Slowenien: Im Abfallsektor gibt es viel zu tun

Noch vor wenigen Jahren stellte das LIFE-Programm der slowenischen Abfallwirtschaft ein Armutszeugnis aus. Die EU-Kommission kommt heute zu einem anderen Ergebnis und bescheinigt Slowenien insgesamt gute Fortschritte in der Abfallwirtschaft. Die Gesetzgebung kann allerdings noch verbessert werden.

Mit Rückgriff auf Daten bis 2007 war im Nationalen Bericht 2011 die Rede von schätzungsweise 50.000 bis 60.000 illegalen Deponien. Bau- und organische Stoffe verzeichneten einen Anteil von 85 Prozent an deponierten Materialien, und rund ein Viertel der Deponien soll mit gefährlichen Abfällen verfüllt gewesen sein. Das Recycling getrennt gesammelter Materialien wurde als problematisch angesehen, Unternehmen deponierten ihre Abfälle zusammen mit Siedlungsabfällen, und für etliche Industriebranchen blieb einzig der Export als Lösung, um Gefahrstoffe wie Farben, Lacke und Lösungsmittel zu entsorgen.

Die Zahlen, die die slowenische Statistik-Behörde für das Jahr 2015 veröffentlichte, lasen sich anders. Wie offiziell gemeldet, wurden 2015 von knapp 6,9 Millionen Tonnen an wiederverwerteten Abfällen rund 42 Prozent recycelt, 0,3 Prozent als Kraftstoff verbrannt und 0,01 Prozent kompostiert. An kommunalen Abfällen wurden 638.000 Tonnen und damit bereits 69 Prozent getrennt gesammelt. Der Anteil der getrennt gesammelten Bioabfälle war seit 2010 von sieben auf über 16 Prozent gestiegen. Doch weiterhin landeten „entsorgte Abfälle“ – insgesamt 591.000 Tonnen – zu 46 Prozent auf Deponien und vier Prozent in der Verbrennung. Durchschnittlich 22 Prozent der Siedlungsabfälle wurden deponiert – mit regionalen Schwankungsbreiten zwischen 10 und 40 Prozent.

Recyclingraten gestiegen

Gleichzeitig stiegen aber auch die Recyclingquoten. Von den über 200.000 Tonnen an Verpackungsabfällen im Jahr 2013 wurden über 138.000 Tonnen recycelt, was einer Quote von 69 Prozent entsprach. Für Papier und Karton betrug die Rate 79 Prozent, bei Kunststoffen 82 Prozent und bei Glas 86 Prozent. Hinzu kamen etwa 104.000 Tonnen Verpackungsabfälle, die in den Export gingen. Von den 28.500 Tonnen in Slowenien auf den Markt gebrachter Elektro(nik)geräte – fast ausschließlich aus Haushalten – wurden 8.500 Tonnen gesammelt und etwa die Hälfte recycelt. Altreifen werden nur selten wiederverwendet oder runderneuert; durchschnittlich 47 Prozent gelangen ins Recycling und 51 Prozent in die Verbrennung. Knapp 5.000 Tonnen an ausrangierten Bleisäure-Batterien und Akkumulatoren aus Industriebetrieben und Fahrzeugen wurden recycelt. Angaben der Statistik-Behörde zufolge sollen auch die meisten der jährlich 7.000 ausrangierten Fahrzeuge die vorgeschriebenen Zielwerte von 85 Prozent für Wiederverwendung und Recycling und 95 Prozent für Wiederverwendung und Wiederverwertung erreichen.

Rund 192.000 Tonnen an Abfällen exportierte Slowenien im Jahr 2013, hauptsächlich nach Österreich, Ungarn, Deutschland und Polen. Die überwiegende Mehrheit dieser Exporte war als „anderer Abfall“ mit Mischabfällen klassifiziert. Ein großer Teil der außer Landes gebrachten Restmenge bestand aus Sonderabfällen, für die im eigenen Land keine Behandlungskapazitäten vorhanden waren. Im Jahr 2013 führte das Land aber auch 34.000 Tonnen an Abfällen aus Nachbarstaaten ein: gebrauchte Bleisäure-Batterien zur Aufbereitung, brennbaren Abfälle und Schlämme aus der Chemieindustrie.


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Recycling-Infrastruktur im Aufbau

Inzwischen hat sich eine Entsorgungs- und Recycling-Struktur entwickelt. Als 2012 im Zuge der slowenischen Rechtsprechung einheimische Abfallproduzenten mehr als zehn Tonnen unbelastetes Material oder über fünf Kilogramm Sonderabfälle melden mussten, war die Resonanz eindeutig: Die 59 Dienstleister für kommunale Sammlungen und die 67 Deponiebetreiber lieferten fast zu 100 Prozent ihre Daten ab, während die industriellen Abfallproduzenten (für 7.443 Einrichtungen), Abfallsammler (für 320 Einrichtungen) und Abfallbehandler (für 215 Einrichtungen) zu 90 Prozent antworteten. Einem Factsheet der EU-Kommission zufolge bestand die Recycling-Infrastruktur 2014/2015 in Slowenien aus acht mechanisch-biologischen Behandlungsanlagen mit einer Kapazität von 352.600 Tonnen pro Jahr, Sortiereinrichtungen für 77.920 Tonnen pro Jahr, 19 Anlagen zu Kompostierung organischer Abfälle mit 145.670 Tonnen pro Jahr und elf Biogasanlagen mit 464.650 Tonnen pro Jahr. Zeitgleich meldete die staatliche Statistik-Behörde 16 Verbrennungsanlagen zur Energiegewinnung, drei solcher Anlagen zur Abfallbeseitigung, 354 Anlagen zur Wiederverwertung ohne Vorbehandlung sowie 189 Einrichtungen, um Material zur Geländeverfüllung herzustellen.

Weitere Verbesserungen notwendig

Offiziellen Angaben zufolge soll sich die Zahl der Deponien zwischen 2010 und 2014 von 47 auf 18 Deponien reduziert haben, während der Deponieanteil an der Entsorgung von 18 auf sechs Prozent sank. Hinzu kommt, dass laut einer OECD-Studie Slowenien die Deponiegebühr, um die Nachsorgekosten zu decken, deutlich angehoben und man sich auch über die Umweltbelastung der Deponien Gedanken gemacht habe. Ebenso sei die Wiederverwertung der Siedlungsabfälle gestiegen, was vor allem auf die Getrenntsammlung der einzelnen Materialströme  wie Verpackungsabfällen, Organik, Batterien, Elektron(nik)schrott, Altfahrzeugen und Reifen zurückzuführen ist.

Allerdings – betonte die OECD – seien weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Getrenntsammlung notwendig, um die nationalen Wiederverwertungsziele zu erfüllen. Die Fortschritte zur Sanierung der Deponien würden nur langsam vorankommen – wegen hoher Kosten und der technischen Komplexität der Dekontaminierungen. Außerdem fehle die Preisabstimmung  zwischen den Regionen und Kommunen; es existiere keine geeignete Gebührenmethode und keine unabhängige Regulierungsstelle. Dass den Kommunen die Gebührenfestlegung überlassen wurde, habe zu einem erheblichen Preisanstieg geführt, der weder Anreize zur Kostensenkung gebe noch zur Effizienzsteigerung führe. Zudem sei es problematisch, alle der 211 Kommunen mit der Verantwortlichkeit für Abfallsammlung und Abtransport zu einer geeigneten Anlage zu betrauen: Über 100 der Gemeinden hätten weniger als 5.000 Einwohner und 25 weniger als 2.000 Einwohner. Sie seien wohl kaum in der Lage, sich mit Abfallwirtschaftsproblemen zu befassen.

Auf dem richtigen Weg

Ein im Februar 2017 veröffentlichter Report der EU-Kommission bescheinigt Slowenien insgesamt gute Fortschritte in der Abfallwirtschaft während der letzten Jahre. Die Recyclingquoten für Siedlungsabfälle seien von 2007 bis 2014 um das Doppelte gestiegen und würden mit 61 Prozent zu den höchsten in Europa zählen. (Allerdings gebe es eine enorme Differenz zwischen den produzierten und den behandelten Abfallmengen; die Quote müsste dementsprechend auf 36 Prozent korrigiert werden.) Insgesamt sei das Land auf dem richtigen Weg, das 50-Prozent-Recyclingziel bis 2020 zu erreichen.

Die Gesetzgebung kann noch verbessert werden. Der Abfallwirtschaftsplan, der 2013 für Kommunalabfälle verabschiedet wurde, reguliert keine anderen Abfallströme. Ein Abfallvermeidungsprogramm, das die Europäische Abfallrahmenrichtlinie bis 2014 vorschrieb, wurde erst Mitte 2016 auf den Weg gebracht. Mittlerweile existiert auch eine nationale Gesetzgebung zur separaten Bioabfallsammlung. Auf Betreiben etlicher reger NGOs haben einige Städte und Gemeinden – darunter auch die Hauptstadt Ljubljana – ernst zu nehmende Zero-Waste-Strategien entwickelt. Eine Studie im Auftrag der EU-Kommission kürte Ljubljana sogar zur leistungsfähigsten Hauptstadt Europas. Das dortige Regionale Abfallwirtschaftszentrum in Ljubljana zählt zu den modernsten europäischen Recyclinganlagen und zu den teuersten, was die Finanzierung durch den Kohäsions-Fond und die Behandlungskapazitäten anlangt. Es bezieht 37 Kommunen ein und dient als gutes Praxisbeispiel für interkommunale Kooperation. BDE-Präsident Peter Kurth führt den Wandel letztlich auf den „politischen Willen, den Übergang zu organisieren“, zurück.

Neue Arbeitsplätze und gesteigerte Umsätze möglich

Die komplette Umsetzung der bestehenden Richtlinien könnte – nach Ansicht der Europäischen Union – in Slowenien über 2.100 neue Arbeitsplätze schaffen und den jährlichen Umsatz um über 220 Millionen Euro im Abfallsektor steigern. Fortschritte im Sinne der Roadmap für Ressourceneffizienz würden zusätzliche 2.600 Arbeitskräfte erfordern und den Jahresumsatz um 270 Millionen Euro erhöhen.

Die EU-Kommission schlägt daher drei Aktionen vor:

1.  den Einsatz ökonomischer Instrumente, um die Kosten der Restabfall-Behandlung zu steigern: die Erhöhung der jetzigen Deponiegebühren oder eine Einführung einer Restabfall-Steuer auf nicht-recycelten Output von mechanisch-biologischen Anlagen inklusive Outputs zur thermischen Verwertung;
2. die Verbesserung der Datenlage der Abfallwirtschaft – einschließlich Fragen der Abstimmung zwischen verschiedenen Quellen und der großen Lücke zwischen produziertem und behandeltem Abfall;
3. eine Ausweitung und Verbesserung der Kosteneffizienz, Überwachung und Transparenz existierender EPR-Systeme und Eliminierung der Trittbrettfahrer, die sich den Auflagen zu entziehen versuchen.

Foto: pixabay

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