyanide oder Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) eingesetzt, die oft selbst recycelt werden müssen. Bestimmte ionische Flüssigkeiten, also Salze mit einem Schmelzpunkt unter 100 Grad Celsius, und niedrig- schmelzende Naturstoff-Gemische haben demgegenüber Vorteile: Sie sind nicht toxisch, meist sehr preiswert und vollständig biologisch abbaubar.

Im Rahmen des Projekts „Niedrig schmelzende Zucker-Harnstoff-Gemische zur Extraktion von Metallen und anderen Wertstoffen“ fand die Entwicklung von Extraktionsverfahren statt, mit deren Hilfe Metallsalze, Metalloxide und Wertstoffe wie Phosphate gewonnen werden können. Die Materialien lassen dann sich durch Zugabe von Wasser, Verbrennung oder Pyrolyse einfach isolieren. Untersucht wurde die Anwendbarkeit dieser Zucker-Harnstoff-Gemische auf die Phosphat-Extraktion aus Klärschlammasche, auf die Trennung von leichten Seltene-Erden-Elementen und bei anderen ForCycle-Projekten wie der  Rückgewinnung von Buntmetallen aus Industrieabwässern, von Neodym aus Mikroalgen oder von Palladium aus Katalysatoren sowie der Selektion von Tantal- und Niob-Verbindungen aus Erzen. Allerdings können die so gewonnenen Sekundärmaterialien preislich momentan noch nicht mit Primärrohstoffen konkurrieren.
Hybridpolymere Cellulose und Chitin zu Komposit

Die beiden Biopolymere Cellulose aus Baum- und Heckenschnitten und Chitin aus Schalen von Meerestieren sind in großen Mengen verfügbar und eignen sich hervorragend als Kompositmaterialien für Textilfasern oder Verpackungen. Als Lösungsmittel für die beiden Polysaccharide bietet sich die Ionische Flüssigkeit 1-Butyl-3-methylimidazoliumacetat (BmimOAc) an.

Um die Toxizität von BmimOAc so gering wie möglich zu halten, suchte und entwickelte das Projekt „Neuartige biogene Hybridpolymere aus Cellulose und Chitin“ ein biogenes und leicht bioabbaubares Lösungsmittel zur Mischung. Als zusätzlicher Effekt der Lösungsmittelmischung trat eine Absenkung der Viskosität auf, was die Auflösung der Stoffe erleichterte beziehungsweise die Lösungstemperatur heruntersetzte. Cellulose, Chitin, BmimOAc und das zweite Lösungsmittel  wurden in verschiedenen Mischungen untersucht. Der Abschlussbericht beschreibt die Verbundproben als relativ transparent und homogen aussehend. Nach Abschluss der Versuche ließen sich die Lösungsmittel erfolgreich voneinander trennen und wiederaufbereiten. Vor einer möglichen industriellen Anwendung der Ergebnisse muss der Prozess der Faserreproduktion allerdings in einer Pilotanlage optimiert werden.

Metall-Kunststoff-Verbunde rückgewonnen

Metall-Kunststoff-Verbunde entstehen beispielsweise durch Galvanisierung komplex geformter Kunststoffe und durch Kunststoff-Ummantelung metallischer Komponenten. Dadurch sollen die  Werkstoffeigenschaften beider Materialkomponenten optimal ausgenutzt werden. Bisheriges Recycling beschränkte sich auf die Rückgewinnung einer Komponente, was zum Verlust des anderen Materials und zur Wertminderung führte. Das Projekt „Recycling von Metall-Kunststoff-Verbunden und Hybridwerkstoffen“ entwickelte mit dem CreaSolv-Verfahren einen schonenden, lösemittelbasierten Prozess. Mit seiner Hilfe konnten  oberflächlich metallisierte Kunststoffe, kunststoff-umspritzte Metallteile und gefügte Verbundprodukte so getrennt werden, dass sowohl hochwertige Kunststoff- wie auch Metall-Rezyklate entstanden. Die praktische Anwendung des Verfahrens auf Hybridbauteilen und galvanisierte Kunststoffabfälle zeigte eine – auch ökonomisch sinnvolle – Rückgewinnung von Metallen wie auch Polymeren. Für hochkomplexe gefügte Materialien wie Automobil-Frontscheinwerfer werden wirtschaftliche erfolgreiche Ausbeuten aber erst nach optimierten Sortier- und Aufschlussverfahren erwartet.

Kompositbauteile mit Duroplast recycelt

Allein im Jahr 2012 wurden in Deutschland 182.000 Tonnen glasfaserverstärkter Bauteile produziert – mit steigender Tendenz. Denn Kompositbauteile mit duroplastischen Kunststoffen bieten als Füll- oder Verstärkungsstoffe Vorteile; das Recycling dieser Verbundmaterialien ist aber noch ungelöst. Gesucht wurde eine Methode, um großformatige Faserverbund-Bauteile wie Rotorblätter von Windkraftanlagen oder andere faserverstärkte Kunststoffe (GFK-Plattenmaterial) zu demontieren und deren zweiphasige Materialverbunde – Polymermatrix und disperse Faser oder Partikel – als Sekundärrohstoff aufzubereiten.

Die Untersuchung eines „Recycling von Kompositbauteilen aus Kunststoffen als Matrixmaterial“ ließ bei der Demontage Vorteile, aber auch Optimierungspotenzial der energetischen Trennung gegenüber der Seilsägetechnologie erkennen. Bei der materiellen Aufbereitung stellte sich die Notwendigkeit unterschiedlicher Lösungsmittel für Rotorblätter und für Plattenmaterial heraus. Hinsichtlich der stofflichen Rückgewinnung wurde die Möglichkeit der Balsaholz-Abtrennung erkannt; jedoch lag der Schwerpunkt auf der verflüssigten Kunststofffraktion, für die eine hundertprozentige Verwertung praktikabel ist.

Sekundärrohstoffe aus Bau- und Keramikschutt entwickelt

Vom Bauschutt, der sich hauptsächlich aus Ziegel, Beton und Mörtel zusammensetzt, werden gegenwärtig zwar 65 Prozent recycelt, doch nur knapp fünf Prozent davon gelangen in den Hochbau. Im Projekt „Produktgestaltung mit Sekundärrohstoffen in der Baustoff- und Keramikindustrie“ wurden jetzt Aufbereitungsverfahren für Bau- und Keramikschutt entwickelt, um hochwertige Sekundärrohstoffe zu erzielen. Dies wurde erreicht durch das Herstellen von Agglomeraten mit poröser Struktur für Hochbauanwendungen. Durch einen mehrstufigen Prozess, darunter zwei mögliche Härtungsverfahren, konnten Agglomerate aus Keramik und Ziegelmaterial mit guten thermischen und mechanischen Eigenschaften geschaffen werden. Ihre Vor- und Nachteile differieren je nach Zusammensetzung des Abfallstroms. Zusätzlich wurde eine praktische Vorgehensweise gefunden, um den Sulfatgehalt von Baustoffen zu bestimmen und diese Substanz aus dem Prozess auszuschleusen. Die Verwendung von gießfähigem Schlicker aus Keramik- und Ziegelbruch scheiterte bei der anschließenden Formgebung.

Bleikonzentration von End of Life-Gläsern gesenkt

Gebrauchs- und Spezialgläser machen rund 30 Prozent aller in der EU produzierten Glasartikel aus. Sie enthalten jedoch zahlreiche Schwermetalle und Metall-Oxide, sind daher nicht in der  Behälterglasindustrie einsetzbar und werden als End of Life-Gläser bisher nicht rückgewonnen. Das Projekt „Auf-Reinigung von Gebrauchs- und Spezial-Gläsern zur Dissipationslimitierung und Rückgewinnung von Wertmetallen“ untersuchte daher spezielle Reinigungsverfahren, um die ansonsten sehr reinen Gläser wieder in den Stoffkreislauf zurückführen zu können. Dabei lag der Schwerpunkt der Untersuchung auf der Reduzierung der Bleikonzentration beim Einschmelzen der EoL-Gläser. Als Reinigungsverfahren dienten die Extraktion mit Si-50%Sn-Legierungen und die selektive Verdampfung von Bleichlorid durch Zusatz von Kalziumchlorid. Durch Kombination beider Verfahren konnten selbst Altglasscherben mit hohem Bleigehalt so gesäubert werden, dass das Material REACH-Konformität erreichte und innerhalb der zulässigen gesetzlichen Grenzwerte lag.

Seltene Erden aus Mikroalgen gewonnen

Mikroalgen binden Schwermetalle und scheiden sie in metallischer Form ab. Das gilt auch für Metalle der Seltenen Erden, die von Algen in so geringen Konzentrationen adsorbiert werden, dass diese für klassische Gewinnungsmethoden uninteressant sind. Ziel dieses Projekts „Innovative Verfahren zur Gewinnung Seltener Erden und anderer Wertmetalle aus hochverdünnten Lösungen durch Mikroalgen-basierte Bioadsorption“ war und ist es deshalb, Algenspezies zu identifizieren, die Seltene Erden aus hochverdünnten Lösungen binden und  anreichern, und deren Sorptionsverhalten zu untersuchen. Die bisherigen Forschungen zeigen, dass Sorption der Metalle sehr gut auch bei geringen Konzentrationen und unabhängig von vielen Störstoffen erfolgt. Auch konnte eine Desorption nach vollständiger Beladung der Mikroorganismen mit Neodym durch Einsatz von EDTA und Citrat erzielt werden. Dies ermöglicht nicht nur die Regeneration der adsorbierenden Mikroalgen, sondern auch eine Aufkonzentrierung der zuvor hochverdünnten Lösungen. Das Projekt hat noch ein Jahr Laufzeit.

Weitere Informationen über den Projektverbund sind unter www.forcycle.de erhältlich.

Foto: R. Lederer, StMUV

(EUR0417S42)

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